Nicht immer ist klar, was die erste Tätigkeitsstätte ist. Das führt oft zu Streit mit dem Finanzamt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat kürzlich für Klarheit gesorgt. Nun steht fest: Selbst ein Arbeitsort, an dem der Arbeitnehmer nur kurz etwas erledigt, kann eine erste Tätigkeitsstätte sein.
Steuerregel. Ist der erste Arbeitsort dauerhaft derselbe und räumlich fixiert, gibt es immer nur die Pendlerpauschale und keine Reisekosten, auch keine Verpflegungspauschale.
Der erste Arbeitsort kann
- beim Arbeitgeber sein oder bei einem verbundenen Unternehmen oder einem vom Arbeitgeber bestimmten Dritten – etwa einem Kunden,
- ein Betriebsgelände sein, ein Bahnhof oder Flughafen (BFH, Az. VI R 40/16 und VI R 12/17) – aber kein Flugzeug und nicht die Bahn.
Darauf kommt es an
Es genügt, wenn Arbeitnehmer am ersten Arbeitsort nur in geringem Umfang etwas erledigen müssen. Es kommt hierbei nicht – wie früher – auf den Schwerpunkt der Tätigkeit an.
Das stellte der Bundesfinanzhof (BFH) etwa für einen Streifenpolizisten und eine Pilotin klar. Ihr erster Arbeitsort ist an ihren Dienststellen, auch wenn sie meist auswärts im Einsatz sind (BMF-Schreiben vom 25. November 2020, Az. IV C 5 – S 2353/19/10011:006).
In diesen Fällen hat der BFH noch nicht entschieden
Ob das Ordnungsamt die erste Arbeitsstätte für einen Mitarbeiter ist, der sich meist im Außendienst befindet, ist noch offen (Az. VI R 9/19). Zudem müssen die obersten Finanzrichter klären, ob der Sammelpunkt ein erster Arbeitsort ist, wenn der Pendler ihn nicht an sämtlichen Arbeitstagen aufsucht (Az. VI R 14/19).
Homeoffice keine erste Tätigkeitsstätte
Klar ist, dass das Homeoffice kein erster Arbeitsort sein kann. Anders ist es nur, wenn der Arbeitgeber das Büro für seinen Mitarbeiter anmietet und so über die Nutzung entscheidend bestimmen kann. Das haben die Richter vom Bundesfinanzhof kürzlich entschieden (Az. VI R 35/18).
Tipp: Arbeiten Sie an mehreren Einsatzorten, etwa in mehreren Filialen, sollte Ihr Arbeitgeber eine davon als Ihre erste Tätigkeitsstätte im Arbeitsvertrag, Protokoll oder Einsatzplan festlegen (BFH, Az. VI R 40/16 und VI R 27/17). Das sollte die sein, mit der die Gesamtrechnung für alle Einsatzorte am günstigsten ausfällt. Die erste Tätigkeitsstätte muss nicht der Standort sein, an dem Sie am häufigsten sind.
Leiharbeitnehmer: Häufig Streit um Reisekosten
Zoff mit dem Finanzamt haben oft Leiharbeitnehmer, die durchgehend in demselben Betrieb des Entleihers arbeiten. Nach Auffassung der Finanzbehörden sollen sie nur die Pendlerpauschale für ihren Arbeitsweg statt ihre höheren Reisekosten dorthin absetzen dürfen. Doch das ist höchst strittig.
Steuerregel. Leiharbeitnehmer und in Zeitarbeit Beschäftigte können in der Regel immer Reisekosten abrechnen, weil sie keine erste Arbeitsstätte haben. Grund: Entleiherfirma oder Zeitarbeitsfirma sind kein dauerhafter Arbeitsort.
Ausnahme. Laut der Finanzverwaltung gilt der Entleiher als erste Tätigkeitsstätte, wenn Beschäftigte dort
- für die gesamte Zeit des Arbeitsverhältnisses oder
- länger als 48 Monate oder
- unbefristet tätig sind.
Dann will die Behörde für den Arbeitsweg zum Entleiher nur die Pendlerpauschale für den einfachen Arbeitsweg akzeptieren und nicht die Reisekostenpauschale von 30 Cent für den Hin- und Rückweg.
BFH entscheidet. Dagegen hat sich ein Zeitarbeiter gewehrt. Doch das Niedersächsische Finanzgericht folgte der Meinung des Finanzamts und erkannte nur die Pendlerpauschale für die einfache Entfernung als Wegekosten an (Az. 1 K 382/16). Nun muss der Bundesfinanzhof urteilen (Az. VI R 32/20).
Tipp: Lehnt das Finanzamt Ihre Reisekosten ab, weil Sie unbefristet in einer Zeitarbeitsfirma arbeiten, sollten Sie Einspruch dagegen einlegen und auf das BFH-Verfahren Az. VI R 32/20 verweisen. Begründen Sie, dass Sie Reisekosten für Ihre Fahrten zur Arbeit geltend machen können, weil die Zeitarbeitsfirma mit dem Entleiher eine befristete Tätigkeit vereinbart hat. Bitten Sie zugleich um Ruhen des Verfahrens nach Paragraf 363 Absatz 2 Satz 2 der Abgabenordnung bis zur Entscheidung der obersten Finanzrichter.
So planen Sie Ihr nächstes Steuerjahr
Berufliches und Privates trennen. Sie planen eine Dienstreise und wollen diese zum Beispiel mit dem Besuch eines Freundes verknüpfen? Grenzen Sie berufliche und private Reisetage möglichst voneinander ab. So lässt sich leichter ermitteln, welche Kosten beruflich veranlasst sind und damit einen Steuervorteil bringen.
Erste Tätigkeitsstätte festlegen. Wenn Sie mehrere Einsatzorte haben, bitten Sie Ihren Chef, eine erste Tätigkeitsstätte für Sie festzulegen. Das kann der Firmensitz oder die Filiale sein, aber auch eine Tochterfirma, ein ausgelagerter Unternehmensbereich oder ein Arbeitsplatz beim Kunden. Wie oft Sie dort arbeiten, spielt keine Rolle. Das häusliche Arbeitszimmer gilt hier nicht als erste Tätigkeitsstätte.
Schriftlich dokumentieren. Die Festlegung muss der Chef eindeutig im Arbeitsvertrag, Protokoll oder Einsatzplan dokumentieren. Bei Arbeitnehmern ohne erste Tätigkeitsstätte wie Busfahrer oder Handwerker sollte Ihr Chef ausdrücklich festlegen, dass der im Arbeitsvertrag genannte Arbeitsort keine Festlegung einer ersten Tätigkeitsstätte darstellt.