Kann ich eine schriftliche Vereinbarung widerrufen

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Kann ich eine schriftliche Vereinbarung widerrufen

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Zuletzt aktualisiert: 20.10.2022

Per 1. Januar 2016 wurde das im Obligationenrecht (OR) geregelte Widerrufsrecht ausgebaut: Neu kann man bestimmte Verträge während 14 – vorher waren es sieben – Tagen widerrufen. Zudem steht nun ausdrücklich im Gesetz, dass das Rücktrittsrecht auch für am Telefon geschlossene Verträge gilt.

Alles klar? Sara Stalder erklärt, in welchen Fällen ein Widerrufsrecht besteht.

Ein Widerrufsrecht besteht, wenn diese Voraussetzungen kumulativ (alle zusammen) erfüllt sind:

1. Der Vertrag muss an einem dieser Orte abgeschlossen worden sein:

  • zuhause oder in anderen Wohnräumen
  • am Arbeitsplatz
  • am Telefon
  • auf offener Strasse oder öffentlichen Plätzen
  • in öffentlichen Verkehrsmitteln
  • an einer Werbeveranstaltung (Achtung: gilt nicht für Messen)

Merke: Es besteht kein Widerrufsrecht bei Verträgen, die im Internet oder in einem Laden abgeschlossen wurden. Ausdrücklich ausgeschlossen vom Widerrufsrecht sind zudem Verträge, die an Messen abgeschlossen wurden.

2. Der Vertrag muss betreffen:

  • eine bewegliche Sache oder
  • eine Dienstleistung.

Gut zu wissen: für  Kreditgeschäfte (Konsumkredite, Leasing) und Partnervermittlungsverträge sieht das Gesetz ausdrücklich ein Widerrufsrecht vor.
Für Privatversicherungen schreibt Art. 2a Versicherungsvertragsgesetz (VVG) seit dem 1. Januar 2022 ein 14tägiges Rücktrittsrecht für die Konsumentinnen vor. Dieses Rücktrittsrecht richtet sich nicht nach dem Obligationenrecht.

3. Der Vertrag muss bestimmt sein für den persönlichen oder familiären Gebrauch.

Ausgeschlossen sind damit beispielsweise Verträge, die zu Geschäftszwecken abgeschlossen werden.

4. Der Betrag muss Fr. 100.- übersteigen.

Bei Dauerschuldverhältnissen (wie z.B. einem Telefonabonnement) muss während der Mindest-Vertragsdauer oder im Zeitraum bis zum ersten ordentlichen Kündigungstermin ein Betrag von über 100 Franken geschuldet sein.

5. Die 14-tägige Frist muss noch laufen.

Die Frist gilt auch als eingehalten, wenn der Widerruf am letzten Tag mitgeteilt oder der Post übergeben wird (Art. 40e Abs. 4 OR).

6. Der Kunde darf die Vertragsverhandlung nicht ausdrücklich gewünscht haben.

Gut zu wissen: Die Anbieterin muss ihren Kunden schriftlich auf das Widerrufsrecht aufmerksam machen (Art. 40d OR). Die Frist beginnt für den Kunden deshalb erst, sobald der Vertrag abgeschlossen ist und der Kunde über das Widerrufsrecht informiert wurde (Art. 40e Abs. 2 OR). Den nötigen Beweis dazu kann der Anbieter nur erbringen, wenn das Vertragsformular einen entsprechenden Hinweis enthält und dem Kunden eine Kopie ausgehändigt wurde.

Obwohl das Gesetz keine besondere Form vorsieht, empfiehlt sich aus Beweisgründen, den Widerruf mittels eingeschriebenem Brief zu schicken.

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Wenn einmal ein Vertrag zwischen Vertragsparteien zustande gekommen ist, dann sind beide Seiten an den Vertragsinhalt gebunden. Wer einen Vertrag geschlossen hat, muss sich darauf verlassen können, dass auch der Vertragspartner seine Verpflichtungen einhält. Deshalb ist es für beide wichtig, sich über die Folgen des Vertragsschlusses vor Abschluss im Klaren zu sein, danach ist es zu spät. Es gibt jedoch einige Ausnahmen von dieser grundsätzlichen Bindungswirkung, wobei das Gesetz vor allem Verbrauchern einen besonderen Schutz gewährt.

Wegfall der Bindungswirkung

Die Bindungswirkung an den geschlossenen Vertrag kann aus vertraglichen oder gesetzlichen Gründen entfallen. Es handelt sich um die folgenden Fälle:

1. Vertragsbeendigung infolge vertraglicher Vereinbarung

- Einvernehmliche Aufhebung
Im Rahmen der Vertragsfreiheit können die Vertragsparteien jederzeit einen Aufhebungsvertrag schließen und damit je nach Vereinbarung in eine rückwirkende oder in eine in die Zukunft wirkende Vertragsbeendigung eintreten. Die vertragliche Bindung endet damit durch einvernehmliche Auflösung, unter Umständen mit bestimmten Bedingungen. Die Aufhebung stellt einen eigenen Vertrag dar (Beispiel: Aufhebung eines Arbeitsvertrags gegen Zahlung einer Abfindung).

- Rücktrittsvorbehalt
Ebenso steht es den Vertragsparteien grundsätzlich offen, bereits bei Vertragsschluss eine Rücktrittsmöglichkeit zu vereinbaren. Der Vertrag kann, wenn sich eine Vertragspartei im Rahmen des Vertragsinhalts den Rücktritt unter bestimmten Voraussetzungen vorbehält, bei Eintreten der Bedingungen aufgelöst werden. Auch die Gegenseite ist dann von der Erfüllung ihrer Verbindlichkeit befreit.

2. Vertragsbeendigung infolge Unwirksamkeit
Wenn ein Vertrag unter absolut unzulässigen Bedingungen zustande gekommen ist, ist er als nichtig anzusehen. In diesen Fällen entfaltet er von Beginn an keine Wirkung. Unwirksam sind beispielsweise Verträge, bei denen eine gesetzlich vorgeschriebene Form missachtet wurde, die gegen die guten Sitten verstoßen oder die mit geschäftsunfähigen Personen geschlossen wurden. Wenn nur ein Teil des Vertrags, zum Beispiel eine Vertragsklausel, ungültig ist, dann besteht der Vertrag im übrigen weiter, es sei denn, dass die Parteien ihn so nicht geschlossen hätten.

3. Vertragsbeendigung infolge Anfechtung
Es gibt aber auch Fälle, in denen zwar Mängel vorliegen; diese Mängel werden aber nicht als so gravierend beurteilt, dass der Vertrag von Beginn an ungültig ist. Vielmehr kann eine Partei den Vertrag anfechten und damit rückwirkend unwirksam machen. Anfechtungsgründe sind

- Anfechtung wegen Irrtums
Zunächst ist es möglich, bei Irrtümern den Vertrag anzufechten. Nicht jeder Irrtum führt zu einem Anfechtungsgrund. Anfechtung ist aber möglich bei
--- einem Erklärungsirrtum
Dem Erklärenden war sich der Bedeutung seiner Erklärung nicht bewusst, z. B. weil er sich versprochen, verschrieben oder vergriffen hat;
--- einem Eigenschaftsirrtum
Der Erklärende irrt über eine verkehrswesentliche Eigenschaft einer Person oder einer Sache (Beispiel: eine Vorstrafe des neu eingestellten Buchhalters wegen Betruges oder die Lage und die Bebaubarkeit eines Grundstücks);.
--- Übermittlungsirrtum
Gemeint sind Fälle, in denen ein Bote bei der Übertragung einer Mitteilung einen Fehler macht und somit eine unrichtige Erklärung beim Vertragspartner ankommt.

Wer in diesen Fällen von seinem Anfechtungsrecht Gebrauch machen möchte, muss die Anfechtung unverzüglich erklären, d. h. unmittelbar nach Kenntnis der wahren Sachlage. Zu beachten ist allerdings, dass der betroffene Vertragspartner einen Schadensersatzanspruch gegenüber den Anfechtenden geltend machen kann. Er kann aber nur den sog. Vertrauensschaden verlangen, d. h. er ist so zu stellen, als wäre es nicht zu dem Vertragsabschluss gekommen.

- Anfechtung wegen Täuschung oder Drohung
Daneben besteht ein Anfechtungsrecht, wenn jemand durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung zur Abgabe einer Erklärung bestimmt worden ist. In diesen Fällen hat der Anfechtungsberechtigte ab Kenntnis der Täuschung bzw. ab Wegfall der Zwangslage ein Jahr lang Zeit, seine Anfechtungserklärung auszusprechen. Die Anfechtung ist allerdings ausgeschlossen, wenn seit Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre vergangen sind. Ein Schadensersatzanspruch besteht in diesen Fällen nicht.

4. Vertragsbeendigung infolge Kündigung
Verträge, die auf unbestimmte Zeit geschlossen werden (Mietverträge, Arbeitsverträge, Werkverträge etc.), müssen irgendwie ein Ende finden können. Dafür gibt es das Rechtsmittel der Kündigung, die von einer Seite ausgesprochen und der anderen zugehen müssen. Die Wirkung der Kündigung ist nicht vom Willen des Empfängers abhängig. Für Kündigungen gelten - je nach Vertragstyp und Vereinbarung - bestimmte Fristen, die dem Gekündigten die Möglichkeit verschaffen, sich frühzeitig auf das Vertragsende einzustellen. Im Arbeitsrecht ist das Kündigungsrecht des Arbeitgebers eingeschränkt (siehe hierzu das Dokument " Kündigung von Arbeitsverhältnissen" unter "Weitere Informationen").

5. Vertragsbeendigung infolge eines gesetzlichen Widerrufsrechts
Bei bestimmten Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher als Kunden (Verbraucherverträge) hat der Gesetzgeber zum Schutz der betroffenen Verbraucher die Möglichkeit geschaffen, das Geschäft zu widerrufen.

- Das gilt zunächst für die sog. Haustürgeschäfte. Das sind Verträge, zu denen der Verbraucher an der Haustür, am Arbeitsplatz, in Privatwohnungen oder bei Freizeitveranstaltungen wie z.B. Kaffeefahrten oder in öffentlichen Verkehrsmitteln und -wegen wie z.B. Flughäfen, Bahnhöfen und Straßen bestimmt worden ist. Das Gesetz bestimmt in diesen Fällen, dass der Verbraucher über das Widerrufsrecht belehrt werden muss. Ist die Belehrung erfolgt, die vom Kunden gesondert zu unterzeichnen ist, beträgt die Widerrufsfrist zwei Wochen ab Erhalt der Belehrung. In den Fällen, in denen eine Belehrung unterblieben ist, ist ein Widerruf bis zu sechs Monate nach Vertragsschluss möglich, bei der Lieferung von Waren bis zu sechs Monate nach Eingang der Ware beim Empfänger.

Bei den Haustürgeschäften kann statt des Widerrufsrecht dem Verbraucher auch ein Rückgaberecht gewährt werden, über das ebenfalls zu belehren ist.

- Eine weitere Widerrufsmöglichkeit besteht für einen Darlehensnehmer bei einem Verbraucherdarlehensvertrag. Für die Widerrufsfrist gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Zu beachten ist hier, dass der Widerruf grundsätzlich als nicht erfolgt gilt, wenn der Darlehensnehmer das Darlehen empfangen hat und es nicht binnen zwei Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Auszahlung des Darlehens zurückzahlt.

- Schließlich gelten Widerruf und Rückgaberecht auch in den Fällen des Fernabsatzes (insbesondere Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher im E-Commerce, im Versandhandel, bei Bestellungen per Telefon etc.). Auch in diesen Fällen ist der Verbraucher über das Widerrufsrecht aufzuklären.

6. Vertragsbeendigung infolge eines gesetzlichen Rücktrittsrechts
Ein gesetzliches Rücktrittsrecht besteht bei gegenseitigen Verträgen (z. B. Kaufvertrag oder Werkvertrag), wenn nach Ablauf einer Nachfrist eine fällige Leistung nicht oder vertragsgemäß erbracht wird. Diese Regelung trifft beispielsweise die Fälle der Lieferung von mangelhafter Ware. Gleiches gilt auch bei der Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten durch einen Vertragspartner, wenn dem anderen ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zugemutet werden kann.

7. Störung der Geschäftsgrundlage
Das heute in § 313 BGB festgelegte Rechtsinstitut greift dann ein, wenn sich die tatsächlichen Umstände, die für beide Vertragsparteien Grundlage des Vertrags gewesen sind, sich später schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag so nicht geschlossen hätten. Wenn einem Vertragspartner ein Festhalten am Vertrag nicht zuzumuten ist, kann er eine Anpassung an die neuen Umstände verlangen oder – wenn eine Anpassung nicht möglich oder zumutbar ist – vom Vertrag zurücktreten.

Kann man jeden Vertrag 14 Tage widerrufen?

Ist keine längere Frist im Vertrag vereinbart, kannst Du innerhalb von 14 Tagen nach Vertragsabschluss widerrufen. Die Frist beginnt, sobald Du über Dein Widerrufsrecht informiert wurdest. Meist passiert das bei Vertragsschluss, die Widerrufsbelehrung liegt dem Vertrag bei.

Welche Verträge kann man nicht widerrufen?

Nein, es gibt kein allgemeines Widerrufsrecht. Grundsätzlich ist jeder Vertrag bindend. In manchen Fällen macht das Gesetz aber eine Ausnahme und gewährt dem Verbraucher als Käufer ein Widerrufsrecht.

Wann gibt es kein Widerrufsrecht?

Kein Widerrufsrecht, wenn kein Fernabsatzvertrag Fernabsatzverträge gemäß § 312 b BGB sind Verträge über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln.

Wie lange hat man Zeit einen Vertrag rückgängig zu machen?

Wollen Sie einen am Telefon abgeschlossenen Vertrag nicht haben, können Sie ihn mindestens innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Solange Sie den Vertrag nicht schriftlich genehmigt haben, dürfen für Sie seit dem 01. Dezember 2021 bei Telekommunikationsverträgen keine Kosten entstehen.