Kann man mit einem niedrigen Blutdruck auch einen Herzinfarkt bekommen?

Wann wird niedriger Blutdruck zum Problem?

Vor allem jüngere Frauen leiden unter Schwindel, Konzentrationsstörungen und Herzklopfen infolge eines zu niedrigen Blutdrucks. / Foto: Getty Images/gawrav

In Deutschland sind circa drei Millionen Menschen von einer konstitutionellen, das heißt durch körperliche Veranlagung bedingten Hypotonie betroffen, vor allem jüngere Menschen und insbesondere jüngere Frauen. Der Leidensdruck kann hoch sein. Schwindel, Benommenheit, Flimmern vor den Augen, morgendliche Müdigkeit, Antriebsmangel, Konzentrations- und Leistungsschwäche, kalte Hände und Füße, Gefühle des Luftmangels, Herzklopfen und innere Unruhe: Die Symptome sind vielfältig, jedoch schwer von Befindlichkeitsstörungen zu unterscheiden. 

Die gute Nachricht: »Im Gegensatz zur Hypertonie, die als Vorläufer von Herzinfarkt unbedingt diagnostiziert und therapiert werden muss, ist der niedrige Blutdruck mit systolischen Blutdruckwerten unter 110 mmHg für das Herz in aller Regel unbedenklich, wenn ihm keine Krankheiten zugrunde liegen«, macht Professor Dr.  Thomas Meinertz in einer aktuellen Mitteilung der Deutschen Herzstiftung deutlich. »Ist allerdings der Leidensdruck groß, sollten Betroffene einen Arzt konsultieren, nicht zuletzt auch, um organische Ursachen auszuschließen«, so der Kardiologe, der im Wissenschaftlichen Beirat der Stiftung sitzt. Er betont, dass der Hypotonie Erkrankungen oder Insuffizienzen von Organen wie Unterfunktionen der Nebenniere (Morbus Addison), der Schilddrüse, der Hirnanhangdrüse oder des Herzens sowie Anämien, Erkrankungen des vegetativen Nervensystems oder auch Herzklappenfehler zugrunde liegen können. Diese müssten gegebenenfalls medikamentös oder operativ behandelt werden.

Bei Betroffenen hingegen, die aufgrund ihrer körperlichen Veranlagung oder Verfassung zu einem niedrigen Blutdruck neigen, könnten einfache Maßnahmen wie eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme (2 bis 2,5 Liter am Tag), körperliches Training (Ausdauersport, Radfahren, Schwimmen, Joggen), Hydrotherapie (Wechselduschen, Kneippkuren, Trockenbürsten, Sauna), Kraftgymnastik (Liegestütze, Kniebeugen, Hantelübungen), ausreichender Nachtschlaf mit Zeit auch für langsames Hochkommen beziehungsweise regelmäßige Aufenthalte in klimatischen Reizzonen (Nordsee, Hochgebirge) hilfreich sein.

»Ein großes Glas Wasser vor dem Aufstehen kann den Blutdruck erhöhen. Bei längerem Stehen sollte die Wadenmuskulatur bewegt werden, um Ohnmachten vorzubeugen. Und auf Alkohol sollte weitgehend verzichtet werden«, empfiehlt Meinertz weiter. Forcieren auch ausgedehnte Krampfadern die Neigung zur Hypotonie, so könnten hier Stützstrümpfe der Stärkung der Blutzirkulation dienen. Hohe Außentemperaturen bei Hitzeperioden seien zu meiden.

Bei Menschen, die zu orthostatischen, also lagebedingte Hypotonie-Attacken mit einem exzessiven Blutdruckabfall zum Beispiel beim abrupten Wechsel vom Liegen oder Sitzen ins Stehen mit Schwindel und Benommenheit neigen, könne es empfehlenswert sein, in der Nacht das Kopfende des Bettes um 15 cm hochzustellen.

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Ein möglichst niedriger Blutdruckwert ist bei Patienten mit hohem Herz-Kreislauf-Risiko nicht unbedingt das optimale Behandlungsziel. Sinkt der Blutdruck unter einen bestimmten Wert, steigt das Herz-Kreislauf-Risiko wieder an, zeigt eine neue Studie. Auch in der Bluthochdrucktherapie sei deshalb ein individualisierter Ansatz wünschenswert, sagten Herz-Spezialisten auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim.

Mannheim/Homburg/Saar, 22. April 2017 – Ein möglichst niedriger Blutdruckwert ist bei Patienten mit hohem Herz-Kreislauf-Risiko nicht unbedingt das optimale Behandlungsziel. Sinkt der Blutdruck unter einen bestimmten Wert, steigt das Herz-Kreislauf-Risiko wieder an. Das ist das Ergebnis einer auf der 83. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Mannheim diskutierten neuen wissenschaftlichen Studie. „Das Festlegen einer Blutdruck-Untergrenze könnte also sinnvoll sein“, so Studienleiter Prof. Michael Böhm (Homburg/Saar), der auch in der Bluthochdrucktherapie einen individualisierten Ansatz für wünschenswert hält.

Aktuelle wissenschaftliche Leitlinien empfehlen einen systolischen Blutdruckzielwert von unter 140 Millimeter Quecksilbersäule (mmHg), machen aber keine Vorgaben, wie niedrig der Blutdruck sinken sollte oder darf. Das Prinzip „je niedriger desto besser“, das häufig für das LDL-Cholesterin angenommen wird, scheint beim Blutdruck keine Gültigkeit zu haben, zeigt die Analyse der beiden Großstudien ONTARGET und TRANSCEND mit insgesamt fast 30.940 eingeschlossenen Hochrisiko-Patienten. Bei manchen Patienten, deren Blutdruck während der Therapie auf zu niedrige Werte sinkt, könnte es sinnvoll sein, die Medikation zu reduzieren, um Nebenwirkungen zu vermeiden, sagt Prof. Böhm.

Doch wo sollte eine Untergrenze definiert werden? In den Studien wurde die Wirksamkeit eines Blutdrucksenkers allein sowie in Kombinationen untersucht. Patienten, die während des mittleren Beobachtungs-Zeitraums von 53 Monaten systolische Blutdruckwerte unter 120 mmHg erreichten, hatten ein um 14 Prozent höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse als jene, deren Blutdruck zwischen 120 und 140 mmHg lag, mit der Ausnahme von Herzinfarkt und Schlaganfall. Die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit stieg um 29 Prozent und die Gesamtsterblichkeit um 28 Prozent.

Ähnlich sieht die Situation beim diastolischen Blutdruck aus. Werte unter 70 mmHg standen mit einem um 31 Prozent erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse im Zusammenhang, verglichen mit Werten zwischen 70 und 80 mmHg. Auch das Risiko für Herzinfarkt und durch Herzschwäche bedingte Klinikeinweisungen war erhöht. Schlaganfälle kamen allerdings seltener vor, wenn die Werte darunter fielen.

Das niedrigste Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse hatten Patienten, die unter der Blutdruck-Therapie einen systolischen Blutdruck zwischen 120 und 140 mmHg und einen diastolischen Blutdruck um die 75 mmHg erreichten. Somit sei für die meisten Hochrisiko-Patienten ein Blutdruckzielwert von unter 130 mmHg, nicht jedoch ein Wert unter 120 mmHg sicher und wirksam, fassen die Studienautoren zusammen.

Sie gehen davon aus, dass sich der Vorteil einer erreichten Blutdruckhöhe individuell unterscheiden kann und vom jeweiligen Risikoprofil eines Menschen abhängt. Patienten mit einem besonders hohen Risiko für ein bestimmtes Ereignis wie zum Beispiel einen Schlaganfall könnten von einem noch niedrigeren Blutdruck profitieren, vermuten die Studienautoren, während dieser Bereich für Patienten mit einem erhöhten Herzinfarkt-Risiko nachteilig ist. In der Praxis sind solche eindeutigen Prognosen allerdings oft schwierig. Außer Frage stehe, dass auch in der Bluthochdrucktherapie ein individualisierter Ansatz wünschenswert sei.

Quelle: Böhm M, Schumacher H, Teo K et al. Achieved blood pressure and cardiovascular outcomes in high-risk patients: results from ONTARGET and TRANSCEND trials. Lancet 2017

Medienkontakt: Deutsche Gesellschaft für Kardiologie Pressesprecher: Prof. Dr. Eckart Fleck (Berlin) Hauptstadtbüro der DGK, Tel.: 030 206 444 82 Pressestelle: Kerstin Kacmaz, Düsseldorf, Tel.: 0211 600692-43 B&K Kommunikation, Dr. Birgit Kofler, Tel.: 030 700159 676, Pressebüro beim DGK-Kongress Mannheim: Tel.: 0621 4106-5002; 0621 4106-5005

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 10.000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org

Kann man bei niedrigem Blutdruck Herzinfarkt bekommen?

Ähnlich sieht die Situation beim diastolischen Blutdruck aus. Werte unter 70 mmHg standen mit einem um 31 Prozent erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse im Zusammenhang, verglichen mit Werten zwischen 70 und 80 mmHg. Auch das Risiko für Herzinfarkt und durch Herzschwäche bedingte Klinikeinweisungen war erhöht.

Ist Blutdruck 90 zu 50 gefährlich?

Als normaler Blutdruck bei Erwachsenen gelten laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) Werte unter 120/80 mmHg . Als niedriger arterieller Blutdruck werden Werte unter 90/60 mmHg definiert. Manche Menschen haben ständig einen niedrigen Blutdruck, der keine Beschwerden verursacht und daher auch keine Behandlung erfordert.

Wie hoch ist der Blutdruck bei einem Herzinfarkt?

Wenn die Schmerzen länger als fünf Minuten andauern und sich auch nicht bessern, wenn man sich ausruht, sollte man auf jeden Fall einen Arzt rufen. Generell sollten Sie sich sofort an Ihren Arzt wenden, wenn Ihr systolischer Blutdruck über 180 oder unter 90 oder Ihr diastolischer Blutdruck über 110 oder unter 50 liegt.

Wie hoch ist der Blutdruck kurz vor einem Herzinfarkt?

Wie ist der Blutdruck bei einem Herzinfarkt? Der Blutdruck gibt keine Rückschlüsse bezüglich eines Herzinfarkts. Oftmals sinkt der Blutdruck, was allerdings in Stresssituation oftmals der Fall ist. Ebenso kann der Blutdruck erhöht oder auch ganz normal sein.

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