Kann man Darmkrebs mit Lebermetastasen überleben?

Noch vor zehn Jahren galt das Auftreten von Lebermetastasen bei Darmkrebs als ein prognostisch desaströses Zeichen, die Überlebenszeiten waren dementsprechend mit 18 bis 24 Monaten gering - die Chemotherapie galt als einzige Therapieoption.

Eine Studiengruppe um Prof. Carl Schimanski, Direktor der Medizinischen Klinik II, konnte aber jetzt zeigen, dass es Sinn macht, bei jeder metastasierten Situation nach der Möglichkeit der operativen Entfernung von Lebermetastasen zu suchen. Dies gilt, wie in dieser Studie dargelegt, für den Darmkrebs, jedoch auch wie in weiteren Studien angedeutet gegebenenfalls für den Magenkrebs.

Die multinationale LICC Studie von Prof. Schimanski wies für alle operierten Patient*innen ein medianes Überleben von über 5 Jahren nach.

„Jedoch sind nicht alle Patient*innen bei Erstdiagnose operabel. In einer aktuellen Vergleichsarbeit wurden hierzu die drei größten Studien analysiert. Diese Arbeit konzentriert sich auf Patient*innen, die initial nicht-operable Lebermetastasen aufwiesen und daher eine Chemotherapie erhielten, die jedoch zu einer Verkleinerung der Metastasen führt, so dass diese im Verlauf operativ entfernt werden konnten“, erklärt Prof. Carl Schimanski. Seine Studiengruppe beschreibt in der eigenen multinationalen multizentrischen LICC-Studie für diese Patient*Innen eine „hervorragende mediane Überlebenszeit von 66 Monaten, verglichen mit ebenfalls sehr guten 54 Monaten bis 56 Monaten in den CELIM- und FIRE-3-Studien“. Im Vergleich hierzu lieg das mediane Überleben bei einem metastasierten Darmkrebs unter drei Jahren, wenn die Metastasen nicht entfernt werden können.

Je früher Darmkrebs entdeckt wird, desto größer sind die Überlebenschancen der Patienten. Die Prognose für den weiteren Verlauf der Erkrankung hängt davon ab, in welchem Stadium sich der Tumor zum Zeitpunkt der Entdeckung befindet, d. h. wie sehr er die Darmwand befallen hat und ob Metastasen bereits in Lymphknoten oder andere Organe eingedrungen sind. Grundsätzlich gilt: Je früher Darmkrebs behandelt wird, desto größer sind die Heilungschancen.

Bei einer mikroskopischen Untersuchung von Tumorgewebe kann neben der Tumorart auch die Aggressivität und Wachstumsgeschwindigkeit eines Tumors abgeschätzt werden. Anhand der Stadieneinteilung der UICC können Darmtumore nach ihrem Entwicklungsstadium eingeteilt und die Ausbreitung anhand der TNM Klassifikation beurteilt werden.

Diese Einteilungen bestimmen den Krankheitsverlauf und die Heilungschancen. So haben kleine Tumore ohne Lymphknotenbefall und ohne Tochtergeschwülste eine günstigere Prognose. Beim Mastdarmkrebs ist die Prognose zusätzlich abhängig von der Lage. Je tiefer der Tumor sitzt, desto ungünstiger sind die Heilungschancen, da dort die Streuung von Tochtergeschwülsten (Metastasen) über mehrere Lymphbahnen erfolgt.

Die Überlebensrate 5 Jahre nach Ausbruch der Erkrankung beträgt bei:

Rektumkarzinom Kolonkarzinom
Stadium I 95% 95%
Stadium II 85% 90%
Stadium III 55% 65%
Stadium IV 5% 5%

Ein wichtiger Faktor für die Prognose spielt auch die Erfahrung des Chirurgen und die Häufigkeit, mit der Darmkrebs in der jeweiligen Klinik operiert wird. Bei einem erfahrenen Operateur kann die Überlebensrate bis zu 30% höher sein.

In den Stadien 0 und I ist eine unterstützende Chemotherapie wegen der sehr guten Heilungsraten nicht notwendig, in Stadium II wird sie nur bei bestimmten Risikofaktoren empfohlen.

In Stadium III und IV kann die Prognose durch begleitende Chemotherapie etwas verbessert werden.

Patienten mit Tumoren im Endstadium (Stadium IV) können in der Regel nicht mehr geheilt werden. Eine Chemotherapie kann die Lebenserwartung und Lebensqualität dieser Patienten erhöhen. Unbehandelt beträgt die Lebenserwartung in diesem Stadium 12 Monate, mit einer Chemotherapie zurzeit maximal etwa 24 Monate.

Darmkrebs-Patienten sind sowohl durch das Weiterwachsen des ursprünglichen Tumors als auch durch das spätere Auftreten weiterer Tumore gefährdet. Aus diesem Grund sind nach der Krebsbehandlung lebenslang regelmäßige Untersuchungen erforderlich.

20. Januar 2012

Die Fortschritte in der Diagnostik und Therapie der kolorektalen Karzinome (CRC) haben in den vergangenen 10 Jahren zu einer kontinuierlichen Abnahme der Sterblichkeit geführt. Unter dem Begriff Kolorektalkarzinom werden Dickdarm -, Rektum- und Analkarzinom zusammengefasst und auch im Krebsregister gemeinsam erfasst. Es gibt sowohl eine Leitlinie Kolorektales Karzinom (1) als auch separate Onkopedia-Leitlinienempfehlungen für das Kolonkarzinom (2) und das Rektumkarzinom (3).

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Unterschiedliche Therapiestrategien für das Kolon- und Rektumkarzinom

Der Hintergrund für die getrennte Betrachtung ist, dass Kolon- und Rektumkarzinom zwar viele Gemeinsamkeiten haben – so sind z.B 60-70% aller Kolorektalkarzinome histologisch Adenokarzinome. Allerdings unterscheidet sich die Therapiestrategie. Kolorektalkarzinome entstehen mit einer sehr breiten biologischen Vielfalt, weswegen man von einer heterogenen Krebserkrankung spricht. Bemerkenswert beim CRC ist, dass die Entstehung des Tumors (Pathogenese) und die Heilungsaussichten der Patient:innen auch davon abhängen, wo innerhalb des Dickdarms der Krebs auftritt.

Die Prognose von Patient:innen mit einem Kolorektalkarzinom oder CRC hängt zum einen vom Krankheitsstadium bei Erstdiagnose ab, zum anderen von bestimmten biologischen Risikofaktoren.

Während das mittlere Erkrankungsalter beim CRC meistens zwischen 70-75 Jahren liegt, also eher den älteren Menschen betrifft, können Personen mit genetischer Belastung (z.B. Patient:innen mit Lynch-Syndrom oder einer sog. Familiären Adenomatösen Polyposis (FAP)) bzw. mit entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn schon im frühen Erwachsenenalter an einem CRC erkranken.

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Therapiewahl durch Stadieneinteilung der Krebserkrankung

Die Therapie orientiert sich an den Stadien. Die Klassifikation, also die Einteilung der Erkrankung in Schwergrade, erfolgt auf Basis der sog. TNM-Kriterien. Hier fließen die Größe des Primärtumors und das Vorhandensein von Metastasen in die Beurteilung ein:

  • Ein Tumor in Stadium I und II weist keinen Lymphknotenbefall (Mikrometastasen) und keine sog. Fernmetastasen auf.
  • In Stadium III sind zwar Lymphknoten befallen, aber es hat noch keine Fernmetastasierung stattgefunden. Daher spricht man hier von einem  lokal fortgeschrittenen Stadium.  
  • Für die Stadien I-III gilt das Therapieziel Kuration (Heilung), das v.a. mit einer Operation, die keine Tumorreste übrig lässt (R0-Resektion) angestrebt wird. In Stadium III kann noch eine 5-Jahres-Überlebensrate von 65,4% erreicht werden (4).
  • Auch in Stadium IV gibt es eine Gruppe von Patient:innen (ca. 25%), die ein kuratives Potenzial haben. Für die Mehrzahl von Patient:innen im Stadium IV erfolgt nun jedoch die Behandlung im Sinne der Palliativmedizin. Das bedeutet, dass die Behandlung nicht auf die Heilung der Erkrankung, sondern auf die Symptomlinderung und unterstützende Maßnahmen (Supportivtherapie) ausgerichtet wird. Ab Stadium IV treten Fernmetastasen in einem oder mehreren Organen auf, v.a. in Lunge, Leber oder Bauchfell (Peritonealbefall).  Man spricht von einem metastasierten CRC. Auch in der palliativen Situation kann eine lokale Therapie von Metastasen, vor allem von Lebermetastasen, sinnvoll sein.

Für die medikamentöse Therapie im Stadium IV stehen sehr unterschiedliche Substanzen aus dem Bereich der Zytostatika, der monoklonalen Antikörper und der zielgerichteten Therapie (Target-Therapien) zur Verfügung. So kommen beispielsweise bei RAS-Wildtyp, d.h. bei nicht mutierten RAS-Gen, eine zielgerichtete Therapie (Anti-EGFR-Antikörper) zum Einsatz. Die optimale Kombination und Sequenz ist nach wie vor Gegenstand der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion. Der aktuelle Therapiealgorithmus für die metastasierte Situation ist in den Leitlinien nachzulesen (1-5).

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Operation von Metastasen bei fortgeschrittenem Darmkrebs

Ob die Leber- oder Lungenmetastasen resektabel sind, d.h. operiert werden können, entscheidet eine interdisziplinäre Tumorkonferenz. Der Patient sollte keine gravierenden anderen Erkrankungen (Komorbiditäten) haben und in gutem Allgemeinzustand sein.

Für die Operation einer Lebermetastase muss beachtet werden, dass sie nicht zu nahe an den großen Lebergefäßen sitzen darf. Für die operative Entfernung einer Lungenmetastase muss sichergestellt sein, dass der Patient nach der Operation noch genug pulmonales Residualvolumen hat, d.h. auch nach dem Ausatmen noch genug Luft zurückbehält, die die Lunge vor dem Kollabieren bewahrt. Alle diese Faktoren werden für die Entscheidung zur Resektion der Metastasen sorgfältig abgewogen.

Heilungschancen bei fortgeschrittenem Darmkrebs

Kann der Patient mit Lebermetastasen bzw. Lungenmetastasen  R0-operiert werden, ist also kein Resttumor mehr vorhanden, beträgt die krankheitsfreie Überlebensrate der Patient:innen nach 5 Jahren bis zu 50%, d.h. jeder zweite Patient hat mind. 5 Jahre keine krebsbedingten Symptome. Können bei einem CRC-Patient:innen alle Lebermetastasen entfernt werden, liegt die Heilungsrate derzeit bei 20-40%.

Trotz effektiver Primärtherapie und Fortschritten in der adjuvanten Behandlung (d.h. der unterstützenden Therapie z.B. mit Chemotherapie nach einer R0-Resektion) treten bei etwa 35-45% der Patient:innen Fernmetastasen auf.

Dabei ist die Rückfallrate in den ersten beiden Jahren nach Erstdiagnose am höchsten, nach > 5 Jahren sind Rückfälle selten. Bei einer Subgruppe der Patient:innen (solche mit einem sog. „hepatischen Rezidiv“) ist auch in dieser Situation eine Heilung möglich.

Fazit

Durch die operative Entfernung von Lebermetastasen wird einem bisher kleinen, aber wachsenden Anteil von Darmkrebspatient:innen die Chance auf Langzeitüberleben und damit auf Heilung eröffnet. Bei der Mehrheit der Betroffenen ist der Krebs zum Zeitpunkt der Diagnose allerdings bereits so weit fortgeschritten, dass eine Operation nicht mehr möglich ist. Diese Patient:innen sollten leitliniengerecht eine Therapie erhalten, die ihre Überlebenszeit bei guter Lebensqualität maximal verlängert und im Laufe der Behandlung darauf hin beobachtet werden, ob eine Metastasenresektion im Krankheitsverlauf doch noch möglich wird. Entscheidend für die Auswahl der Therapiestrategie in der palliativen Situation sind die Lebensqualität des Patient:innen, das mit ihm festgelegte Behandlungsziel, die vorherige Therapien sowie sein Alter. Auch die Biologie des Tumors (Vorhandene Mutationen, Lokalisation des Tumors) spielt eine große Rolle.

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Red. journalonko.de

Literatur:

(1) „S3-Leitlinie Kolorektales Karzinom Langversion von 2019, unter https://www.dgvs.de/wp-content/uploads/2019/01/LL_KRK_Langversion_2.1.pdf
(2) Onkopedia-Leitlinie Kolonkarzinom, Oktober 2018, unter https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/kolonkarzinom/@@guideline/html/index.html
(3) https://www.onkopedia.com/de/onkopedia/guidelines/rektumkarzinom/@@guideline/html/index.html
(4) Majek O, Gondos A, Jansen L et al.: Survival from colorectal cancer in Germany in the early 21st century. Br J Cancer 106:1875-1880, 2012. DOI:10.1038/bjc.2012.189
(5) Patientenleitlinie "Darmkrebs im metastasierten Stadium", „Leitlinienprogramm Onkologie“ der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V., der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. und der Stiftung Deutsche Krebshilfe, verfügbar unter https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/fileadmin/user_upload/Downloads/Patientenleitlinien/Patientenleitlinie_Darmkrebs-im-metastasierten-Stadium_v01-2020.pdf


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Ist Darmkrebs mit Metastasen in der Leber heilbar?

Auch im Stadium IV ist eine Heilung möglich: 8 bis 10 von 100 Patienten überleben die Darmkrebserkrankung. Selbst bei weit fortgeschrittener Tumorerkrankung mit Metastasen (Tochtergeschwülsten) können Patienten mit Darmkrebs noch geheilt werden.

Sind Lebermetastasen ein Todesurteil?

Lange galt das hepatisch metastasierte kolorektale Karzinom, also in die Leber metastasierter Darmkrebs, als nicht heilbare Erkrankung. Doch dank der rasanten Fortschritte in der chirurgischen Therapie des letzten Jahrzehnts kommen Lebermetastasen heute keinem Todesurteil mehr gleich.

Was passiert wenn Metastasen in der Leber sind?

Metastasen in der Leber gehen von Krebs in einem anderen Organ aus, zum Beispiel von Darmkrebs oder Brustkrebs. Tumorzellen können sich von ihrem Ursprungstumor ablösen und sich dann über das Blut oder die Lymphbahnen im Körper verteilen.

Kann Darmkrebs in die Leber streuen?

Darmkrebs siedelt sich am häufigsten in der Leber und in der Lunge ab. Die Tochtergeschwülste (Metastasen) werden in der Regel durch eine palliative Chemotherapie behandelt. Nur bei ca. 25 % der Betroffenen ist eine operative Entfernung in Hinblick auf Heilung sinnvoll.