Wenn der weg den du gehst

Ein babyblauer Himmel, mit einer wunderbaren Klarheit, lockt mich an diesem kühlen-, aber sonnigen Morgen vor die Türe. Ich genieße die Ruhe die ich hier, zwischen all den kleinen Bauernhöfen und bewirtschafteten Feldern spüre, als ich durch die schmalen Sträßchen ziehe. Eine weiße junge Katze, mit schwarzen Flecken auf dem Fell, flitzt an einer Schar schnatternder Gänse vorüber. Die edlen weißen Schönheiten, die zu Sankt Martin auf den Tisch kommen, zeigen sich relativ unbeeindruckt ☺️. Nach einigen Kilometern erreiche ich eine Weggabelung an der ich mich links halte, um Richtung Fenit zu kommen. Von weitem sehe ich die zwei kleinen wohlgenährten Ponys, die ich bereits in den vergangenen Tagen kennenlernen durfte. Zwischen all den Furchen im Erdboden, die das ankommende- und sich bei Ebbe wieder zurückziehende Meer, hinterlässt, suchen die kleinwüchsigen Pferdchen nach Essbarem. Es ist wirklich bewundernswert, wie hier Tier, Natur und Mensch miteinander leben. Respektvoll und im Einklang mit ihrem geliebten Land.

Ein paar warme Sonnenstrahlen legen sich wie ein kuscheliger überdimensionaler Wollpullover um meinen Körper, während ich über eine massive Steinbrücke, auf die gegenüberliegende Seite, in die Nähe des Friedhofes komme. Ich spicke durch das hohe Eisentor und schaue über die eindrucksvollen Gräber hinweg, auf die schon etwas zerfallene Gedenkstätte. Wie eine kleine Burg wacht sie, mit ihren spitzen grauen Türmchen, über das Reich der Toten. Schützend und liebevoll. Ich mag diese mystischen Friedhöfe und die unterschiedlich angeordneten Kreuze, Steine-, und Gruften. Die Farbe der Wiese und des, im Hintergrund herausragenden blauen Himmels harmoniert heute besonders gut. Als gäbe es einen ganz speziellen Anlass, der alles so viel strahlender und leuchtender macht, als an den übrigen Tagen.

Um die Mittagszeit lande ich auf Fenit Island, dem Ziel meiner heutigen Wanderung. Naja, fast. Mein Ziel ist, wie in einem meiner letzten Beiträge erwähnt, Fenit Island Castle. Gestern unterhielt ich mich noch eine ganze Weile mit unserer Gastgeberin, über diese atemberaubende Ruine, die ich vom Golfplatz aus entdeckt, aber leider nicht erreicht hatte. Gemeinsam schauen wir auf der Karte nach. Natürlich konnte ich, vom Golfplatz aus, den Bogen, den das Meer an dieser Stelle macht, nicht sehen. Was mich nun heute, in diesem Moment, über Land nach Fenit laufen lies, um von dort über den langen Strand auf die Insel zu stiefeln. Mittlerweile habe ich schon beinahe zehn Kilometer hinter mir, doch die Ruine ist noch immer nicht in Sicht ☺️ Dennoch, mein Ehrgeiz ist geweckt. Ich muss dieses Ding unbedingt aus nächster Nähe sehen. ☺️☺️

Von weitem höre ich das Rauschen des Meeres, das gegen die Wände des Dammes schlägt, der die nassen, aber Staub überzogenen Wege vor zu viel Wasser schützen soll. Möwen fliegen über den weiten Ozean und kreischen laut durch die Luft, während sie sich vom Wind umher schaukeln lassen. Ich atme ein und atme aus. Diese Augenblicke sind viel zu kostbar, als das man sie unbeachtet hinter sich lässt. Ich blicke über den Sand, die vielen großen-, mit Wasser gefüllten Schlaglöcher auf dem Boden, die die Strecke für die vorüberfahrenden Bauern zu einer ungewollten Achterbahnfahrt machen. Was für ein bezauberndes Land 😊

Auf einer eingezäunten Weide, am Horizont entdecke ich Fenit Castle, erblicke ich einen stämmigen und ultra muskulösen Stier. Wow, was für ein Testosteron-Bolzen 😄😄 Irre, das Tier ☺️ Da tun einem die zierlichen Kühe schon fast ein bisschen leid ☺️ Zu allererst dachte ich, hier liefe ein riesiges pralles hellbraunes Schwein herum, doch es ist ein ausgewachsener Monster-Stier ☺️

Meine Füße tragen mich schleunigst davon, schließlich bin ich den weiten Fußweg nicht hergekommen, um vor einem wilden Stier davon zu rennen, sondern um die schnucklige Ruine zu erkunden ☺️ Ich steige auf die andere Seite zum Strand, so kann ich vielleicht einen Weg über die Felsen ausfindig machen, denn die offizielle „Straße“ endet hier. Alles ist eingezäunt, abgeriegelt und mit allerlei Warnschildern versehen. Da sich das Meer im Moment noch zurück zieht, sollte ich zeitlich keine Probleme mit der kommenden Flut bekommen. Ich ziehe meinen Pulli aus und klettere schwitzend weiter über die Steinbrocken. Es ist wirklich warm geworden. Das glaubt mir keiner. Irland im September und ich hüpfe in kurzen Shorts und Tshirt durch die Gegend ☺️ Wie herrlich 😊

Oberhalb, einwenig in der Düne versteckt, liegen drei verwitterte Fangkörbe. Sie erinnern mich an eine Sendung aus dem Fernseh, es ging ums Krabben fischen auf der Baeringsee in Alaska ☺️, die ich früher gerne geguckt habe. Doch mit diesen Körben hätten die Jungs (Fang deines Lebens) wohl keinen großen Fang gemacht. Ich orientiere mich kurz auf der Karte von google maps und finde einen schmalen Pfad, der mich rechts ins Innere der Insel führen sollte. Doch falsch gedacht, gerade möchte ich in den sandigen Weg einbiegen, da kommt mir auch schon eine Kuh entgegen. Gefolgt von ihrem Herrn, dem Bauer, samt Traktor. Schnell springe ich zurück und suche das Weite 😄 Das fehlt mir noch ☺️ Auf Bull-Riding habe ich heute wirklich keine große Lust ☺️

Ich versuche mein Glück, in dem ich mühselig weiter über den steinigen Strand spaziere und erfreue mich trotz allem am türkisblauen Wasser. In hohen Bögen weht es über die dunklen Felsen und sprüht als Gischt kühlend in mein Gesicht. Die Wellen platschen lautstark nach vorn und fließen anschließend ruhig und sachte zurück ins Meer. Dabei könnte ich Stunden zusehen. Die Natur ist eine so wundervolle Meditation. In dem ich hier herum laufe, bin ich mit jedem einzelnen Schritt den ich mache, bei mir. Fest bei mir, in meinem Körper. Bewusst und lebendig.

Ich entdecke etwas glibberiges und durchsichtiges auf dem feinen Sand, es muss sich um eine Qualle handeln. Leider kann ich diesem glasigen Tierlein nicht mehr weiter helfen, zu lange sonnt es sich schon auf dem warmen Sandstrand. Schade.

Ein paar helle braune Kühe, wie ich sie aus dem Allgäu kenne, sonnen sich müde und mit geschlossenen Augenlidern in der Mittagshitze ☺️ Schlaftrunken öffnet die eine ihr Auge und beobachtet mich neugierig im Liegen. Eine besonders dunkle Kuh hat sich auf die Seite geschmissen und genießt die wohlige Wärme.

Voller Freude- und über beide Ohren grinsend, nehme ich das Tuen dieser Prachtkerle wahr. Wie gerne würde ich mich zwischen sie kuscheln und mit ihnen gemeinsam diesen wunderbaren Tag ausklingen lassen ☺️

Aber da war doch was. Die Flut. Irgendwann kommt die Flut. Nach einer gefühlten Ewigkeit- und allerlei vergeblicher Versuche Fenit Castle zu erreichen, gebe ich mich geschlagen und spaziere den langen aufwändigen Pfad über Stock und Stein, nach Fenit zurück.

In Fenit angekommen, setze ich mich auf eine Holzbank und lasse meinen Blick über das glitzernde Wasser und die Wellen, nach draußen ins offene Meer schweifen. Auf einer Erhebung im Wasser steht in einiger Entfernung ein Leuchtturm, der die Sonnenstrahlen aufnimmt und sich im blauen Wasser widerspiegelt.

Über eine Brücke gelange ich an den Hafen. Von dort hat man einen traumhaften Ausblick auf das Saint Brendan Monument, welches an den heiligen Breandan, einem der irischen zwölf Aposteln erinnert. Bekannt wurde er durch eine, im Mittelalter verübten Seereise zusammen mit weiteren zwölf Männern, zu einer westlich gelegenen Insel, die unzählige Abenteuer erlebten. Seit jeher ist Brendan der Schutzpatron der Seefahrer. Zur Abendstunde tummeln sich viele Angler auf der Brücke und versuchen ihr Glück.

Mein Magen knurrt. ….. Grummel …. Kein Wunder.. Bin ich wirklich schon so viele Kilometer gewandert? Ich schreibe Sabine ein Nachricht und erhalte kurz darauf eine Antwort. Wir treffen uns in einer Stunde in Barrow. Da muss ich mich aber wirklich ranhalten und auf der Stelle losmarschieren ☺️

Um kurz vor halb drei stehe ich müde (vom vielen Laufen) vor dem rostbraunen Holztor und steige in unseren schwarzen gemieteten Renault. In Tralee parken wir das Auto an der Seite, schmeißen ein paar Münzen die Parkuhr, ziehen den Parkschein und verschwinden auf direktem Weg im Green Rooster ☺️ Das typische Aussehen eines irischen Takeaways blickt uns entgegen. Der Duft nach heißem Fett, gebrutzelten Köstlichkeiten und dem grellen Licht der Strahler an der Decke, machen diesen Besuch geradezu perfekt ☺️ Ich liebe das Unperfekt-Perfekte ☺️ Für mich ist von vornherein klar: Fish and Chips mit Tartar-Soße und Essig, dazu Fanta. Sabine wählt Burger, Fritten und eine Dose kaltes Cola.

Als ich mit der Gabel in die knusprig-harte- und goldbraune Kruste hineinsteche überkommt mich ein unbeschreibliches Glücksgefühl. Was kann es auf dieser Welt schöneres geben, als solch einen köstlichen Wasser-im-Mund-zusammenlaufenden Fish geben? ..euch fällt darauf nichts ein? Eben, sag ich doch 😄 Es gibt einfach nichts Besseres ☺️ Die selbstgemachten Chips passen hervorragend dazu und machen dieses Dinner im The Green Rooster zu einem himmlischen Genuss ☺️☺️ Essen gehört einfach zu einen meiner Lieblingsbeschäftigungen ☺️ (Hättet ihr nicht erwartet, ich weiß 😄)

Der Teller ist wie abgeschleckt, kein Krümel ist dort vorzufinden. Ich schwebe auf „Wolke 7“ und hole mir „zu Hause“, als gelungenen Abschluss, ein eisgekühltes Snickers aus dem Kühlschrank. Das werde ich nun in Ruhe zelebrieren ☺️

Bis Bald,

Eure Kati 😊😊

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