Was ist so heikel dass das Sagen seines Namens es bricht

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Wie man sein Kind besser nicht tauft

Von Jeanette Kuster, 4. Dezember 2011

Der Anfangsbuchstabe ist im Trend, der Rest seines Namens definitiv nicht: Baby Jihad.

Ende November machte ein kleiner Brummer europaweit Schlagzeilen als «Deutschlands schwerstes Baby»: Über sechs Kilo hatte der Junge bei seiner Geburt gewogen und wurde trotzdem auf natürlichem Wege zur Welt gebracht. Während die Medienwelt – die deutschsprachige zumindest, in England sah es etwas anders aus – ganz auf den medizinischen Aspekt fokussierte, stach mir beim Lesen der Nachricht etwas Anderes ins Auge: der Name des Kleinen. Jihad heisst er, was bekanntlich «heiliger Krieg» bedeutet. Nicht nur, wehrten sich die Eltern umgehend, der Name stehe auch für die Auseinandersetzung des Muslims mit seinem Glauben. Schön und gut. Sein Kind im Jahr 2011 in Deutschland so zu taufen, ist trotzdem fahrlässig, wird der Junge doch garantiert als Zielscheibe für allerlei Hänseleien herhalten müssen – wenn nicht Schlimmeres.

Gabriel Zakuani mit Frau Shanice Petrie und Söhnchen Trendy.

Beispiele für fragwürdige Namen liefern uns auch Stars und Sternchen in regelmässigen Abständen. Besonders innovativ wollte vor Kurzem der Fussballer Gabriel Zakuani sein und taufte seinen Sohn auf den Namen Trendy. Immerhin muss man ihm zugestehen, sich etwas überlegt zu haben. Denn wenn ein Name per definitionem nie aus der Mode kommen kann, dann dieser. Und aktuell ist Trendy rein von seiner Wortform her tatsächlich sehr angesagt. Das Namensportal Nameberry.com hat nämlich gerade eine Liste mit den zwölf Vornamen-Trends für 2012 veröffentlicht und prophezeit darin unter anderem sogenannten Adjektiv-Namen einen regelrechten Hype.

Ebenfalls voll im Trend: Schauspieler Adam Sandler mit Töchterchen Sunny.

Hierzulande werden wir wohl kaum auf Namenskreationen wie Sonnig (Sunny) oder Goldig (Golden) treffen. Aber gibt es einen anderen grossen Trend in Sachen Babynamen, der die Schweiz 2012 erfassen wird? Knud Bielefeld, Betreiber der Site Beliebte-Vornamen.de und Autor des Beliebte Vornamen Jahrbuchs 2011 verneint. Einen Lieblings-Anfangsbuchstaben haben Schweizer Eltern aber durchaus. Welcher das ist, wie lange er angesagt bleiben wird und wo man den passenden Namen für sein ungeborenes Kind findet, verrät Bielefeld im Interview.

In den USA sollen laut Nameberry.com 2012 Namen im Trend liegen, die mit A und M beginnen. Haben Eltern hierzulande auch solche Lieblingsbuchstaben? Mir ist aufgefallen, dass in der Schweizer Namenshitparade 2010 auf den ersten Rängen viele Namen stehen, die mit L beginnen.
Der Anfangsbuchstabe L ist tatsächlich sehr beliebt zurzeit im deutschen Sprachraum, er war auch in Deutschland 2010 einsame Spitze: Jedes fünfte im Jahr 2010 geborene Mädchen in Deutschland hat einen Erstnamen, der mit dem Buchstaben L anfängt. Auch bei den Jungen ist das L der häufigste Anfangsbuchstabe, aber das J folgt mit nur geringem Abstand.

Viele Eltern in englischsprachigen Ländern sollen sich bei der Namenswahl von Hollywood- oder Sport-Stars und Figuren aus der Literatur inspirieren lassen. Ist das bei uns ähnlich?
Ja. Wobei Popstars, Schauspieler und Figuren aus Film und Fernsehen eine grössere Rolle spielen als literarische Vorbilder. Tendenziell gilt: Je jünger die Eltern, desto eher taufen sie ihre Kinder nach prominenten Namensvorbildern. Die meisten Eltern lassen sich allerdings anderswo inspirieren.

In meinem Bekanntenkreis habe ich in letzter Zeit öfters traditionelle Babynamen wie Moritz oder Daniel gehört. Besinnen wir uns namenstechnisch allmählich wieder zurück auf die Klassiker?
Weder Daniel noch Moritz würde ich als klassischen oder traditionellen Namen bezeichnen. Grundsätzlich gibt es einen Kreislauf bei den Vornamen: Bestimmte Namen werden von vielen Eltern aufgegriffen, kommen in Mode, werden eine Zeit lang sehr häufig vergeben, sind irgendwann nicht mehr angesagt und verschwinden wieder aus den Hitlisten. Nach vielen Jahren sind die Namen dann wieder im Trend und werden wieder vergeben.

Wie lange dauert so ein Kreislauf im Durchschnitt?
Mehrere Jahrzehnte. Als Faustregel kann man sagen: Die Namen der Urgrosseltern des Kindes kommen wieder in Frage.

Woran liegt es, dass sich Mädchen- und Jungennamen vom Klang her immer mehr angleichen? Viele Namen sind ja sogar für beide Geschlechter verwendbar.
Warum die Eltern sich für solche Namen entscheiden, weiss ich nicht. Fakt ist aber, dass Jungennamen heutzutage im Schnitt länger, Mädchennamen kürzer als früher sind. Immer mehr Jungennamen enden zudem auf einen Vokal, was früher für Mädchennamen typisch war. So werden weibliche und männliche Namen klanglich immer ähnlicher.

Worauf sollte man als Eltern achten bei der Namenswahl, damit das Kind glücklich wird mit seinem Namen?
Der wichtigste Tipp: Vermeiden Sie Sonderzeichen, die Sie auf der PC-Tastatur nicht finden.

Auf Vornamenseiten im Internet und in Namenslexika wird man fast erschlagen von den unzähligen Vorschlägen. Wie beziehungsweise wo findet man am einfachsten einen passenden Namen?
Erst einmal stellt sich die Frage, ob es ein verbreiteter oder ein ungewöhnlicher Name sein soll. Wenn Ersteres zutrifft, dann stöbert man am Besten im vorderen Teil der aktuellen Hitlisten. Einen ungewöhnlichen Vornamen findet man zum Beispiel, indem man die hinteren Plätze der Namens-Hitparaden studiert. Diese Namen wurden im Jahr zuvor meist nur einmal vergeben. Wer es ganz exotisch möchte, sollte sich durch ausländische Telefonbücher blättern, die bergen ganze Schätze an unbekannten Namen.

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