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Storno
Paul Boldt,
Auf der Terrasse des Café Josty
Der Potsdamer Platz in ewigem Gebrüll
Vergletschert alle hallenden Lawinen
Der Straßentakte: Trams auf Eisenschienen
Automobile und den Menschenmüll.
Die Menschen rinnen über den Asphalt,
Ameisenemsig, wie Eidechsen flink.
Stirne und Hände, von Gedanken
blink,
schwimmen wie Sonnenlicht durch dunklen Wald.
Nachtregen hüllt den Platz in eine Höhle,
Wo Fledermäuse, weiß, mit Flügeln schlagen
Und lila Quallen liegen - bunte Öle;
Die mehren sich, zerschnitten von den Wagen.-
Aufspritzt Berlin, des Tages glitzernd Nest,
Vom Rauch der Nacht wie Eiter einer Pest.
Anmerkungen zu diesem Gedicht:
- Die erste Strophe lebt von dem Lärm, der den zentralen Platz der Großstadt Berlin beherrscht - alles wirkt "vergletschert" und was die Bevölkerung angeht, so handelt es sich um "Menschenmüll".
- In der zweiten Strophe wird dann darauf in typisch expressionistischer Manier näher eingegangen: Die Menschen "rinnen" nur wie Wasser "über den Asphalt", werden mit Ameisen und Eidechsen verglichen, was ihre Emsigkeit und ihre Geschwindigkeit angeht. Das, was Menschen normalerweise auszeichnet, "Stirne und Hände", also die geistigen und die körperlichen Fähigkeiten, sind hier nur Teil der Natur, aber nichts Eigenständiges.
- In der dritten Strophe, dem ersten Terzett des Sonetts, wird die Nachtsituation auf dem Platz näher charakterisiert. Er wirkt wie eine Höhle, wo jetzt Fledermäuse ihr Wesen treiben. Auf dem Boden wirken die Hinterlassenschaften der Automobile wie "lila Quallen."
- Auch das hat kein autonomes Eigenleben, sondern wird von den Autoreifen noch weiter zerkleinert. Diese immerwährende Zerteilung wird dann auf ganz Berlin übertragen. Was am Tage ein "glitzernd Nest" ist, wirkt jetzt wie "Eiter einer Pest."
Gedichtinterpretation - Auf der Terrasse des Café Josty
In dem Gedicht "Auf der Terrasse des Café Josty" verfasst von Paul Boldt, im Jahre 1912.
Wird eine Stadt aus der Sicht des lyrischem Ich's beschrieben.
Er hinterlässt uns einen Einblick in die Stadtwelt des Expressionismus.
In der ersten Strophe werden die Geräusche beschrieben. "in ewigem Gebrüll" es wird darauf hingewiesen, dass die Stadt nie schläft,
es ist immer was los. (Z.1)
Die Geräusche sind
unheimlich laut. Es ist schon fast so als würden die Straßenbahnen einen Rhythmus von sich geben, der Rhythmus
der Strophe ist jedoch ein Daktylus: langsam und traurig. Es verstärkt die Emotionen des lyrischem Ich (Z.3).
Auf den Straßen herrscht Chaos, eine Vielzahl von Verkehrsmitteln und Menschenmassen überqueren die Straßen (Z.4).
Die Menschen sind sehr beschäftigt, sie rennen von einer Straßenseite zu der anderen. Sie laufen umher als kämen sie
vom Asphalt nicht mehr los,
dieses Geschehen wird durch ein Vergleich verstärkt (Z.5 und 6).
In der zweiten Strophe verändert sich der Rhythmus von einem Daktylus zu einem Jambus, dadurch verändern sich wieder die Emotionen
des lyrischem Ich, er ist entsetzt vom Geschehen, seine Blicke wandern so schnell wie von einem Jambus.
"Stirne und Hände, von Gedanken blink", die Menschen die umher laufen sind wie hypnotisiert, sie merken schon gar nicht mehr was sie
hier tun (Z.7). Ihre Gedanken schwimmen wie
Sonnenlicht immer mehr in die Industrialisierung "dunklen Wald" hinein.
Sie werden von dem ganzen beeinflusst (Z.8).
Es ist dunkel geworden auf dem Potsdamer Platz. Der vorhandene Regen lässt die Stadt wirken als sei es eine Höhle, dies wird anhand
von einem Neologismus "Nachtregen" verstärkt (Z.9).
Der Rhythmus des Gedichts verändert sich in der dritten Strophe wieder, zu einer Anapäst. Die Emotion des lyrischem Ich wird dadurch verschlechtert. "Lila Quallen liegen - bunte Öle"
dieser Vers ist eine Metapher für die Menschen, die Müll auf den Straßen wegwerfen. Lila ist eine Farbe die aus Rot und Blau besteht. Die Farben Rot und Blau stehen für gut und böse.
Das "bunte Öl" ist der Müll auf der Straße (Z.11).
"Vom Rauch der Nacht wie Eiter einer Pest" es kommen immer mehr Leute in die Stadt. Sie werden von dem jetzigem Verhalten der angesteckt,
wie eine Pest (Z.14).
Das Reimschema von dem Gedicht ist nicht gleichmäßig, sowie der Inhalt. Was darauf
hinweist, dass das lyrische Ich, sich nicht sicher ist, ob ihm Berlin gefällt.
Ich persönlich finde, dass das Gedicht auch in unserer heutigen Zeit geschrieben sein könnte. Es hat sehr viel mit dem heutigen Berlin
gemeinsam. Am Ende stellt sich heraus, dass es sich nicht um einen gemütlichem Nachmittag auf einer Terrasse handelt, sondern um den Chaos der Gefühle eines Menschen, sowie der Stadt Berlin.