Was muss ich der krankenkasse über meine krankheit erzählen

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Drängeln, Drohen, Zahlungsverzögerung: Kann meine Krankenkasse mich zum Arbeiten zwingen?

Krankenkassen drängen ihre Kunden bei einer Krankheit häufig, so schnell es geht, wieder in den Job zurückzukehren. Doch viele ihrer Methoden sind verboten. FOCUS Online erklärt, welche Maßnahmen Versicherte akzeptieren müssen und welche nicht.

Krankenkassen gehen mitunter rabiat gegen Patienten vor, die schon eine Weile krank sind.  Mit Kontroll-Anrufen, intimen Fragen und subtilen Drohungen versuchen die Versicherer, ihre Kunden so schnell es geht zurück an den Schreibtisch zu schicken.

Doch Kunden müssen sich nicht unter Druck setzen lassen. Wer krank ist, kann es auf einen Rechtsstreit ankommen lassen. Oft ist der Gang vor Gericht das einzige Mittel, dass einem krankgeschriebenen Arbeitnehmer bleibt. Denn einfach wieder an den Arbeitsplatz zurückzukehren, obwohl der eigene Arzt den Patienten nicht für arbeitsfähig hält kann teuer werden.

Kann meine Kasse mich zwingen, wieder arbeiten zu gehen?

Nein. "Niemand kann mich zwingen krank arbeiten zu gehen", betont Michaela Schwabe von der Unabhängigen Patientenberatung. Doch auch wer mit einer Krankschreibung seines Arztes zu Hause bleibt, muss damit rechnen, dass die Krankenkasse das Krankengeld einstellt. "Der Medizinische Dienst der Krankenkassen, MDK, kann einen Patienten von heute auf morgen für gesund erklären."

Dann hilft nur ein schriftlicher Widerspruch. Hin und wieder informiert die Krankenkasse mit einem Telefonanruf über den Befund des MDK. Ist das der Fall, sollten Versicherungsnehmer auf eine schriftliche Mitteilung bestehen, rät Schwabe.

Wie passiert nach dem Widerspruch?

Die Krankenkasse ist berechtigt, das Krankengeld zu dem von ihr festgesetzten Termin einzustellen. Wer bisher noch nicht von einem Arzt des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen untersucht wurde, sollte als erstes eine sogenannte Zweitbegutachtung beantragen. "Oft fällt der MDK seine Entscheidungen nach Aktenlage", sagt Schwabe. Ein solcher Antrag auf eine Untersuchung sei in der Regel erfolgreich und könne bereits die Lösung des Streits bringen.

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Wer in der Zwischenzeit nicht auf das Krankengeld verzichten kann, kann bei seinem zuständigen Sozialgericht ein Eilverfahren auf einstweiligen Rechtsschutz anstoßen (Landessozialgericht München, Az. L 5 KR 492/12 B ER). Das Gericht entscheide anhand einer groben Vorprüfung der Krankenakte, erklärt Schwabe: "Dieses Verfahren ist kostenlos, solange man keinen Anwalt einschaltet." Einen Haken hat dieser Weg allerdings: Verliert der Patient später im regulären Verfahren, muss er das zu Unrecht gezahlte Krankengeld erstatten.

Was passiert, wenn ich der Krankenkasse nachgebe?

Wird ein Patient von seinem Arzt krankgeschrieben, vom MDK aber für gesund erklärt, sollte er sich gut überlegen, ob er die Krankschreibung seines Arztes missachtet: "Man hat eine Schadensminderungspflicht", betont Schwabe. Das heißt, wird das Leiden schlimmer, kann der Patient keinen Anspruch auf Schadensersatz geltend machen.

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Kann meine Kasse mich zu einer Therapie zwingen?

Ja. Die Krankenkasse darf das Krankengeld einstellen, wenn der Patient eine Therapie verweigert, die eine Aussicht auf Erfolg hätte. "Der Patient hat eine Mitwirkungspflicht", sagt Schwabe. Dazu heißt es im Sozialgesetzbuch I, §63 "Heilbehandlung"

"Wer wegen Krankheit oder Behinderung Sozialleistungen beantragt oder erhält, soll sich auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers einer Heilbehandlung unterziehen, wenn zu erwarten ist, dass sie eine Besserung seines Gesundheitszustands herbeiführen oder eine Verschlechterung verhindern wird."

Kann meine Kasse mich zwingen, in Rente zu gehen?

Nein. Die Krankenkasse kann niemanden zwingen, einen Rentenantrag zu stellen. Aber: "Die Krankenkasse kann einen Patienten dazu auffordern, einen Reha-Antrag zu stellen, dieser wird automatisch zu einem Renten-Antrag umgedeutet, wenn eine Reha nicht die gewünschten Erfolgschancen verspricht", erklärt Schwabe.Dann wäre der Patient dauerhaft erwerbsunfähig und damit ein Fall für die Rentenkasse, nicht die Krankenversicherung.

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Wem die Krankenkasse eine solche Aufforderung zusendet, hat zehn Wochen Zeit den Antrag zu stellen, sagt Schwabe. Wenn der Patient diese Frist versäumt, darf die Krankenkasse das Krankengeld nach dieser Frist einstellen, wenn sie vorher ausdrücklich auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.

Ist der Antrag erst gestellt und als Rentenantrag umgewertet worden, kann der Patient ihn nicht mehr ohne die Zustimmung der Krankenkasse zurücknehmen. Voraussetzung ist, dass die Reha die Erwerbsminderung nicht verhindern konnte. Typische Fälle seien schwere Krebserkrankungen, sagt Schwabe.

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pli/

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Was sagen wenn Krankenkasse anruft?

Rein rechtlich sind Versicherte nicht verpflichtet, am Telefon persönliche Informationen an ihre Krankenkasse herauszugeben. Es gibt zwar eine Mitwirkungspflicht, diese lässt sich aber auch schriftlich erfüllen. Ohnehin dürfen die Kassen viele Fragen nicht stellen. Dies ist die Aufgabe des MDK .

Welche Fragen muss man der Krankenkasse beantworten?

Unstrittig ist, dass Krankenkassen bestimmte Informationen erfragen müssen und auch dürfen, um das Krankengeld auszahlen zu können. Dazu gehören beispielsweise die Kontonummer und die Höhe des Gehalt. Auch müssen sie die Möglichkeit haben, Missbrauch vorzubeugen und den Behandlungserfolg sicherzustellen.

Was darf die Krankenkasse nicht Fragen?

Wer krankgeschrieben ist, erhält von seiner Krankenkasse oft einen „Selbstauskunftsbogen“ mit medizinischen und persönlichen Fragen. Zulässig ist das meistens nicht. Deswegen sollten Betroffene ihre Daten keinesfalls gutgläubig der Kasse zur Verfügung stellen.

Wann schaltet die Krankenkasse den MDK ein?

Die Krankenkassen sind nicht nur berechtigt, sondern, wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, gesetzlich sogar verpflichtet, gutachtliche Stellungnahmen des MDK einzuholen, um Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit zu beseitigen (§ 275 Abs. 1 SGB V).

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