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Drei Viertel aller Zervixkarzinome sind Plattenepithelkarzinome. Der Anteil an Adenokarzinomen beträgt etwa 20%. Ursache für deren Entstehung ist häufig eine Virusinfektion mit humanen Papillomaviren. Synonyme Gebärmutterhalskrebs, Bösartige Neubildung der Cervix uteri, Kollumkarzinom DefinitionDas Zervixkarzinom ist eine maligne Erkrankung des Gebärmutterhalses. Die meisten Zervixkarzinome sind Plattenepithelkarzinome. Bevorzugte Prädilektionsstelle ist der äußere Muttermund, insbesondere der Übergangsbereich von zervikaler Schleimhaut zum vaginalen Plattenepithel. Zervixkarzinome entwickeln sich in der Regel aus zervikalen intraepithelialen Neoplasien (CIN). Ursache für deren Entstehung ist meist eine Virusinfektion mit bestimmten High-Risk-Typen des humanen Papillomavirus (HPV). Zervixkarzinome sind zu Beginn oft asymptomatisch. Im weiteren Verlauf können Schmierblutungen oder postkoitale Blutungen, Schmerzen und fleischwasserfarbener, süßlich riechender Ausfluss auftreten. Die Therapie hängt vom Stadium ab, in dem das Zervixkarzinom diagnostiziert wurde. Anfangs genügt häufig die vollständige Resektion des veränderten Gewebes mittels Konisation, später müssen Uterus und angrenzende Gewebestrukturen entfernt werden. Das Zervixkarzinom-Risiko kann mit einer Impfung gesenkt werden. Der Impfstoff schützt dabei vor den zwei häufigsten Zervixkarzinom-verursachenden Hochrisiko-HP-Viren. EpidemiologieDas Vorkommen von Zervixkarzinomen ist weltweit unterschiedlich. So weist Finnland beispielsweise eine jährliche Inzidenz von 3,6 pro 100.000 Frauen auf. In Kolumbien erkranken dagegen 45 von 100.000 Frauen pro Jahr an Gebärmutterhalskrebs. In Deutschland lag die Inzidenz für Zervixkarzinome 2010 bei 9,3 pro 100.000 Frauen. Hierzulande erkrankten 2014 jährlich 4.540 Frauen an Gebärmutterhalskrebs. 1.506 von ihnen verstarben (eine von 340 Frauen). Vor 30 Jahren waren es noch mehr als doppelt so viele. Die Krankheitshäufigkeit variiert mit dem Lebensalter. Besonders häufig sind Frauen zwischen 40 und 59 Jahren betroffen. Ein zweiter Erkrankungsgipfel zeigt sich nach dem 60. Lebensjahr. Vorstufen und Frühformen von Gebärmutterhalskrebs werden vor allem bei Frauen im Alter von 20 bis 40 Jahren im Rahmen der Früherkennung festgestellt. An invasiven Zervixkarzinomen erkranken derzeit meist Frauen zwischen 35 und 60 Jahren. Das mittlere Erkrankungsalter bei der Erstdiagnose eines Zervixkarzinoms liegt dank frühzeitiger Untersuchung bei 53 Jahren (vor 25 Jahren bei 68 Jahren). Eine Vorstufe des Zervixkarzinoms tritt im Durchschnitt mit 34 Jahren auf, am invasiven Gebärmutterhalskrebs erkranken Frauen mit durchschnittlich 55 Jahren. Das Zervixkarzinom ist im Laufe der letzten 30 Jahre vom häufigsten Karzinom der Frau zum zwölfthäufigsten zurückgegangen. 2010 betrug der Anteil der Gesamtinzidenz aller Malignome der Frau 2,1%. Für diesen Rückgang werden die 1971 eingeführten Früherkennungsuntersuchungen mit Zytohistologie und eine verbesserte Genitalhygiene verantwortlich gemacht. Die relative Fünf-Jahres-Überlebensrate nach der Diagnose eines invasiven Gebärmutterhalskarzinoms liegt bei 69%. UrsachenDie Ursachen für die Entstehung des Zervixkarzinoms sind bislang nicht endgültig geklärt. Man geht heute jedoch von einer multifaktoriellen Genese aus, die sich aus zahlreichen genetischen und nicht-genetischen Risikofaktoren zusammensetzt. Einer der wichtigsten nicht-genetisch bedingten Risikofaktoren ist die Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV) vom High-Risk-Typ, insbesondere HPV 16 und 18. Humane Papillomaviren werden bei nahezu jeder malignen Veränderung im Gebärmutterhals nachgewiesen. Mehr als 95% aller Gebärmutterhalskrebs-Biopsien sind HPV-positiv. Am häufigsten werden die Hochrisiko-HPV-Viren 16, 18, 31, 33, 35, 39, 45, 51, 52, 56, 58 und 59 gefunden. Eine HPV-Infektion wird vorwiegend durch Sexualkontakte wie Geschlechtsverkehr übertragen. Präkanzerosen und Zelldysplasien (Cervikale intraepitheliale Neoplasie; CIN 1-CIN 3/CIS und Adenocarcinoma in situ; ACIS) erhöhen das Zervixkarzinom-Risiko zusätzlich. RisikofaktorenNeben HPV-Infektionen, Präkanzerosen und Dysplasien erhöhen folgende nicht-genetische Faktoren das Risiko von Zervixkarzinomen:
Zudem können genetische Dysmorphien das Risiko für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs erhöhen. Im Fokus stehen unter anderem:
PathogeneseHPV sind kugelförmige, doppelsträngige DNA-Viren aus der Gruppe der Papillomaviridae. Insgesamt sind etwa 200 unterschiedliche Typen bekannt. Diese werden hauptsächlich in zwei Gruppen unterschieden, Hochrisiko- und Niedrigrisiko-Viren. Eine HPV-Infektion der Gebärmutterschleimhaut erfolgt meist als Schmierinfektion bei den ersten sexuellen Kontakten. Einmal eingenistet, können die Viren jahrelang inaktiv in den Zellen verharren. Sobald HP-Viren in die tiefen Epithelschichten durchgedrungen sind, nutzen sie die auf oder in der Nähe der Basalmembran liegenden Stammzellen dafür, ihr virales Erbgut herzustellen. Dafür werden die körpereigenen Regulationsmechanismen p53 und pRB, die bei einer fehlerhaften Zellteilung einspringen würden, ausgeschaltet. Über diesen dysregulierten Zellzyklus können sich die viral infizierten Zellen folgenlos und unbegrenzt ohne apoptotische Kontrolle vermehren. Sobald das virale Genom in der Wirtszelle verankert ist, sind die Voraussetzungen für eine Zellschädigung und damit auch Tumorbildung erfüllt. Zervikale intraepitheliale Dsyplasien (CIN) werden in drei Grade eingeteilt:
Hat ein Tumor die Basalmembran durchbrochen, können sich die Zellen hämatogen oder auf lymphatischen Weg fortbewegen und andere Körpergewebe erreichen. In der Regel springt jetzt das Immunsystem ein. Normalerweise detektiert die körpereigene Abwehr die infizierten Zellen, markiert und vernichtet sie. Mitunter aber können die veränderten Zellen, insbesondere solche mit Hochrisiko-HP-Viren, die Abwehrbarriere über noch unbekanntem Weg überwinden. Sind die Viren länger als 6 bis 18 Monate nachweisbar, spricht man von einer persistierenden Infektion. Bleiben High-Risk-HP-Viren 18 Monate nach der Erstdiagnose weiterhin nachweisbar, ist die Wahrscheinlichkeit eines Zervixkarzinoms etwa 300 Mal höher als bei nicht infizierten Frauen. Mit relativ hohem Risiko erkranken diese Frauen innerhalb von 10 bis 20 Jahren an Gebärmutterhalskrebs. Etwa 80 bis 85% aller Zervixkarzinome sind Plattenepithelkarzinome, der Rest überwiegend Adenokarzinome. Sarkome oder neuroendokrine Tumoren sind im Gebärmutterhals eher selten. SymptomeVorstufen eines Zervixkarzinoms und das Carcinoma in situ verursachen in der Regel keine Beschwerden. Gelegentlich können leichte Schmierblutungen auftreten. Im weiteren Verlauf bzw. wenn der Tumor geschwürig zerfällt, weisen folgende Symptome auf ein Zervixkarzinom hin:
Symptome wie Blutungen können auch auf harmlose Veränderungen am Muttermund oder in der Gebärmutter zurück zu führen sein. Dennoch müssen diese Beschwerden immer abgeklärt werden. Symptome im fortgeschrittenen StadiumWächst ein Zervixkarzinom unbehandelt weiter, infiltriert es die umliegenden Gewebe und Organe. Beispielsweise kann der Tumor in die Harnblase, die Harnleiter und/oder das Rektum einwachsen, dessen Gewebestrukturen schädigenden und zerstören. Infolge sind Harn-Abflussbehinderungen (Hydronephrose), Rückenschmerzen oder Lymphödeme in den unteren Extremitäten möglich. Streuen die Tumorzellen lymphogen oder seltener hämatogen, entwickeln sich Fernmetastasen. Klassifikation des invasiven ZervixkarzinomsDie Ausdehnung des invasiven Zervixkarzinoms wird in der Regel nach dem TNM-Schema und der Fédération Internationale de Gynécologie et d'Obstétrique (FIGO) klassifiziert. Dabei gelten folgende Richtlinien:
UICC-StadienDie Stadien des Zervixkarzinoms werden international auf Basis der Union für International Cancer Control (UICC) eingeteilt. Hierzulande ist das therapeutische Vorgehen jedoch nicht UICC-abhängig.
DiagnostikEin Zervixkarzinom kann nur nach einer histologischen Untersuchung sicher diagnostiziert werden. Bei Verdacht auf ein Zervixkarzinom werden folgende Maßnahmen durchgeführt:
Bei auffälligem Befund (atypische oder entartete Zellen) folgen:
LaborZusätzlich zu diesen Untersuchungsverfahren werden laborchemische Parameter ermittelt. Neben den üblichen Analysen wie Blutbild, Elektrolyte und Gerinnung werden beim Zervixkarzinom folgende Werte kontrolliert:
Bildgebende VerfahrenBestätigt sich die Diagnose Zervixkarzinom, folgen Untersuchungen zur Stadienbestimmung. Diese zeigen neben der Ausbreitung des Tumors, die Beteiligung von Lymphknoten und die Absiedlung von Fernmetastasen. Zu den Untersuchungsmethoden gehören:
Nach der Diagnose Zervixkarzinom sollten alle Befunde in einer interdisziplinären Tumorkonferenz vorgestellt werden. Daran anschließend wird ein multimodales Therapiemanagement empfohlen. TherapieBei Zervixkarzinomen sollte das Therapieregime immer individuell und fachübergreifend im Team festgelegt werden. In die Planung der Behandlungsmaßnahmen sollten neben den allgemeinen prätherapeutischen Überlegungen folgende patientinnenspezifische Aspekte einbezogen werden:
Beim Zervixkarzinom können unterschiedliche Therapiemethoden kombiniert werden. Dazu gehören insbesondere:
Bei zervikalen intraepithelialen Läsionen (CIN) kommen Exzisions- und Ablationsverfahren zur Anwendung. Bei Zervixkarzinomen in frühen Stadien gibt es primärtherapeutisch zwei gleichwertige Alternativen: die Operation und die Radio(chemo)therapie. In Deutschland kommen operative Verfahren vor allem in den Frühstadien IA bis IIA bzw. beim lokal begrenzten Zervixkarzinom zum Einsatz. Die primäre Radio(chemo)therapie wird hauptsächlich in den ausgedehnten Stadien (ab Stadium III), sowie bei Lymphknotenbefall und Inoperabilität eingesetzt. Im Stadium IV sollte die Therapie immer individuell erfolgen. Bei der Therapieentscheidung spielen Unterschiede zwischen den histologischen Tumorentitäten (Adenokarzinom oder Plattenepithelkarzinom) keine Rolle. Therapie zervikaler intraepithelialer Läsionen (CIN)Bei CIN kommen therapeutisch Exzision bzw. Konisation und Ablation zum Einsatz. Goldstandard bei der Konisation sind die Schlingenexzision und Laserexzision. Daneben gibt es noch die Messerkonisation. Ablationsverfahren der Wahl ist die Laservaporisation. KonisationIndikationen einer Konisation sind eine Befundpersistenz über zwei Jahre hinweg (CIN 1 und CIN 2) oder CIN 3. Vor der eigentlichen Konisation werden Portio und das zu entfernende Gewebe über die Spekulumeinstellung mittels Schiller-Iodprobe markiert. Anschließend wird der veränderte Gewebekegel, der sogenannte Konus, im Ganzen entnommen (jodnegatives Gewebe). Die Exzision erfolgt über eine elektrische Schlinge oder Laser, alternativ auch mit einem Messer. Die Transformationszone sollte vollständig entfernt werden. Prämenopausal muss ein flacher Konus extirpiert werden, da sich die Transformationszone ektozervikal auf der Portio befindet. Postmenopausal ist ein steiler Konus erforderlich, da die Transformationszone endozervikal im Zervikalkanal liegt. Bei der Konisation sind folgende Risiken zu beachten:
LaservaporisationDie Laservaporisation ist indiziert bei CIN 1 (-2) der Ektozervix. Im Vorfeld muss die gesamte histologische Prüfung abgeschlossen sein, da später keine histologischen Kontrollen mehr möglich sind. Zunächst wird die Portio wie bei der Konisation markiert. Anschließend erfolgt die Ablation des veränderten Gewebes mittels Hitze. Die Laservaporisation darf nur bei Läsionen in beurteilbaren Bereichen angewandt werden, also nicht am Übergang zwischen Endo- und Ektozervix. Leitliniengerechtes Therapiemanagement nach Tumor-Staging (FIGO)Die Wahl die Therapiemethode hängt von mehreren Faktoren ab. Nach aktueller Leitlinie sind das vor allem:
Die aktuelle Leitlinie empfiehlt in allen Stadien die primäre Operation, in denen eine alleinige Operation mit definitivem Ausgang (R0-Resektion) erfolgversprechend durchgeführt werden kann. Die primäre Radiochemotherapie wird in allen Stadien ab FIGO III empfohlen, wenn im operativen Staging eine N1-Situation vorliegt und eine R0-Resektion nicht mehr möglich oder sinnvoll ist. Das operative Staging ist insbesondere in Grenzfällen bei allen Zervixkarzinomen > FIGO 1A1 indiziert. Zunächst erfolgt in der Regel eine laparoskopische pelvine Lymphonodektomie:
Wurden Lymphknotenmetastasen detektiert (pelvin oder paraaortal) wird eine Radiochemotherapie durchgeführt. Bislang konnte in Studien noch kein positiver Effekt auf die Überlebenszeit durch eine zusätzliche Operation nachgewiesen werden. Therapiemanagement in den Stadien IA1, IA2 und IB1 (ggf. IIA und IIB) bei N0Die Operationsmethode und die operative Radikalität richten sich nach dem FIGO-Stadium, dem Menopausenstatus und der Familienplanung der Patientin. Bei geringem Tumorstadium kann bis maximal FIGO IA1 eine Konisation mit Zervixkürettage oder bis maximal FIGO IB1 eine Trachelektomie mit Permanentncerclage erwogen werden. Hierbei kann die Fertilität in der Regel bis maximal FIGO IB1 und bei einer Tumorgröße ≤ 2 cm ohne Risikofaktoren erhalten werden. Beide Verfahren sind mit einer pelvinen und parametrialen Lymphadenektomie zu kombinieren. Bei höherem Tumorstadium ist klassischerweise die radikale Hysterketomie, die sich an der Klassifikation nach Piver orientiert, indiziert. Ab Stadium FIGO IB1 ist selbst bei nicht abgeschlossener Familienplanung der Patienten keine fertilitätserhaltende, begrenzte Strategie empfohlen. Das gilt ebenso, wenn multiple Risikofaktoren bestehen. Bei postmenopausalen Patientinnen sollten im Rahmen der Hysterektomie leitliniengerecht die Adnexen mitentfernt werden. Mitunter müssen individuelle Grenzentscheidungen zwischen Operation und Radiochemotherapie getroffen werden. Insbesondere in den FIGO-Stadien IB, IIA und IIB bei begrenzter vaginaler Infiltration bzw. Infiltration der Parametrien und fehlenden pelvinen Lymphknotenmetastasen kann eine definitive operative R0-Resektion sinnvoll sein. Im weit fortgeschrittenem Tumorstadium sprechen die Umstände in aller Regel gegen die Möglichkeit einer definitiven operativen Therapie mit R0-Resektion. Ab Stadium FIGO IIB wird deshalb die primäre Radiochemotherapie bevorzugt. Ab FIGO III bzw. im Fall einer Tumorinvasion in die Beckenwand bzw. einer Infiltration des unteren Vaginaldrittels oder bei tumorbedingter Hydronephrose ist die primäre Radiochemotherapie leitliniengemäß definitiv indiziert. OperationBei der Behandlung von Zervixkarzinomen wird zwischen mehreren
Operationsverfahren unterschieden, der einfachen und radikalen Trachelektomie sowie der onkologischen Hysterektomie. Bei der onkologischen Hysterektomie wird grob zwischen der radikalen Hysterketomie (Piver II-III) und der erweiterten radikalen Hysterektomie (Piver IV) unterschieden. Klassifikation nach PiverDie Operationsmethode richtet sich nach der Piver-Klassifikation und umfasst folgende Maßnahmen:
Simultane RadiochemotherapieDie primäre Radiochemotherapie ist laut aktueller Leitlinie ab FIGO III indiziert. Des Weiteren wird die primäre Radiochemotherapie in folgenden Situationen empfohlen:
Eine adjuvante Strahlentherapie ist als Einzelfallentscheidung nach primärer Operation und 1 bis 2 postoperativen Risikofaktoren zu erwägen. Dazu gehören L1, V1, tiefe Stromainvasion und eine Tumorgröße von mehr als 4 cm. Nach einer R1-Resektion oder bei 3 und mehr postoperativen Risikofaktoren empfiehlt die Leitlinie eine adjuvante Radio(chemo)therapie mit Cisplatin, inklusive pelvinem Lymphabflussgebiet. Die neoadjuvante Radio(chemo)therapie wurde bislang nur in Studien durchgeführt und ist keine allgemein gültige Behandlungsoption. Leitliniengemäß werden für die simultane Radiochemotherapie des Zervixkarzinoms Cisplatin als Radiosensitizer und eine primäre perkutane Bestrahlung des Primärtumors (inklusive der pelvinen Lymphknoten) sowie eine anschließende MRT-geplante Brachytherapie empfohlen. Bei diesem Therapieschema sollte eine Anämie vermieden werden. Ab einem Hämoglobin-Wert unter 12 g/L sinkt die Effektivität der Radiochemotherapie. Aus diesem Grund sollte die HB-Konzentration regelmäßig kontrolliert und ggf. durch Transfusion von Erythrozytenkonzentraten korrigiert werden. Folgen der StrahlentherapieNach einer Strahlen(chemo)therapie sind chronische Entzündungen der Blase oder des Darms möglich. Diese klingen in der Regel innerhalb weniger Wochen wieder ab. Seltener treten chronische radiatio-induzierte Entzündungen mit Blutungen auf. Das vaginale Gewebe ist empfindlicher und Infektionsanfällig. Bei einer Bestrahlung ausgedehnter Areale kommt es mitunter zu Lymphabflussstörungen und infolge dessen zu Lymphödemen in den Beinen. Nach Bestrahlung der Ovarien kann es zu einem dauerhaften Funktionsausfall und damit zum vorzeitigen Beginn der Wechseljahre kommen. ChemotherapieEine alleinige Chemotherapie kommt mitunter bei Fernmetastasierung oder in der palliativen Situation zum Einsatz. Da Zervixkarzinome aber sehr strahlensensibel sind, wird sie meist neoadjuvant angewandt. Studien zeigen, dass die besten Erfolge durch eine platinhaltige Kombinationstherapie erzielt werden. Dabei werden beispielsweise das Platinderivat Cisplatin und der Topoisomeraseinhibitor Topotecan oder Cisplatin und das Taxan Paclitaxel kombiniert. Bei erhöhten Nebenwirkungen einer Dreifachtherapie helfen oft weitere zielgerichtete Therapien, zum Beispiel mit Antikörpern wie dem VEGF-Inhibitor Bevacizumab. Folgen der ChemotherapieEs kann zu zeitlich begrenzten Nebenwirkungen kommen wie Blutbildveränderungen, Alopezie, Nausea und Emesis, Mukositiden, Immunsuppression und/oder Sensibilitätsstörungen an Händen und Füßen. AntikörpertherapieBei metastasiertem, persistierendem oder rezidivierendem Zervixkarzinom kann mit der zusätzlichen Gabe von Bevacizumab zur regulären palliativen Chemotherapie ein geringer Überlebensvorteil von 3,7 Monaten (13,3 vs. 17 Monate) und ein verbessertes progressionsfreies Intervall (8,2 vs. 5,9 Monate) erreicht werden. Folgen der AntikörpertherapieNebenwirkungen der Antikörpertherapie können Hypertonie, Neutropenie und thrombembolische Ereignisse sein. Supportive TherapienSupportive Therapiemaßnahmen dienen leitliniengerecht der symptomatisch-präventiv orientierten Therapie von mit der Tumorbehandlung assoziierten Nebenwirkungen. So muss bei einer Chemotherapie sehr häufig eine antiemetische Behandlung erfolgen. Das gilt insbesondere für Therapien mit Cisplatin, da das Platinderivat hoch emetogen ist. Patientinnen im Palliativstadium profitieren ebenfalls von individuell eingesetzten supportiven Therapiestrategien. Diese sollten möglichst frühzeitig eingesetzt werden. Dazu gehören neben der Hospiz-Arbeit vor allem psychoonkologische Betreuung und Palliativpflege sowie das Hinzuziehen des Sozialdienstes. PrognoseDie Prognose von Zervixkarzinomen ist unterschiedlich. CIN I und II bilden sich häufig spontan zurück. Nach der leitliniengerechten Therapie von CIN III und Carcinoma in situ heilen diese in der Regel folgenlos aus. Mitunter kommt es jedoch zu Rezidiven. Die Prognose des invasiven Zervixkarzinoms hängt vom Stadium bei Diagnosestellung, Differenzierungsgrad, Lymphknotenstatus, Tumorart und Behandlungsstrategie ab. Adenokarzinome haben eine etwas ungünstigere Prognose als Plattenepithelkarzinome, neuroendokrine Zervixkarzinome die schlechteste Prognose. Lymphknotenmetastasen und Fernmetastasen verschlechtern die Heilungsaussichten erheblich. Die relative 5-Jahres-Überlebensrate betrug in Deutschland 2014 69%, die relative 10-Jahres-Überlebensrate lag bei 65%. Das Überleben nimmt mit steigendem Tumorstadium ab. So überleben im UICC-Stadium 0 etwa 100% der Frauen, im Stadium IV hingegen lediglich noch 21%. ProphylaxeFrüherkennungFrüherkennungsuntersuchungen gelten als die wichtigste Prophylaxemaßnahme bei Zervixkarzinomen Seit Einführung des gesetzlichen Krebsfrüherkennungsprogramms 1971 sind die Inzidenz und Mortalität des Zervixkarzinoms in Deutschland deutlich zurückgegangen. Ein ähnlicher Effekt wurde auch in anderen Industrieländern mit Screeningprogrammen beobachtet. Das gesetzliche Früherkennungsprogramm bie¬tet Frauen ab 20 Jahren die Möglichkeit, jährlich einen Zellabstrich vom Gebärmutterhals (PAP-¬Ab¬strich) machen zu lassen. Ab dem 35. Lebensjahr wird der PAP-¬Ab¬strich im Abstand von drei Jahren mit einem HPV¬-Test kombiniert. HPV-ImpfungZudem gibt es die Möglichkeit der HPV-Impfung. Die Vakzine wirkt gegen die Hochrisiko-Genotypen des humanen Papillomavirus 16 und 18. Empfehlungen zur Primärprävention des Zervixkarzinoms durch die Impfung werden in Deutschland durch die S3-Leitlinie „Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien“ sowie durch die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission des Robert Koch-Instituts (STIKO) ausgesprochen. Bis 2018 wurde die HPV-Impfung nur für Mädchen im Alter von 9 bis 14 Jahren empfohlen. Versäumte Impfungen können bis zu einem Alter von 17 Jahren nachgeholt werden. Von einer Impfung gegen HPV können auch Frauen und Männer, die älter als 17 Jahre sind und keine Impfung gegen HPV erhalten haben, profitieren. Bei nicht HPV-naiven Personen muss jedoch mit einer reduzierten Wirksamkeit der Impfung gerechnet werden. HPV-Impfung auch für JungenNach neuen Querschnittsstudien und Metaanalysen profitieren jedoch nicht nur Mädchen von einer Impfung gegen Humane Papillomaviren. Deshalb empfiehlt die Ständige Impfkommission eine HPV-Impfung aktuell auch für Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahren. Der Schutz betrifft insbesondere HPV-attributable Anal-, Penis- und Oropharynx-Karzinome sowie HPV-bedingte Genitalwarzen. Berechnungen zufolge könnte das modellierte Jungen-Impfmodell in den kommenden 100 Jahren zusätzlich 22.122 Zervixkarzinome und 25.226 andere HPV-assoziierte Karzinome bei Männern und Frauen verhindern. Die Immunisierung sollte vorzugsweise bei HPV-naiven Jungen vor dem ersten sexuellen Kontakt erfolgen. Wie bei Mädchen, empfiehlt die STIKO im Alter zwischen 9 und 14 Jahren zwei Impfungen im Abstand von mindestens 5 Monaten. Bei der ersten HPV-Impfung nach dem 15. Geburtstag sind drei Impfungen notwendig. Die Nachholimpfung sollte dann bis zum Alter von 17 Jahren erfolgen. Allgemeine MaßnahmenEine gute Genitalhygiene sowie Maßnahmen zur Vermeidung von Genitalinfektionen und sexuell übertragener Erkrankungen wie Herpes simplex 2, Gonokokken und Chlamydien reduzieren das Gebärmutterhalskrebsrisiko. Darüber hinaus hilft es, die Risikofaktoren für Gebärmutterhalskrebs zu reduzieren bzw. zu vermeiden. Dazu gehören:
Möglicherweise spielen auch Ernährungsfaktoren eine gewisse protektive Rolle. Im aktuellen Fokus stehen Zitrusfrüchte, gemüsereiche Kost, Knoblauch und Zwiebeln sowie die Vitamine C, E und A1. Beweisende Studien gibt es dazu aber bislang nicht. Quelle:
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