Wann kam spiel mir das lied vom tod ins kino

Heute gilt der Film als Meilenstein der Filmgeschichte und des Westerngenre und erfreut sich besonders in Deutschland einer hohen Popularität. Als der Film jedoch damals im Kino startete war er weltweit jedoch ein finanzieller sowie Kritiker-Flopp

Inhaltsverzeichnis

  • 1 Handlung
  • 2 Besetzung
  • 3 Trivia
  • 4 Videos

Handlung

Der Farmer McBain hat eine riskante und lukrative Abmachung mit dem Eisenbahnunternehmer Morton über die Fertigstellung eines Bahnhofes. Morton kennt jedoch keine Skrupel und beauftragt den Gangster Frank, McBain und seine Kinder umzubringen. Kurz darauf taucht McBains neue Ehefrau Jill an der Station auf. Sie versucht, die Arbeit fortzusetzen. Hilfe erhält sie dabei von einem mysteriösen, namenlosen Mundharmonikaspieler, der seine eigenen Pläne hat.

Ein netter Junge als Schurke, ein ziemlich kaputter Jäger und eine überirdisch schöne Ex-Hure: Mit Sergio Leones „Spiel mir das Lied vom Tod“ begann im August 1969 für den Western ein neues Kapitel. Das lag auch an der Titelmelodie.

Veröffentlicht am 14.08.2022 | Lesedauer: 6 Minuten

Wann kam spiel mir das lied vom tod ins kino

Von Philip Cassier

Textchef ICON / Welt am Sonntag

Wann kam spiel mir das lied vom tod ins kino

Wann kam spiel mir das lied vom tod ins kino

14. August 1969: Der Western "Spiel mir das Lied vom Tod" mit Charles Bronson (1921–2003) in der Hauptrolle läuft in den deutschen Kinos an

Quelle: picture alliance/United Archives

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Nach allem menschlichen Ermessen ist der Mann, der da verdreckt in der Prärie steht, am Ziel: Er hat den Typen umgebracht, der einst aus purem bösem Willen versucht hatte, sein Leben schon im Kindesalter zu zerstören. Nun hat er eine Frau vor sich, die gerade dabei ist, einen Ort mit dem Namen Sweetwater aufzubauen. Ihre Schönheit entzieht sich allen Begriffen, als sie sagt: „Sweetwater wartet auf dich.“ Und er? Schweigt einen Moment lang, bevor er antwortet: „Irgendeiner wartet immer.“ Dann macht er sich davon, seinen sterbenden Kumpel auf dem Pferd hinter sich.

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Manche Filme unterhalten. Manche Filme provozieren. Manche Filme nerven. Aber es gibt nur ganz wenige, nach denen der Zuschauer mit einem anderen Bild von der Welt im Kopf aus dem Kino stolpert. Und auch wenn das längst nicht bei jedem der Fall war, der Sergio Leones Western „Spiel mir das Lied vom Tod“ sah, so sollte der Anteil jener zutiefst Beeindruckten besonders hoch gewesen sein. Schon bei seiner Premiere am 14. August 1969 stand für die allermeisten Anwesenden fest, etwas Außergewöhnlichem beigewohnt zu haben.

Wann kam spiel mir das lied vom tod ins kino

Böser Versuchsaufbau: Wenn der Junge zusammenbricht, stirbt sein Bruder, der auf seinen Schultern steht, durch den Strang. Foto von einer Probe

Quelle: picture alliance/United Archives

Selbstredend hat es immer etwas von rückwärtsgewandter Prophetie, solche Erfolge im Nachhinein zu erklären. Trotzdem müssen die Beteiligten so ausgezeichnete Arbeit geleistet haben, andernfalls gelänge es ihnen kaum, bis heute Menschen jeden Alters für das Werk einzunehmen. Was sicher zuerst an den Schauspielern lag: Wer Claudia Cardinale dabei zusieht, wie sie als Ex-Hure Jill McBain am Bahnhof ankommt und bemerkt, dass der Mann nicht da ist, der sie abholen wollte, der wird den Film schon wegen dieser einen Sequenz nicht mehr völlig misslungen finden.

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Die Handlung ist nicht überkomplex, erstreckt sich aber über mehr als drei Stunden; ein Kritikpunkt, manchen Zuschauern kam die Produktion langatmig vor. Andere genossen gerade diese langsame Erzählweise, die sich um einen schweigsamen Revolvermann ohne Namen rankt. Offenkundig durchstreift er den Westen auf der Suche nach einem Bösewicht namens Frank, der in Diensten der Eisenbahn am liebsten mit seinem Schießprügel kommuniziert.

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Der Jäger hat eine Mundharmonika dabei: Auf der spielt er immer wieder ein paar Töne, die wie der Lockruf des Verderbens klingen. Hier und da laufen sich die beiden über den Weg, der Schurke will den Namen wissen, doch der Mundharmonika-Mann zählt immer nur Leute auf, die der Gejagte umgebracht hat.

Bis zum finalen Duell werden immer wieder Erinnerungsfetzen des Mundharmonikaspielers eingeblendet, in der eine jüngere Version des Schurkens zu sehen ist. Bis zum finalen Schuss vervollständigt sich das Bild: In einer Rückblende ist zu erkennen, wie Frank den Bruder des jungen Namenlosen mit dessen Hilfe ermorden ließ: Der Bruder musste sich mit dem Hals in einer Schlinge auf die Schultern des Namenlosen stellen, Frank steckte ihm eine Mundharmonika in den Mund und sagte: „Spiel’ es, spiel’ mir das Lied vom Tod.“ Dann sah Frank mit einigen anderen Banditen so lange fröhlich zu, bis der Junge entkräftet zusammenbrach und damit seinen Bruder erhängte; zwischendurch hatte der Atem des Jungen immer wieder Töne auf der Mundharmonika produziert.

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So richtig nett ist dieser Typ nicht: Henry Fonda kümmert sich in seiner Rolle als Frank um die Ex-Prostituierte Jill McBain (Claudia Cardinale)

Quelle: picture alliance/United Archives

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Diesen Blick in den finstersten Abgrund der menschlichen Seele unterlegte der Komponist Ennio Morricone mit einer Musik, die schon für sich genommen Tränen rechtfertigt. Die Nebenhandlung mit dem Eisenbahnbau und der Frau, die von ihrem ermordeten Mann die Aufgabe erbt, eine Stadt rund um einen Bahnhof zu errichten, ist ebenfalls völlig schlüssig. Und noch dazu war „Spiel mir das Lied vom Tod“ einer jener Western, die mit dem klassischen Gut/Böse-Schema des Genres neu arbeitete: In John-Wayne Filmen, gab es einen Helden, das Gute siegte, das Böse kam weg, Peng, Basta, Bingo.

Doch diesmal sind alle Charaktere gebrochen, der ganze Streifen ist eine Welt von Grauzonen ohne Erlösung. Man kann trefflich darüber spekulieren, ob das 1969 nicht gut in eine Zeit passte, in der das Vietnam-Fiasko immer deutlicher im Fernseher nachzuverfolgen war und es neben dauerbreiten Hippies eben auch die Familie eines gewissen Charles Manson gab.

Die Besetzung war teilweise improvisiert: Eigentlich sollte Clint Eastwood mitwirken, aber der hatte keine Zeit. In die Rolle des Erzschurkens Frank schlüpfte Henry Fonda – für die Zuschauer eine große Überraschung, er war bis dahin in Hollywood immer für die netten Kerle zuständig gewesen. Claudia Cardinale wiederum erwies sich als eine der besten Ideen in der Filmgeschichte: Es gibt noch immer Zeitgenossen, die felsenfest behaupten, auf der Welt habe 1969 kein Mann existiert, der nach Ansicht des Films nicht unsterblich in sie verliebt gewesen sei.

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Für Charles Bronson wiederum war die Darstellung des Namenlosen einerseits der ganz große Durchbruch, andererseits gelang es ihm künstlerisch nie mehr, an seine Leistung anzuknüpfen. In Streifen wie „Ein Mann sieht rot“ ballerte er sich in den 1970er-Jahren durch mickrige Handlungen, deren Moral stets darin bestand, dass der Polizei zu wenige Waffen hatte und die Bürger die Sache selbst in die Hand nehmen mussten.

Doch das war bei den Dreharbeiten zu dem Western noch nicht absehbar. Wirklich rund lief’s am Set Augenzeugen zufolge keineswegs. Claudia Cardinale entpuppte sich als nicht durchgehend so entzückend wie ihr Filmcharakter Jill McBain, der Nebendarsteller Al Mulock stürzte sich in seinem Filmkostüm mit tödlichen Folgen aus dem Fenster – und Jason Robards in der Rolle des Cheyenne kämpfte dem Vernehmen nach derartig mit der Flasche, dass er nur wenige Stunden pro Drehtag einsatzfähig gewesen sein soll.

Noch dazu hatten die Locationscouts im ziemlich versagt. Zu Beginn befand sich das Ensemble in Utah und Arizona, vor allem im Monument Valley, wo bereits Regisseur John Ford viele bedeutende Western gefilmt hatte. Doch es gab Schwierigkeiten mit der US-Crew, und es standen zu viele Telegraphenmasten im Weg. Daher zog man mit der Produktion weiter nach Europa in die Cinecittà-Studios nach Rom. Die Außenaufnahmen fanden in der Desierto de Tabernas nahe Almería in Spanien statt.

Wann kam spiel mir das lied vom tod ins kino

Das Ende: Der Namenlose mit der Mundharmonika (Charles Bronson) zieht schneller als der Schurke Frank (Henry Fonda)

Quelle: Getty Images

Dass im Endergebnis von diesen Strapazen keine Spur zu entdecken war, verdeutlicht vor allem, wie sehr man Werke von ihrer Entstehung trennen sollte und die Persönlichkeiten von Schauspielern von denen ihrer Filmcharaktere. Denn so viel steht fest: „Spiel mir das Lied vom Tod“ gehört zu den Giganten eines Genres, das viel Erinnerungswürdiges hervorgebracht hat.

Das gilt gerade in Deutschland: Dialoge für die Ewigkeit wie „Sweetwater wartet auf dich“ –„Irgendeiner wartet immer“ verdankt das Publikum der Synchronisation. Präzise aus dem Original übersetzt hätten die Zeilen gelautet: „Ich hoffe, du kommst wieder – irgendwann.“ – „Irgendwann.“ Und das ist – bei allem Respekt – für den Zuschauer nicht halb so cool wie die Erkenntnis, dass Charles Bronson hier auf die Frau aller Frauen verzichtet, weil ihm auch nach Filmschluss nie die Jungs zum Aufknüpfen ausgehen werden.

Hat der Film Spiel mir das Lied vom Tod einen Oscar bekommen?

"Spiel mir das Lied vom Tod": Oscar-Preisträger Ennio Morricone ist gestorben. Oscar-Preisträger Ennio Morricone ist gestorben. Er komponierte das berühmte Lied zum Film "Spiel mir das Lied vom Tod".

In welchem Ort spielt Spiel mir das Lied vom Tod?

Gedreht wurde der Film zu Beginn in Utah und Arizona, vor allem im Monument Valley, wo bereits Regisseur John Ford viele bedeutende Western filmte. ... Hinweis zu Partnerlinks..

Wie lange dauert Spiel mir das Lied vom Tod?

2 h 25 minSpiel mir das Lied vom Tod / Längenull