Neben dem ‚baulich getrennten‘ Radweg stehen die Instrumente ‚Radfahrstreifen‘ und ‚Schutzstreifen‘ zur Auswahl, soweit überhaupt Radverkehrsanlagen erforderlich sind. Mit der StVO-Novelle vom 01.09.2009 wurden die Beschränkungen hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten des Schutzstreifens deutlich erweitert. Insbesondere gibt es nicht mehr wie früher eine ‚Rangfolge‘, nach der ein Schutzstreifen immer nur dann anzulegen wäre, wenn ein Radweg nicht möglich ist. Des weiteren gibt es keine expliziten Obergrenzen für die Verkehrsbelastungen mehr. Schutzstreifen sind auch in Straßen mit sehr hohem Verkehrsaufkommen einsetzbar. Ein ordentlicher Schutzstreifen ist allemal besser als ein schlechter baulicher Radweg. Ein schlechter Schutzstreifen ist aber auch nicht gut… 😉 Show
Wichtige Sicherheitskriterien für Schutzstreifen: Breite und SeitenraumViel wichtiger als die Verkehrsbelastung der Straße ist die Ausgestaltung des Schutzstreifens:
Straßenverkehrsordnung, Anlage 3 Nr. 22 Zu § 42 Abs. 2 StVO
Kein Sonderweg, sondern Teil der FahrbahnRadfahrer Sinnbild Der Schutzstreifen ist Bestandteil der Fahrbahn und bekommt deshalb *KEIN* blaues Schild (Z 237 StVO / „Lolli“), sondern das Sinnbild „Radfahrer“ (in weiß auf den Grund gemalt). Die Markierung mit dem Radfahrer-Piktogramm ist verpflichtend! Falls das Symbol fehlt, dürfte der Streifen auch kein Schutzstreifen sein. Autos dürfen den Schutzstreifen nur ausnahmsweise befahren, also z.B. zum Ausweichen wenn Lkw oder Busse entgegenkommen. (Beachte hierzu: Mindest-Restfahrbahnbreite, unten). Auf dem Schutzstreifen dürfen Kfz weder halten noch parken, siehe Nummer 3. Zuwiderhandlungen sind richtig teuer (Anm.: da der „neue“ Bußgeldkatalog 2020 nichtig sein soll, ist es derzeit noch billig). Falls die Behörden jedoch vergessen haben, die notwendigen Piktogramme zu markieren, dann ist der Streifen kein Schutzstreifen für Radfahrer und das Halten dürfte zulässig sein. Weil der Schutzstreifen ein Teil der Fahrbahn ist, gelten im übrigen die üblichen Regeln für Fahrbahnen. „Benutzungspflicht“ ? Nein – nur RechtsfahrgebotDas Verkehrszeichen 340 StVO „Leitlinie“ (Strich-Markierung) in der Ausprägung „Schutzstreifen für Radfahrer“ richtet sich ausschließlich an die Kfz-Führer!!! Sie dürfen den Schutzstreifen nur bei Bedarf befahren. Gegenüber dem Radfahrer wird hingegen weder ein Gebot noch ein Verbot ausgesprochen, d.h. der Schutzstreifen als solches ist ohne Belang und begründet auch keine „Benutzungspflicht“ desselben (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 25.07.2018 – 12 LC 150/16 –). Die Vorinstanz hat es auf den Punkt gebracht:
Rechtsfahrgebot § 2 Abs 2 StVO: „Es ist möglichst weit rechts zu fahren, ….“ Der Radfahrer muss sich einzig und allein an das Rechtsfahrgebot halten. Da der Schutzstreifen rechts auf der Fahrbahn markiert ist, wird sich der Radfahrer bei einem hinreichend breiten Schutzstreifen deshalb irgendwie im rechten Bereich der Fahrbahn, also zumeist auch (teilweise) innerhalb des Schutzstreifens einsortieren müssen — aber eben nur wegen des Rechtsfahrgebotes.
Überhol-Abstand der KfzMit der StVO-Novelle 2020 (gültig seit 28.04.2020) wurde in § 5 Abs. 4 S. 3 StVO ein Mindest-Überholabstand von 1,50 Meter zu Radfahrern durch Kfz innerorts vorgeschrieben. Dieser Seitenabstand von 1,50 Meter ist auch bei Schutzstreifen erforderlich! Die Schutzstreifen-Markierung ist KEIN Hinweis an den Kfz-Führer, dass er bis an die Linie heranfahren darf, wenn er Radfahrer überholt!!!! Da die Kfz-Führer in der Praxis umso mehr an die Linie heranfahren, je mehr Platz die Radfahrer lassen, sollte man als Radfahrer also immer darauf achten, dass man nicht zu weit rechts fährt! (Das Rechtsfahrgebot verlangt NICHT, sich in Gefahr zu bringen). Die Abstand-Regel gilt aber NICHT, wenn Radfahrer an einer wartenden Kfz-Schlange vorbeifahren, § 5 Abs. 4 S. 4 StVO VwV-StVO / Allg. VerwaltungsvorschriftVwV zu § 2 StVO
Mindest-StraßenbreiteIn der ERA Ausg. 2010 bzw. der RASt Ausg. 2006 wird von einer Mindest-Restfahrbahnbreite größer/gleich 4,50 Meter ausgegangen. Das ist wohl veraltet und nicht mehr mit den (verbindlichen!) Verwaltungsvorschriften zur StVO vereinbar. Denn die VwV schreibt vor, dass eine Mitbenutzung durch Kfz „nur in seltenen Fällen“ erforderlich sein darf. Wenn die Restfahrbahn aber zu schmal ist, dann muss der Schutzstreifen nicht nur in seltenen Fällen (Lkw, Bus), sondern **im Regelfalle** bei Begegnungen von Pkw befahren werden. Das ist nicht zulässig.
Allerdings gehen RASt und ERA von völlig veralteten Kfz-Breiten aus. In beiden Regelwerken sind die Bemessungsfahrzeuge seit 30 Jahren unverändert klein. In der Praxis sind heutige „Pkw“ jedoch so breit wie Kleinlaster. Deshalb reicht die Restfahrbahnbreite von 4,50 Meter nicht aus. Die Oberste Verkehrsbehörde in Niedersachsen teilte deshalb mit, dass eine Mindest-Restfahrgasse von 5,00 m vonnöten sei, denn andernfalls würde die Mitbenutzung des Schutzstreifens durch Kfz zum Regelfall. Zuzüglich der Regel-Schutzstreifenbreite 1,50 m ist man bei einer Mindest-Fahrbahnbreite von 8,00 Metern im Falle beidseitiger Schutzstreifen . — Bei uns im Landkreis Diepholz gibt es kaum dermaßen breite Straßen. Andererseits: Die Oberste Straßenverkehrsbehörde in Baden-Württemberg lässt ein Hintertürchen offen auf dem Wege der Ausnahmegenehmigung im Einzelfall. In BW hat es eine Untersuchung zur Anwendbarkeit von sehr schmalen Restfahrbahnbreiten gegeben, und deshalb soll sowas unter streng kontrollierten Bedingungen zumindest nicht ausgeschlossen sein. Das Halten und somit auch das Parken auf dem Schutzstreifen ist verboten – Radfahrer und Elektrokleinstfahrzeuge dürfen dort aber sehr wohl halten, siehe Zeichen 340 StVO, Ge- oder Verbot, Nr. 3.
Im Übrigen sind die Bußgelder für das ordnungswidrige Halten+Parken auf Schutzstreifen grottig hoch. Das ist einerseits in Ordnung, andererseits wird man abwarten müssen, was mit den ganzen Paketdiensten im Innerstädtischen Bereich passiert….. ich möchte kein Auslieferungsfahrer sein. (Anm.: wegen des angeblichen „Zitierfehlers“ wenden die Bußgeldstellen den neuen Bußgeldkatalog v. 29.4.2020 nicht an) Kfz dürfen Schutzstreifen i.d.R. nicht benutzenWie oben gesagt, richtet sich der Schutzstreifen an die Autofahrer: „Hier darfst Du nur bei wirklichem Bedarf fahren“. Je nach Stadt / Ort / Land ist das Verständnis der Autofahrer weniger ausgeprägt. Außerorts sind Schutzstreifen *derzeit* nicht erlaubtEs gab vor Jahren einen „Modellversuch Schutzstreifen außerorts“. Der führte aber nicht dazu, dass Schutzstreifen außenorts in die StVO übernommen worden wären. Was hingegen gemacht wird, wenngleich es in der StVO auch nicht so richtig geregelt ist, sind „Entwurfsklasse 4„-Markierungen. Was muss ich in einer Allee beachten?Sollte es in der Allee zu Gegenverkehr kommen, musst du anhalten können, um das entgegenkommende Fahrzeug somit leichter an dir vorbeifahren zu lassen. Durch die Nähe der Bäume zur Straße musst du mit Unebenheiten durch die Wurzeln rechnen. Hier solltest du besonders langsam und vorsichtig fahren.
Warum sollten Sie hier die Geschwindigkeit weiter verringern?Es befindet sich bereits eine Person auf der Fahrbahn. Hier ist besondere Vorsicht geboten. Es ist ebenfalls möglich, dass noch weitere Personen aus dem Fahrzeug aussteigen und auf die Fahrbahn laufen.
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