Was ist der unterschied zwischen bisoprololfumarat und ivabradin

Die Herzfrequenz basiert auf der spontanen Aktivität des Sinusknotens und wird entscheidend durch den Schrittmacherstrom I(f) bestimmt. Durch den I(f)-Kanal-Inhibitor Ivabradin (Procoralan®) kann die Herzfrequenz ohne Einfluss auf die kardiale Kontraktionskraft und ohne Blutdrucksenkung reduziert werden. Die Herzfrequenz stellt einen unabhängigen kardiovaskulären Risikofaktor und – vor allem bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit (KHK) – ein potenzielles therapeutisches Ziel dar. Klinische und experimentelle Arbeiten weisen darauf hin, dass die Herzfrequenz selbst, ohne andere Effekte autonomer Regulationsvorgänge, direkte Wirkungen auf strukturelle und funktionelle Eigenschaften des Herz-Kreislauf-Systems, vor allem auf das Gefäßsystem, ausübt. Tierexperimentelle Untersuchungen zeigen einen direkten Zusammenhang zwischen der Herzfrequenz und dem Ausmaß atherosklerotischer Gefäßläsionen. In verschiedenen klinischen Studien konnten eine antiischämische und antianginöse Wirkung von Ivabradin sowie eine Gleichwertigkeit von Ivabradin bei der symptomatischen Behandlung der stabilen KHK im Vergleich zu Betablockern und Calciumantagonisten gezeigt werden. Eine Kombinationsbehandlung mit Ivabradin und Betablockern ist sicher und bietet gegenüber einer reinen Beta-Rezeptorenblockade einen additiven symptomatischen Vorteil. Die Ergebnisse der BEAUTIFUL-Studie zeigen, dass eine Herzfrequenz von ≥70 Schlägen pro Minute bei Patienten mit einer ischämischen Kardiomyopathie das Risiko für koronare Ereignisse erhöht. In der Gesamtstudienpopulation hatte Ivabradin keinen Effekt auf den primären klinischen Endpunkt. In der Subgruppe der KHK-Patienten mit einer Ruheherzfrequenz von ≥70 Schlägen pro Minute verbesserte Ivabradin jedoch die Prognose durch Reduktion der Klinikaufnahmen aufgrund eines Myokardinfarkts sowie der erforderlichen Revaskularisierungsmaßnahmen. Die Daten der SHIFT-Studie belegen den Stellenwert der Herzfrequenz als Risikofaktor und Therapieziel für Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz. Zusätzlich zu einer leitliniengerechten medikamentösen Therapie reduzierte Ivabradin bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz die Häufigkeit von Klinikeinweisungen aufgrund einer klinischen Verschlechterung und durch Herzinsuffizienz bedingter Todesfälle.
Arzneimitteltherapie 2010;28:294–304.

Physiologische und pathophysiologische Bedeutung der Herzfrequenz

Die Herzfrequenz wird im Wesentlichen über Aktivitätsänderungen des sympathischen und parasympathischen Nervensystems reguliert. Bei körperlicher Belastung kommt es durch Zunahme des Sympathikotonus, insbesondere aber durch Abnahme des Vagotonus zu einer Steigerung der Herzfrequenz. Eine Steigerung der Herzfrequenz stellt daher einen Mechanismus dar, mit dem das Herz-Kreislauf-System die kardiale Auswurfleistung einem gesteigerten Bedarf anpasst.

Die Herzfrequenz determiniert neben der myokardialen Wandspannung und der Kontraktilität die myokardiale Energetik und den myokardialen Sauerstoffverbrauch (MVO2). Sie ist maßgeblich am Herzminutenvolumen beteiligt (Produkt aus Schlagvolumen und Herzfrequenz). Eine Zunahme des Herzminutenvolumens erfolgt in erster Linie durch Steigerung der Herzfrequenz. Unter physiologischen Bedingungen besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Herzfrequenz und der Herzkraft (Bowditch-Effekt), umgekehrt wirkt eine Abnahme der Frequenz negativ inotrop. Durch die positive Kraft-Frequenz-Beziehung kommt es bei steigender Herzfrequenz zu einem Anstieg der Kontraktionskraft.

Der Blutfluss in den Koronararterien wird durch den Druck-Gradienten zwischen diastolischem Aortendruck und rechtsatrialem Druck und die Dauer der Diastole bestimmt. Beide Faktoren, sowohl der Druckgradient als auch die Dauer der Diastole, sind Bestandteile des diastolischen Druck-Zeit-Integrals, das die wesentliche treibende Kraft für den koronaren Blutfluss darstellt [1]. Die Koronardurchblutung erfolgt phasisch in Abhängigkeit vom Herzzyklus. Diese Diskontinuität beruht einerseits auf dem systolischen Anstieg und dem diastolischen Abfall des Myokarddrucks, die sich auf den Strömungswiderstand in den myokardialen Gefäßen auswirken, und andererseits auf den rhythmischen Änderungen des Aortendrucks, die den Strömungsantrieb beeinflussen. Aufgrund des hohen extravasalen (myokardialen) Drucks während der Systole werden vor allem endokardial gelegene Koronararterien des linken Ventrikels systolisch komprimiert. Die myokardiale Blutversorgung ist somit weitgehend auf die Diastole beschränkt [2]. Eine Zunahme der Herzfrequenz führt zu einer überproportionalen Reduktion der Diastolendauer und damit zu einer Verminderung der Zeitspanne, in der der Herzmuskel (vor allem endokardial) durchblutet wird. Unter physiologischen Bedingungen wirkt sich dieser Nachteil nicht aus, da der größte Teil der Durchblutung zu Beginn der Diastole erfolgt und vor allem die autoregulatorische metabolische Vasodilatation der Koronargefäße die frequenzbedingte Verkürzung der diastolischen Durchblutung kompensiert [3].

Die pathophysiologische Bedeutung der Herzfrequenz kommt vor allem bei der koronaren Herzerkrankung (KHK) zum Tragen, da sie beide Seiten der kardialen „Sauerstoffbalance“, sowohl den Sauerstoffbedarf als auch das Sauerstoffangebot, direkt beeinflusst. Bei der stenosierenden KHK kommt es durch ein Missverhältnis zwischen Sauerstoffverbrauch und -angebot zu einer koronaren Insuffizienz und in der Folge zur Ischämie, die sich klinisch durch pektanginöse Beschwerden manifestiert. Bei Vorliegen hämodynamisch wirksamer Koronarstenosen ist die autoregulatorische Kapazität der koronaren Zirkulation weitgehend ausgereizt und daher nicht in der Lage, einen wesentlichen Mehrbedarf an Sauerstoff zu kompensieren. Unter diesen Bedingungen führt eine Steigerung der Herzfrequenz (oder präziser eine Reduktion der diastolischen Perfusionszeit) zu einer weiteren Kompromittierung der koronaren Durchblutung. In koronaren Gefäßabschnitten, in denen relevant stenosierte Koronarien über Kollateralarterien mit nicht stenosierten Gefäßen verbunden sind, kommt es im Falle einer regionalen Myokardischämie zu einer typischen Umverteilung von Blut zugunsten des gesunden Gefäßabschnitts auf Kosten des ischämischen Areals (Steal-Phänomen). Die Auswirkungen eines solchen Steal-Phänomens werden durch eine akzelerierte Herzfrequenz zusätzlich aggraviert [4, 5] (Abb. 1). Experimentelle Untersuchungen an Schweinen ergaben, dass eine medikamentöse Reduktion der Herzfrequenz zu einer Redistribution von Blut in das ischämische Areal und damit zu einer Verminderung der Ischämie führt [6].

Abb. 1. Effekte erhöhter Herzfrequenz auf den myokardialen Sauerstoffverbrauch und den koronaren Blutfluss in normal perfundiertem (gesundem) und ischämischem Myokard [mod. nach 5]. In koronaren Gefäßabschnitten, in denen relevant stenosierte Koronarien über Kollateralarterien mit nicht stenosierten Gefäßen verbunden sind, kommt es im Falle einer regionalen Myokardischämie zu einer typischen Umverteilung von Blut zugunsten des gesunden Gefäßabschnitts auf Kosten des ischämischen Areals (Steal-Phänomen).

Neben klinischen Untersuchungen weisen zahlreiche experimentelle Arbeiten darauf hin, dass die Herzfrequenz selbst, ohne andere Effekte autonomer Regulationsvorgänge, direkte Wirkungen auf strukturelle und funktionelle Eigenschaften des Herz-Kreislauf-Systems, vor allem auf das Gefäßsystem, ausübt. Klinische Studien zeigen für Populationen kardiovaskulär gesunder Patienten einen relevanten Zusammenhang zwischen einer unter Ruhebedingungen erhöhten Herzfrequenz und inflammatorischen Markern wie CRP, Fibrinogen und Leukozyten [7, 8]. Daten des I-SEARCH-Registers (International survey evaluating microalbuminuria routinely by cardiologists in patients with hypertension) weisen eine erhöhte Herzfrequenz als positiven Marker für die Prävalenz einer Mikroalbuminurie bei Patienten mit arterieller Hypertonie aus [9]. Darüber hinaus steigert eine beschleunigte Ruhefrequenz (>80 Schläge/min) bei Patienten mit einer koronaren Herzkrankheit das Risiko einer koronaren Plaqueruptur [10]. Tierexperimentelle Untersuchungen zeigen, dass die Herzfrequenz eine Schlüsselrolle im Rahmen der Atherogenese spielt. So konnten Beere und Kollegen nachweisen, dass die Reduktion der Herzfrequenz durch Ablation des Sinusknotens bei Cholesterin-gefütterten Affen zu einer deutlichen Abnahme koronarer atherosklerotischer Plaques führt [11].

Eine medikamentöse Reduktion der Herzfrequenz durch den I(f)-Kanal-Inhibitor Ivabradin führt zu einer Verbesserung der Endothelfunktion bei Cholesterin-gefütterten ApoE(Apolipoprotein E)–/–-Mäusen und verlangsamt die Entstehung atherosklerotischer Plaques [12, 13]. Darüber hinaus führt eine Herzfrequenzreduktion durch Ivabradin bei ApoE–/–-Mäusen auch zu einer Verbesserung der erektilen Funktion. Als wesentlicher zugrunde liegender Mechanismus konnte eine Verminderung von vaskulärem oxidativem Stress charakterisiert werden [12, 13].

Prognostische Bedeutung der Herzfrequenz

In zahlreichen epidemiologischen und klinischen Studien der vergangenen Jahre zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Herzfrequenz in Ruhe und der kardiovaskulären Sterblichkeit [14]. Dieser Zusammenhang besteht sowohl für Personen mit einem erhöhten kardiovaskulären Risikoprofil ohne etablierte kardiovaskuläre Erkrankungen als auch für Patienten mit arterieller Hypertonie, koronarer Herzerkrankung, nach Myokardinfarkt oder mit einer Herzinsuffizienz [15–21]. Die Herzfrequenz stellt demnach – entlang des kardiovaskulären Kontinuums (d. h. ausgehend vom kardiovaskulären Risikofaktor über den Myokardinfarkt bis hin zur chronischen Herzinsuffizienz) – einen relevanten, unabhängigen Risikofaktor dar. In mehreren prospektiven klinischen Studien wurde ein prognostischer Nutzen einer medikamentösen Herzfrequenzreduktion durch eine Therapie mit Betablockern bei Patienten nach Myokardinfarkt oder mit einer Herzinsuffizienz nachgewiesen. Der Effekt einer Beta-Rezeptorenblockade ist hierbei unabhängig vom verwendeten Arzneistoff und besteht auch nach Adjustierung anderer Kovariablen und Wirkungsmechanismen [22].

Vor dem Hintergrund der epidemiologischen und klinischen Daten wird in den aktuellen Leitlinien der europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) zur Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen die Herzfrequenz als potenzieller kardiovaskulärer Risikofaktor berücksichtigt [23]. Die Messung der Herzfrequenz sollte nach den Empfehlungen der European Society of Hypertension (ESH) aus dem Jahr 2006 nach einer 5-minütigen Ruhephase durch Pulspalpation in sitzender Position in zwei aufeinanderfolgende Messungen mit einer Messdauer von mindestens 30 Sekunden erfolgen (Tab. 1) [24].

Tab. 1. Empfehlungen zur Messung der Herzfrequenz [nach24]

– Mindestens 5 Minuten Ruhe vor der Messung

– Pulspalpation in sitzender Position

– Mindestens 30 Sekunden Messdauer

– Mindestens zwei Messungen in Folge

Der Schrittmacherstrom I(f) als zentrale Determinante der Herzfrequenz

Unter physiologischen Gegebenheiten wird der Herzschlag durch die Schrittmacheraktivität des Sinusknotens initiiert. In Zellen des Sinusknotens werden repetitiv Aktionspotenziale generiert. Am Ende jedes Aktionspotenzials, in der sogenannten Phase 4, kommt es zu einer langsamen diastolischen Depolarisation. Wird ein Schwellenpotenzial erreicht, folgt erneut ein Aktionspotenzial. Neben den Calciumkanälen ICa,L und ICa,T und dem Kaliumkanal IK ist der Schrittmacherstrom I(f) für die spontane diastolische Depolarisation verantwortlich. Der I(f)-Kanal ist ausschließlich während der Diastole geöffnet, während des Aktionspotenzials ist er geschlossen. I(f)-Kanäle sind Ionenkanäle, die erstmals 1979 von Brown und Mitarbeitern in Zellen des Sinusknotens beschrieben wurden [25]. Aufgrund der ungewöhnlichen Eigenschaften der Kanäle, speziell der Aktivierung durch Hyperpolarisation der Zellmembran (die meisten spannungsabhängigen Ionenkanäle öffnen sich bei Depolarisation), wurden sie mit „f“ für „funny“ bezeichnet. Darüber hinaus werden sie durch direkte Bindung von zyklischem Adenosinmonophosphat (cAMP) (nicht durch Phosphorylierung der Kanäle) gesteuert und sind sowohl für Natrium als auch für Kalium durchlässig. Auf molekularer Ebene bestehen I(f)-Kanäle aus mehreren transmembranären Untereinheiten. Aufgrund ihrer grundlegenden Eigenschaften wurden diese Kanäle „HCN“ (hyperpolarization-activated, cyclic nucleotide-gated) genannt. Bis heute wurden vier HCN-Isoformen charakterisiert [26].

Eine Modulation der Herzfrequenz erfolgt sowohl beta-adrenerg vermittelt über den Sympathikus (Steigerung) als auch muskarinerg vermittelt über den Parasympathikus (Abnahme). Auf zellulärer Ebene basiert diese Frequenzmodulation im Wesentlichen auf einer Änderung der Größe des Schrittmacherstroms I(f). Catecholamine wie Noradrenalin stimulieren die Aktivität der Adenylatcyclase, was eine vermehrte Bildung von zyklischem Adenosinmonophosphat zur Folge hat. cAMP wirkt direkt auf den I(f)-Kanal und erleichtert dessen Öffnung, indem es den Bereich der Aktivierungsspannung zu positiveren Werten verlagert. Eine Hemmung der cAMP-Bildung durch Acetylcholin oder Adenosin führt zu einer Verschiebung der Aktivierungsspannung zu negativeren Werten, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit einer Öffnung der I(f)-Kanäle verringert [26].

Herzfrequenzreduktion durch I(f)-Kanal-Hemmung

Über eine Abnahme des intrazellulären cAMP-Spiegels führen Betablocker indirekt zu einer Abnahme des Schrittmacherstroms I(f). Zu den spezifischen Inhibitoren des Schrittmacherkanals I(f) zählen Alinidin, Zatebradin, ZB-7288 und Ivabradin. Letzteres hat jedoch bislang als einziger I(f)-Kanal-Inhibitor Eingang in die klinische Therapie gefunden. Ivabradin hemmt I(f)-Kanäle dosisabhängig und tritt von der intrazellulären Seite in den Kanal ein. Es kann nur dann an den Kanal binden, wenn dieser geöffnet ist. Ivabradin weist eine hohe Selektivität für den I(f)-Kanal auf und vermindert primär die Anstiegssteilheit der diastolischen Depolarisation. Letztlich führt es zu einer reinen Frequenzmodulation und Reduktion der Schlagaktivität von Schrittmacherzellen des Sinusknotens, ohne die Dauer oder Morphologie des Aktionspotenzials zu verändern (Abb. 2). Dementsprechend hat Ivabradin keine negativ inotropen oder dromotropen Effekte und bewirkt keine Blutdrucksenkung [27].

Abb. 2. Die Hemmung des I(f)-Kanals durch Ivabradin führt zu einer reinen Frequenzreduktion ohne Änderung der Morphologie des Aktionspotenzials [mod. nach 27]

Zugelassen ist Ivabradin (Procoralan®) zur symptomatischen Behandlung der chronischen Angina pectoris bei KHK-Patienten mit normalem Sinusrhythmus

  • wenn Betablocker nicht vertragen werden oder kontraindiziert sind und
  • in Kombination mit einem Betablocker bei Patienten, die unter optimaler Betablocker-Dosis eine unzureichende Frequenzlimitation (>60 Schläge/min) aufweisen.

Pharmakokinetik und Verträglichkeit von Ivabradin

Zu Beginn einer Therapie mit Ivabradin wird eine Dosierung von 2-mal 5 mg pro Tag empfohlen (Ausgangsherzfrequenz ≥60/min). Die Dosis kann nach etwa 3 Wochen, wenn die Ruheherzfrequenz weiterhin über 60/min liegt, auf 2-mal 7,5 mg pro Tag gesteigert werden.

Die mittlere orale Bioverfügbarkeit liegt bei etwa 40%. Maximale Plasmakonzentrationen werden etwa 1,5 Stunden nach Einnahme erreicht. Der wesentliche Teil der Metabolisierung erfolgt in der Leber und im Darm über das Cytochrom-P450-Isoenzym 3A4 (CYP3A4), wobei Ivabradin keinen hemmenden Einfluss auf das Enzym ausübt, so dass der Abbau anderer Arzneistoffe nicht beeinflusst wird. Die Ausscheidung erfolgt zu gleichen Teilen über Fäzes und Urin. Bei Patienten mit einer Nierenfunktionsstörung ist bis zu einer Creatinin-Clearance >15 ml/min keine Dosisanpassung erforderlich.

Die häufigsten Nebenwirkungen sind visuelle Lichtphänomene, sogenannte Phosphene, also kurze Momente erhöhter Helligkeit im Sichtfeld, die sich durch Effekte von Ivabradin auf den Netzhautstrom I(h) erklären lassen. In einer Studie verschwanden diese Sehveränderungen jedoch bei etwa 77% der betroffenen Patienten noch während der Therapie [28]. Als substanzspezifische unerwünschte Wirkung kann eine Sinusbradykardie auftreten. Da Ivabradin jedoch frequenzabhängig wirkt („use dependence“), mit stärkerer Frequenzreduktion bei hoher Sinusfrequenz, ist das Risiko für eine Bradykardie relativ niedrig. Schwere Bradykardien (<40 Schläge/min) wurden in den bislang verfügbaren klinischen Untersuchungen nur selten beobachtet. Ivabradin hat keine Wirkung auf die AV-Überleitung oder die intraventrikuläre Leitung. Die QT-Zeit wird ebenfalls nur frequenzabhängig verändert, die frequenzkorrigierte QT-Zeit bleibt unbeeinflusst. Ivabradin hat keine blutdrucksenkende oder bronchoobstruktive Wirkung [29].

Herzfrequenzsenkung als Grundprinzip der Behandlung der stabilen Angina pectoris

Eine Herzfrequenzreduktion vermindert den myokardialen Sauerstoffbedarf und steigert die myokardiale Blutversorgung. Eine solche Optimierung der Beziehung zwischen Bedarf und Angebot ist ein grundlegendes Ziel bei der medikamentösen Behandlung der koronaren Herzerkrankung. Als Goldstandard für die medikamentöse Therapie der koronaren Herzerkrankung gelten bislang vor allem beta1-selektive Betablocker, die durch eine Reduktion der Herzfrequenz sowie durch negativ inotrope Eigenschaften zu einer verbesserten Perfusion in poststenotischen Myokardanteilen führen [30]. Eine Beta-Rezeptorenblockade beinhaltet neben den positiven Effekten jedoch auch potenzielle Nachteile. So führen die negativ inotropen Wirkungen des Betablockers auch zu einer Verminderung der Kontraktilität und unter Belastung zu einer verlängerten Systolendauer auf Kosten einer verkürzten Diastole. Darüber hinaus haben Betablocker negativ lusitrope Eigenschaften, das heißt sie bewirken eine Reduktion der isovolumetrischen Relaxation, was zu einer Verminderung des koronaren Perfusionsdrucks führt. Als ein weiterer nachteiliger Effekt einer Beta-Rezeptorenblockade wird eine mögliche Demaskierung einer alpha-adrenergen koronaren Vasokonstriktion diskutiert [31]. Über die genannten Effekte hinaus haben Betablocker weitere unerwünschte Wirkungen (Auslösung einer Bronchokonstriktion, periphere Vasokonstriktion, prodiabetische Effekte, zentralnervöse Nebenwirkungen) die eine klinische Anwendung bei einer Vielzahl von Patienten einschränken. Gegenüber dem Prinzip der Beta-Rezeptorenblockade bietet eine Behandlung mit einem I(f)-Kanal-Hemmer potenzielle Vorteile. Durch die selektive Wirkung am Sinusknoten induziert Ivabradin eine Frequenzreduktion und eine Verlängerung der Diastole, was im Gegensatz zum Betablocker jedoch nicht zu einer Verlängerung der isovolumetrischen Relaxation und konsekutiv vermindertem koronarem Perfusionsdruck führt. Darüber hinaus induziert der I(f)-Kanal-Inhibitor keine negativ inotropen Wirkungen, was insbesondere in Belastungsphasen zum Erhalt der linksventrikulären Inotropie beiträgt.

Mehrere randomisierte, kontrollierte klinische Studien lieferten den Nachweis einer antiischämischen und antianginösen Wirkung von Ivabradin bei KHK-Patienten. Eine Studie von Borer und Kollegen hatte neben der Dosisfindung die Untersuchung der antiischämischen und antianginösen Wirkung von Ivabradin im direkten Vergleich mit Plazebo zum Ziel [28]. 360 Patienten mit dokumentierter stabiler Angina pectoris wurden auf vier Behandlungsarme randomisiert und erhielten über 2 Wochen verblindet entweder Ivabradin (2-mal täglich 2,5 mg, 5 mg oder 10 mg) oder Plazebo. Nach 2 Wochen folgte eine 2- bis 3-monatige (unverblindete) Behandlung mit 2-mal 10 mg Ivabradin. Primäre Studienendpunkte waren die Zeit bis zum Eintreten einer 1-mm-ST-Streckensenkung und die Zeit bis zum Auftreten limitierender Angina pectoris im Belastungs-EKG. Während der doppelblinden Studienphase kam es in den drei mit Ivabradin behandelten Studiengruppen im Vergleich zu Plazebo zu einer signifikanten dosisabhängigen Reduktion der Herzfrequenz sowohl unter Ruhebedingungen als auch unter maximaler Belastung. Unter 5 und 10 mg Ivabradin war die Zeit bis zum Auftreten einer 1-mm-ST-Streckensenkung signifikant gegenüber Plazebo verlängert; die Zeit bis zum Auftreten limitierender Angina pectoris war unter allen Ivabradin-Dosierungen im Vergleich zu Plazebo verlängert, der Unterschied war allerdings nur unter zweimal 10 mg Ivabradin pro Tag signifikant. Die im Rahmen des doppelblinden Studienabschnitts erzielten Wirkungen zeigten sich gleichsinnig auch unter Open-Label-Bedingungen. Nach Absetzen der Studienmedikation ergaben sich keine Hinweise auf ein Rebound-Phänomen, wie es beispielsweise für Betablocker beschrieben ist.

Im Rahmen der doppelblinden, randomisierten INITIATIVE-Studie (International trial on the treatment of angina with ivabradine vs. atenolol) wurde die antianginöse und antiischämische Effektivität von Ivabradin und dem Betablocker Atenolol verglichen [32]. Insgesamt 939 Patienten mit stabiler Angina pectoris wurden randomisiert einer 4-wöchigen Behandlung mit entweder 2-mal 5 mg Ivabradin oder 1-mal 50 mg Atenolol zugeteilt. Nachfolgend erhielten sie über einen Zeitraum von 12 Wochen eine höhere Ivabradin-Dosis (2-mal 7,5 mg oder 2-mal 10 mg) oder 1-mal 100 mg Atenolol. Nach 4 und 16 Behandlungswochen erfolgte ein Belastungstest mittels Laufbandergometrie. Primärer Studienendpunkt war die Änderung der Gesamtbelastungsdauer zum Zeitpunkt des Medikamenten-Talspiegels nach 16 Wochen im Vergleich zum Studienbeginn. In dieser als Nicht-Unterlegenheitsstudie angelegten klinischen Untersuchung konnte Ivabradin die Herzfrequenz dosisabhängig in vergleichbarem Ausmaß senken wie Atenolol. Hinsichtlich der Belastungsdauer, der Zeit bis zum Auftreten limitierender Angina pectoris und der Zeit bis zum Auftreten einer 1-mm-ST-Streckensenkung erwies sich Ivabradin Atenolol zu beiden Messzeitpunkten als gleichwertig und erfüllte die Kriterien der Nicht-Unterlegenheit. In Bezug auf eine Reduktion der wöchentlichen Angina-Attacken waren 2-mal 7,5 mg und 2-mal 10 mg Ivabradin ebenso effektiv wie die Zieldosis des Betablockers.

In einer weiteren doppelblinden, randomisierten klinischen (Nicht-Unterlegenheits-)Studie wurde die antiischämische Wirkung von Ivabradin im Vergleich mit dem Calciumantagonisten Amlodipin untersucht [33]. 1135 Patienten mit stabiler Angina pectoris erhielten 3 Monate lang 2-mal täglich 7,5 mg oder 10 mg Ivabradin oder 1-mal täglich 10 mg Amlodipin. Primärer klinischer Endpunkt war die Änderung der maximalen Belastungsdauer in der Fahrradergometrie zwischen Studieneinschluss und Studienende. In beiden Ivabradin-Gruppen konnte die Gesamtbelastungsdauer in einem mit der Amlodipin-Gruppe vergleichbaren Ausmaß verbessert werden (p<0,001 für Nicht-Unterlegenheit).

Nach dem Nachweis der klinischen Wirksamkeit von Ivabradin bei Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit sowie der Gleichwertigkeit der Substanz im direkten Vergleich mit einem Betablocker und einem Calciumantagonisten wurde in der ASSOCIATE-Studie die Frage nach einem additiven Nutzen einer Ivabradin-Behandlung zusätzlich zu einer bestehenden Betablocker-Therapie untersucht [34]. In die doppelblinde Studie waren 889 Patienten mit stabiler Angina pectoris eingeschlossen, die mit täglich 50 mg Atenolol behandelt wurden. Die Patienten erhielten zusätzlich zum Betablocker täglich 2-mal 5 mg Ivabradin oder Plazebo, nach zwei Monaten wurde die Dosierung in der Ivabradin-Gruppe für weitere 2 Monate auf 2-mal 7,5 mg erhöht. Belastungstests mittels Laufbandergometrie erfolgten vor Beginn der Studie und nach 2 und 4 Monaten. Primärer Studienendpunkt war die Veränderung der Belastungsdauer (Vergleich Studienbeginn vs. 4 Monate). In der Gruppe der mit Ivabradin behandelten Patienten stieg die Belastungsdauer um durchschnittlich 24,3 Sekunden (±65,3 s), in der Plazebo-Gruppe um 7,7 Sekunden (±63,8 s; p<0,001) (Abb. 3). Die Kombination aus Betablocker und I(f)-Kanal-Inhibitor wurde insgesamt gut vertragen. Als häufigste Nebenwirkung wurden Bradykardien angegeben (Ivabradin+Betablocker: 19 Patienten, Plazebo+Betablocker: 2 Patienten). Bradykardien wurden auch als häufigster Grund für einen Studienabbruch genannt. Symptomatische Bradykardien traten allerdings nur bei 1,1% der Patienten auf.

Abb. 3. Änderungen der ergometrischen Belastungstoleranz zwischen Studienbeginn und Monat 2 (M2) sowie zwischen Studienbeginn und Monat 4 (M4) nach Randomisierung in der ASSOCIATE-Studie [nach 34]

Frequenzreduktion bei KHK und linksventrikulärer Dysfunktion

Die BEAUTIFUL-Studie

Daten großer klinischer Studien belegen die Bedeutung der Herzfrequenz für die Prognose herzinsuffizienter Patienten sowie für Patienten nach einem Myokardinfarkt und zeigen eine Reduktion der Sterblichkeit durch eine Beta-Rezeptorenblockade. In der klinischen Praxis lässt sich jedoch durch den alleinigen Einsatz eines Betablockers häufig keine ausreichende Frequenzreduktion erzielen. Eine Subgruppenanalyse der EPHESUS-Studie (Eplerenone post-acute myocardial infarction heart failure efficacy and survival study) ergab, dass bei einem überwiegenden Teil der Risikopatienten nach einem Myokardinfarkt trotz optimaler Betablocker-Therapie die Herzfrequenz nicht auf <70 Schläge pro Minute gesenkt werden konnte [35]. Daten des Euro Heart Survey belegen zudem, dass mehr als 50% der Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung eine Ruheherzfrequenz von >60 Schlägen pro Minute aufweisen [36]. Bei Patienten mit einer schweren Herzinsuffizienz ist es trotz einer vorsichtigen Dosistitration des Betablockers aufgrund limitierender Faktoren, wie zu niedriger Blutdruckwerte oder pulmonaler Funktionseinbußen, oft nicht möglich, die angestrebte Zieldosis zu erreichen. Vor diesem Hintergrund stellt die Möglichkeit einer additiven Frequenzlimitation durch Ivabradin, zusätzlich zur Beta-Rezeptorenblockade, einen neuen potenziellen Therapieansatz dar.

Die Rationale der BEAUTIFUL(Morbidity-mortality evaluation of the If inhibitor ivabradine in patients with coronary disease and left-ventricular dysfunction)-Studie war die Frage, ob durch eine selektive Herzfrequenzreduktion durch Ivabradin zusätzlich zur Standardtherapie Mortalität und Morbidität bei Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit und begleitender linksventrikulärer Dysfunktion reduziert werden können.

Studiendesign

Es wurden 10917 Patienten mit dokumentierter stabiler KHK und eingeschränkter linksventrikulärer Funktion (LVEF <40%) sowie einer Herzfrequenz von >60 Schlägen pro Minute in die Studie eingeschlossen [37]. Nach Randomisierung erhielten 5479 Patienten Ivabradin und 5438 Patienten Plazebo, jeweils zusätzlich zu einer leitliniengerechten medikamentösen Therapie. Die Anfangsdosis von Ivabradin betrug 2-mal 5 mg täglich; bei einer nach zwei Wochen persistierenden Ruhefrequenz von >60 Schlägen pro Minute wurde die Dosierung auf 2-mal 7,5 mg pro Tag erhöht. Gemäß Protokoll wurde bei einer Ruhefrequenz von <50 Schlägen pro Minute (unter 2-mal 5 mg Ivabradin pro Tag) die Therapie abgebrochen, auch wenn die Patienten asymptomatisch waren. Die mediane Beobachtungsdauer betrug 19 Monate.

Der primäre Studienendpunkt setzte sich aus kardiovaskulärem Tod und Krankenhausaufnahme aufgrund eines akuten Myokardinfarkts oder einer Herzinsuffizienz zusammen. Zu den sekundären Endpunkten gehörten neben den Einzelkomponenten des primären Endpunkts die Gesamtmortalität, kardiovaskulär bedingter Tod, Ravaskularisationen und der zusammengesetzte Endpunkt aus Krankenhausaufnahme aufgrund eines akuten Koronarsyndroms oder einer instabilen Angina pectoris. Alle Endpunkte wurden sowohl für die Gesamtpopulation aller Studienteilnehmer als auch für eine im Vorfeld spezifizierte Subgruppe von Patienten mit einer Herzfrequenz von ≥70 Schlägen pro Minute ausgewertet.

Ergebnisse

In der Gesamtpopulation (Ausgangsfrequenz 71,6 Schläge pro Minute) nahm die Herzfrequenz unter Ivabradin über den gesamten Studienzeitraum im Mittel um 6 Schläge ab. In der Gruppe der Patienten mit erhöhter Ausgangsfrequenz (≥70 Schläge pro Minute) betrug die Frequenzreduktion durch Ivabradin durchschnittlich etwa 9 Schläge pro Minute.

In Bezug auf den primären kombinierten Endpunkt war die Kombinationstherapie mit Ivabradin weder in der Gesamtpopulation (p=0,94; Abb.4a) noch in der Gruppe der Patienten mit erhöhter Ausgangsfrequenz (p=0,17) der alleinigen Standardtherapie überlegen. Allerdings zeigte sich in der Subgruppe der Patienten mit einer Herzfrequenz von ≥70 Schlägen pro Minute unter Ivabradin in einigen der sekundären Endpunkte eine signifikante Verringerung im Vergleich zur Kontrollgruppe. So wurde die Rate der Klinikeinweisungen aufgrund eines Myokardinfarkts (tödlich oder nicht tödlich) durch Ivabradin im Vergleich zur Standardtherapie signifikant gesenkt (Hazard-Ratio [HR] 0,64; 95%-KI 0,49–0,84; p=0,001). Ebenso nahmen unter Behandlung mit Ivabradin die Rate der Hospitalisationen aufgrund eines Myokardinfarkts oder instabiler Angina pectoris (HR 0,78; 95%-KI 0,62–0,97; p=0,023) und die Anzahl der koronaren Revaskularisationen (HR 0,7; 95%-KI 0,52–0,93; p=0,016) ab.

Abb. 4. BEAUTIFUL-Studie a) Bezüglich des primären kombinierten Studienendpunkts (kardiovaskulär bedingter Tod, Krankenhauseinweisung wegen Myokardinfarkt oder Herzinsuffizienz) unterschieden sich die beiden Behandlungsgruppen in der Gesamtstudienpopulation nicht signifikant [nach 37] b) Risiko für kardiovaskulär bedingten Tod in der Plazebo-Gruppe [nach 21] HR: Hazard-Ratio; KI: Konfidenzintervall; HF: Herzfrequenz

In der Plazebo-Gruppe war eine Herzfrequenz von ≥70 Schlägen pro Minute mit einem erhöhten Risiko für alle untersuchten Endpunkte assoziiert. So war das relative Risiko für kardiovaskulären Tod im Vergleich zur Gruppe mit einer Frequenz von <70 Schlägen pro Minute um 34% (p=0,0041; Abb. 4b), für Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz um 53% (p<0,0001), für eine Krankenhausaufnahme aufgrund eines Myokardinfarkts um 46% (p=0,0066) und für eine koronare Revaskularisation um 38% (p=0,037) erhöht [21]. Diese prospektiven Daten zeigen, dass die Herzfrequenz einen starken und unabhängigen Risikofaktor bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung und begleitender linksventrikulärer Funktionseinschränkung darstellt.

Insgesamt wurde Ivabradin gut vertragen, häufigster Grund für eine Beendigung der Studienmedikation waren Bradykardien, von denen jedoch die Mehrzahl asymptomatisch verlief. 87% der Studienteilnehmer erhielten Ivabradin in Kombination mit einer bestehenden Betablocker-Therapie, ohne dass eine Zunahme unerwünschter Nebenwirkungen zu beobachten war.

Zusammenfassend weisen die Daten der BEAUTIFUL-Studie auf einen prognostischen Vorteil einer Herzfrequenzreduktion durch Ivabradin zusätzlich zu einer optimalen Therapie bei Patienten mit einer Ruheherzfrequenz von ≥70 Schlägen pro Minute hin. Diese Effekte sind im Wesentlichen durch eine Reduktion koronarer Ereignisse zu erklären. Auffällig ist, dass die Reduktion koronarer Ereignisse in der Subgruppe der Patienten mit einer Ruheherzfrequenz von ≥70 Schlägen pro Minute durch Ivabradin trotz einer optimalen medikamentösen Standardtherapie und vor allem zusätzlich zu einer Betablocker-Gabe erzielt werden konnte. Der Großteil der Patienten erhielt bereits eine optimale medikamentöse Therapie (Plättchenfunktionshemmer 94%, ACE-Hemmer/AT1-Blocker 91%, Betablocker 87%, Lipidsenker 76%). Aus den Studienergebnissen lässt sich ableiten, dass Ivabradin sicher und verträglich ist und in Kombination mit einem Betablocker verabreicht werden kann.

Während in der Studie eine Reduktion koronarer Endpunkte für Patienten mit einer hohen Ausgangsfrequenz (HF ≥70 Schläge pro Minute) gezeigt werden konnte, ließ sich dieser Effekt im Vergleichskollektiv (HF <70 Schläge pro Minute) nicht demonstrieren. Auch die Herzinsuffizienz-assoziierten Endpunkte konnten durch eine Behandlung mit Ivabradin nicht signifikant vermindert werden. Dies könnte zum einen dadurch bedingt sein, dass die für den Studieneinschluss geforderte Herzfrequenzgrenze von 60 Schlägen pro Minute zu niedrig gewählt wurde. Dieser Erklärungsansatz wird durch Studien untermauert, die zeigen, dass vor allem ab einer Herzfrequenz von 75 Schlägen pro Minute vermehrt kardiovaskuläre Ereignisse zu verzeichnen sind [2, 18]. Ein weiteres Problem des Studiendesigns war der Ausschluss von Patienten mit einer Frequenz von <50 Schlägen pro Minute, selbst wenn diese keine Symptome einer Bradykardie aufwiesen. Einen weiteren wichtigen Faktor stellen nicht zuletzt auch die strengen Bradykardie-Kriterien der Studie dar, die im Schnitt Ivabradin-Dosen von 6,18 bzw. 6,64 mg (2-mal/Tag) für die Gesamtpopulation bzw. die Gruppe mit einer Frequenz von ≥70 Schlägen pro Minute zur Folge hatten. So konnten lediglich 40% der Patienten auf eine Zieldosis von 2-mal 7,5 mg Ivabradin auftitriert werden. Letztlich sind die Ergebnisse weiterer Studien abzuwarten, um die prognostische Wirkung von Ivabradin zu bewerten.

Prognostischer Vorteil von Ivabradin bei stabiler koronarer Herzkrankheit?

Betablocker reduzieren bei Patienten nach Myokardinfarkt oder mit einer Herzinsuffizienz die kardiovaskuläre Sterblichkeit. Allerdings existieren keine Studien zur prognostischen Bedeutung von Betablockern bei der stabilen koronaren Herzkrankheit per se. Für Nitrate und Calciumantagonisten wurde bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit keine Verbesserung der Prognose nachgewiesen. Das Vorliegen von limitierenden pektanginösen Beschwerden determiniert jedoch die Prognose von Patienten mit stabiler koronarer Herzkrankheit [38]. Daher besteht der Bedarf für eine antianginöse Therapiestrategie mit einer prognostischen Wirkung zusätzlich zur Analgesie. Ziel einer Subgruppenanalyse der BEAUTIFUL-Studie war es, mögliche prognostische Vorteile einer Behandlung mit Ivabradin bei KHK-Patienten mit stabiler Angina pectoris nachzuweisen [39]. Aus der Gesamtpopulation der BEAUTIFUL-Studie wurden für diese Subgruppenanalyse post hoc 1507 Patienten mit bei Studienbeginn bestehender limitierender Angina-pectoris-Symptomatik ausgewertet. Die Patienten waren bereits optimal antianginös vorbehandelt: 90% erhielten Betablocker, 87% ACE-Hemmer bzw. AT1-Blocker, 92% Antithrombotika und 66% Statine. Mittlerer Beobachtungszeitraum waren 18 Monate. Der primäre kombinierte Endpunkt der Untersuchung entsprach dem der Hauptstudie und setzte sich aus kardiovaskulär bedingtem Tod und einer Krankenhausaufnahme aufgrund eines akuten Myokardinfarkts oder einer kardialen Dekompensation zusammen. Sekundäre Endpunkte umfassten Mortalität, Herzinsuffizienz und koronare Ereignisse.

Analog zur Hauptstudie konnte auch in der Post-hoc-Analyse in Bezug auf den primären kombinierten Endpunkt kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Behandlungsarmen, weder in der Gesamtpopulation noch in der Gruppe der Patienten mit erhöhter Ausgangsfrequenz, gezeigt werden. Im Gesamtkollektiv aller Patienten mit bei Studienbeginn bestehender limitierender Angina pectoris fand sich für den koronaren Endpunkt „Krankenhausbehandlung aufgrund eines Myokardinfarkts“ eine Reduktion im Vergleich zu Plazebo (HR 0,58; 95%-KI 0,37–0,92; p=0,021; Abb. 5a). In der Subgruppe der Patienten mit Angina pectoris und einer Herzfrequenz von ≥70 Schlägen pro Minute zeigte sich neben einer signifikanten Reduktion von Krankenhausbehandlungen aufgrund eines Myokardinfarkts (HR 0,27; 95%-KI 0,11–0,66; p=0,002; Abb. 5b) eine geringere Rate an erforderlichen koronaren Revaskularisationsmaßnahmen (HR 0,41; 95%-KI 0,17–0,99; p=0,04). Zusammenfassend ergab auch die Post-hoc-Analyse der BEAUTIFUL-Daten eine Reduktion koronarmorphologischer Ereignisse bei Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion und Angina pectoris durch eine Herzfrequenzsenkung mit Ivabradin, zusätzlich zur leitliniengerechten medikamentösen Therapie. Somit bietet die Behandlung mit Ivabradin für dieses Patientenkollektiv neben einem symptomatischen auch einen potenziellen prognostischen Nutzen. Im Gegenzug, so betonen die Autoren der Studie, ist es vor dem Hintergrund der Daten jedoch nicht gerechtfertigt, Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Funktion und einer Herzfrequenz von <70/min mit Ivabradin zu behandeln, wenn diese keine pektanginösen Beschwerden haben.

Abb. 5. Post-hoc-Analyse der BEAUTIFUL-Studie [nach 39]. Sowohl im Gesamtkollektiv aller Patienten mit bei Studienbeginn bestehender limitierender Angina pectoris (a) als auch in der Subgruppe der Patienten mit Angina pectoris und einer Herzfrequenz von ≥70 Schlägen pro Minute (b) fand sich für den koronaren Endpunkt „Krankenhausbehandlung aufgrund eines Myokardinfarkts“ eine signifikante Reduktion im Vergleich zu Plazebo.

Um vor allem koronarvaskuläre Endpunkte unter einer Herzfrequenzreduktion mit Ivabradin weiter zu charakterisieren, ist die SIGNIFY-Studie (Study assessing the morbidity-mortality benefits of the If inhibitor ivabradine in patients with coronary artery disease) in Planung. In diese Studie werden Patienten mit bekannter koronarer Herzkrankheit, einer Ruheherzfrequenz von >70/min und einer Ejektionsfraktion von >40% eingeschlossen werden [40].

Ivabradin als mögliche Therapieoption bei Herzinsuffizienz

Die chronische Herzinsuffizienz geht mit einer Aktivierung neuroendokriner Systeme einher, der eine entscheidende Bedeutung bei der Progression der linksventrikulären Dysfunktion und dem Auftreten einer schweren Herzinsuffizienz mit einer hohen Sterblichkeit und einer hohen Hospitalisierungsrate zugeschrieben wird. Ein integraler Bestandteil der neuroendokrinen Aktivierung ist eine chronische Aktivierung des sympathischen Nervensystems mit einer Erhöhung der Noradrenalinkonzentration im Serum. Dies führt zu einer positiv chronotropen Stimulation mit einer Erhöhung der Herzfrequenz in Ruhe und einer verminderten chronotropen Reserve unter Belastung. Neben den direkten Wirkungen von Noradrenalin, das eine Apoptose und Nekrose von Kardiomyozyten bewirken kann, kann auch die Herzfrequenzerhöhung direkt für eine weitere Schädigung des Myokards bedeutsam sein, indem sie den Sauerstoffverbrauch erhöht, über eine Verkürzung der Diastole die Koronarperfusion vermindert, proarrhythmisch wirkt und letzlich durch diese Mechanismen Remodelingprozesse verstärken kann. Weiterhin wurde beobachtet, dass die physiologische positive Kraft-Frequenz-Beziehung (Bowditch-Effekt) beim insuffizienten Herzen in eine negative Kraft-Frequenz-Beziehung verkehrt ist. Somit reagiert das insuffiziente Herz bei steigender Herzfrequenz mit einer Abnahme der Kontraktilität [41]. Weiterhin kommt es bei Herzinsuffizienz zu einem Relaxationsrückstand mit einer möglichen Verschlechterung der häufig vorliegenden diastolischen Dysfunktionen, was durch eine myokardiale Ischämie weiter verschlechtert werden kann. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Betablocker-Therapie pathophysiologisch sinnvoll, um neben der direkten Hemmung von Catecholaminwirkungen am Herzen auch die Herzfrequenz zu senken. Es zeigte sich, dass bei Herzinsuffizienz nur pharmakologische Interventionen die Prognose verbesserten, die mit einer Herzfrequenzsenkung einhergingen [22]. Experimentelle Daten deuten auf eine potenzielle Bedeutung einer Herzfrequenzreduktion durch Ivabradin bei der Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz hin. Eine längerfristige Herzfrequenzsenkung durch Ivabradin verbesserte bei herzinsuffizienten Ratten die linksventrikuläre Pumpfunktion, steigerte das Schlagvolumen und verbesserte die Myozytenfunktion [42].

Die SHIFT-Studie

Die genannten pathophysiologischen Überlegungen bildeten die Rationale für die kürzlich publizierte SHIFT-Studie (Systolic heart failure treatment with the If inhibitor ivabradine trial) [43, 44]. Die zugrunde liegende Fragestellung war, ob durch eine Herzfrequenzreduktion durch Ivabradin – zusätzlich zur leitliniengerechten Standardtherapie – Mortalität und Morbidität bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz günstig beeinflusst werden können.

Studiendesign

In die doppelblinde, Plazebo-kontrollierte Studie wurden 6558 Patienten mit symptomatischer chronischer Herzinsuffizienz (ischämisch: 68%, nicht ischämisch: 32%), einer linksventrikulären Auswurfleistung von ≤35% und vorherrschendem Sinusrhythmus mit einer Herzfrequenz von ≥70 Schlägen/min eingeschlossen. Weitere Bedingungen für einen Studieneinschluss waren ein Krankenhausaufenthalt aufgrund einer dekompensierten Herzinsuffizienz in den zurückliegenden 12 Monaten sowie eine leitliniengerechte medikamentöse Therapie, möglichst einschließlich eines Betablockers in maximal tolerierbarer Dosierung [43].

Das durchschnittliche Alter der eingeschlossenen Patienten lag bei 60,4 Jahren. Alle Patienten wiesen ein NYHA(New York Heart Association)-Stadium zwischen II und IV auf. 91% der Patienten nahmen bereits bei Studieneinschluss ACE-Hemmer/AT1-Blocker ein, bei 89% der Patienten enthielt die medikamentöse Therapie einen Betablocker. Der Anteil der Patienten, der mit mindestens 50% der empfohlenen Zieldosis des jeweiligen Betablockers behandelt wurde, lag bei 56%. Lediglich 26% der Patienten erreichten trotz ausdrücklicher Empfehlung zur höchstmöglichen Auftitration durch die Studienleitung die jeweilige empfohlene Zieldosis. Als Hauptgründe für eine geringere Dosierung wurden arterielle Hypotonie und Müdigkeit angegeben.

Die Behandlung mit Ivabradin wurde mit einer Dosierung von 2×5 mg täglich begonnen und bei einer nach zwei Wochen persistierenden Ruhefrequenz von >60 Schlägen pro Minute auf 2×7,5 mg täglich gesteigert. Bei einer Frequenz von <50 Schlägen pro Minute erfolgte eine Dosisreduktion auf 2×2,5 mg.

Der primäre kombinierte Endpunkt setzte sich aus kardiovaskulärer Mortalität und einer Krankenhauseinweisung aufgrund einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz zusammen. Erster sekundärer Endpunkt war eine Kombination aus kardiovaskulärem Tod oder einer Krankenhauseinweisung aufgrund einer Verschlechterung der Herzinsuffizienz für Patienten, die zum Zeitpunkt der Randomisierung mit mindestens 50% der leitliniengerechten Betablocker-Dosis behandelt wurden. Weitere sekundäre Endpunkte waren die Einzelkomponenten des primären Endpunkts, Tod und Krankenhausaufnahme aufgrund jeglicher Ursache und die Kombination aus kardiovaskulärem Tod oder Krankenhausaufnahme aufgrund von Herzinsuffizienz oder nicht tödlichem Myokardinfarkt.

Ergebnisse

Nach 28 Tagen lag die Herzfrequenz unter Ivabradin im Mittel 15,4 Schläge unter der Ausgangsfrequenz von durchschnittlich 79,7 Schlägen/min. Korrigiert um die Veränderungen unter Plazebo betrug die Frequenzabnahme unter Ivabradin nach 28 Tagen durchschnittlich 10,9, nach einem Jahr 9,1 und bei Studienende 8,1 Schläge/min.

Infolge der Herzfrequenzreduktion durch Ivabradin erreichten signifikant weniger Patienten den primären kombinierten Endpunkt (HR 0,82; 95%-KI 0,75–0,90; p<0,0001) (Abb. 6). Dieser Effekt stellte sich bereits innerhalb der ersten drei Monate nach Behandlungsbeginn ein und wurde im Wesentlichen dadurch erzielt, dass weniger Patienten aufgrund einer Dekompensation der Herzinsuffizienz stationär aufgenommen werden mussten (514 [16%] unter Ivabradin vs. 672 [21%] unter Plazebo; HR 0,74; 95%-KI 0,66–0,83; p<0,0001). Die kardiovaskuläre Gesamtmortalität war unter Ivabradin jedoch nicht signifikant niedriger als in der Plazebo-Gruppe (HR 0,91; 95%-KI 0,80–1,03; p=0,128).

Abb. 6. SHIFT-Studie [nach 43]. Unter Ivabradin erreichten signifikant weniger Patienten den primären kombinierten Studienendpunkt (kardiovaskulär bedingter Tod und Krankenhauseinweisung aufgrund klinischer Verschlechterung der Herzinsuffizienz).

Neben den Ereignissen des primären Endpunkts traten unter Ivabradin zudem weniger Herzinsuffizienz-bedingte Todesfälle auf (HR 0,74; 95%-KI 0,58–0,94; p=0,014) und es waren weniger allgemeine (HR 0,89; 95%-KI 0,82–0,96; p=0,003) und kardiovaskulär bedingte Krankenhauseinweisungen (HR 0,85; 95%-KI 0,78–0,92; p=0,0002) erforderlich als in der Kontrollgruppe.

In der Subgruppe der Patienten, die mindestens 50% der empfohlenen Zieldosis des jeweiligen Betablockers erhielten, konnte die Herzfrequenz ebenfalls um 15 Schläge pro Minute gesenkt werden. Eine Reduktion des primären kombinierten Endpunkts konnte durch die Behandlung mit Ivabradin in dieser Subgruppe jedoch nicht erreicht werden.

Wie in vorausgegangenen klinischen Untersuchungen wurde Ivabradin zusätzlich zur bestehenden medikamentösen Therapie und vor allem in Kombination mit einem Betablocker gut vertragen. Symptomatische Bradykardien traten bei 5% der mit Ivabradin behandelten Patienten auf und führten bei etwa 1% der Patienten zu einer permanenten Unterbrechung der Studienmedikation.

Zusammenfassend belegen die Ergebnisse der Studie eine relevante Risikoreduktion durch eine zusätzliche Senkung der Ruheherzfrequenz durch Ivabradin für die untersuchten Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz, hochgradig eingeschränkter systolischer linksventrikulärer Funktion und einer Ruheherzfrequenz von ≥70 Schlägen pro Minute. Der Effekt einer Frequenzsenkung und die damit einhergehende Risikoreduktion waren dabei umso ausgeprägter, je höher die Ausgangsfrequenz vor Beginn der Behandlung lag. Dieser Befund korrespondiert mit den Daten großer Betablocker-Studien bei chronischer Herzinsuffizienz [22]. Die durchschnittliche Betablocker-Dosis in der SHIFT-Studie lag jedoch zum Teil deutlich unter den in Betablocker-Studien verwendeten Dosen und reflektiert daher eher die „Wirklichkeit“ der täglichen klinischen Praxis. Bedingt durch die Einschlusskriterien weist die Studie im Hinblick auf das Gesamtkollektiv aller Patienten mit Herzinsuffizienz jedoch Limitationen auf. So wurden ausschließlich Patienten mit Sinusrhythmus eingeschlossen und der Anteil der Patienten mit bestehender Schrittmacher- oder AICD(automatischer implantierbarer Cardioverter-Defibrillator)-Therapie sowie der Anteil älterer Patienten war gering, was eine direkte Übertragung auf die Gesamtpopulation der Patienten mit klinisch apparenter Herzinsuffizienz erschwert. Eine additive Herzfrequenzreduktion mit Ivabradin stellt jedoch eine wirkungsvolle Alternative für Patienten dar, die aufgrund ihrer Komorbiditäten eine leitliniengerechte Auftitration des Betablockers auf eine Zieldosis nicht tolerieren.

Herzfrequenz als Risikofaktor bei chronischer Herzinsuffizienz?

Um die prognostische Bedeutung einer erhöhten Ruheherzfrequenz für die chronische Herzinsuffizienz zu charakterisieren, wurden in einer Post-hoc-Analyse der SHIFT-Studie die Raten der Herzfrequenz-assoziierten Ereignisse ausgewertet [44]. Dazu wurden die Patienten beider Behandlungsgruppen (Plazebo vs. Ivabradin) anhand ihrer Herzfrequenz in 5 Gruppen eingeteilt (Plazebo: ≥87 bpm, 80 bis <87 bpm, 75 bis <80 bpm, 72 bis <75 bpm, 70 bis <72 bpm. Ivabradin: ≥75 bpm, 70 bis <75 bpm, 65 bis <70 bpm, 60 bis <65 bpm, <60 bpm) und der Zusammenhang zwischen dem Ereignisrisiko im Studienverlauf und der Ausgangsherzfrequenz in der Plazebo-Gruppe sowie zwischen dem Ereignisrisiko im Studienverlauf und der an Tag 28 der Behandlung erzielten Herzfrequenz in der Verum-Gruppe untersucht.

Bezüglich des primären Endpunkts (kardiovaskuläre Mortalität, Krankenhausbehandlung aufgrund dekompensierter Herzinsuffizienz) wiesen die Patienten der Plazebo-Gruppe mit der höchsten Herzfrequenz (≥87/bpm) ein gegenüber der Gruppe mit der geringsten Herzfrequenz (70 bis <72 bpm) mehr als zweifach gesteigertes Risiko auf (HR 2,34; 95%-KI 1,84–2,98; p<0,0001). Das Risiko, den primären Endpunkt zu erreichen, stieg in der Plazebo-Gruppe mit jeder Erhöhung der Frequenz um 1 Herzschlag um 3% und mit jeder Erhöhung um 5 Schläge pro Minute um 16%. In der Ivabradin-Gruppe fand sich ein direkter Zusammenhang zwischen der an Tag 28 der Studie erzielten Frequenzreduktion und dem nachfolgenden Outcome: Patienten mit einer Herzfrequenz von <60 Schlägen pro Minute erreichten im weiteren Verlauf seltener den kombinierten primären Studienendpunkt als Patienten mit einer höheren Herzfrequenz (Ereignisrate 17,4%, 95%-KI 15,3–19,6).

Zusammenfassend zeigt die Untersuchung einen kontinuierlichen und direkten Zusammenhang zwischen der Ausgangsherzfrequenz und den Herzinsuffizienz-bezogenen Endpunkten. Das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse wird durch eine Herzfrequenzreduktion mit Ivabradin relevant gesenkt, wobei Patienten mit der niedrigsten erreichbaren Herzfrequenz am meisten profitieren. Die pharmakologische Wirkung, das heißt die erreichte Frequenzabnahme, war am ausgeprägtesten bei den Patienten mit der höchsten Ausgangsfrequenz. Dementsprechend profitierten im Hinblick auf den primären Endpunkt vor allem die Patienten, die bei Studienbeginn die höchste Ausgangsfrequenz aufwiesen (Abb. 7). Diese Befunde untermauern die Bedeutung der Herzfrequenz als Risikofaktor und Therapieziel für Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz.

Abb. 7. Effekt von Ivabradin im Vergleich zu Plazebo auf den primären kombinierten Endpunkt der SHIFT-Studie* 28 Tage nach Studienbeginn in Relation zur erreichten Herzfrequenzreduktion [nach 44] (*kardiovaskulär bedingter Tod und Krankenhauseinweisung aufgrund klinischer Verschlechterung der Herzinsuffizienz)

Fazit

Eine erhöhte Ruheherzfrequenz stellt einen unabhängigen kardiovaskulären Risikofaktor dar. Die pathophysiologische Bedeutung der Herzfrequenz kommt ganz wesentlich bei der koronaren Herzerkrankung zum Tragen, da sie sowohl den Sauerstoffbedarf als auch das Sauerstoffangebot direkt beeinflusst. Eine Herzfrequenzreduktion ist daher die entscheidende Säule bei der medikamentösen Behandlung der koronaren Herzkrankheit. Durch den I(f)-Kanal-Inhibitor Ivabradin kann die Herzfrequenz ohne Einfluss auf die kardiale Kontraktionskraft und ohne Blutdrucksenkung reduziert werden. Klinische Studien belegen eine antiischämische Wirkung des I(f)-Kanal-Hemmers bei Patienten mit symptomatisch stabiler koronarer Herzkrankheit. Die Kombination von Ivabradin mit einem Betablocker ist sicher und zeigte in Studien Hinweise auf einen zusätzlichen prognostischen Vorteil bei der Verhinderung koronarer Ereignisse bei Patienten mit einer Ruheherzfrequenz von ≥70/min. Im Rahmen der SHIFT-Studie wurde erstmalig prospektiv die Rolle einer zusätzlichen frequenzsenkenden Therapie mit Ivabradin bei herzinsuffizienten Patienten untersucht. Zusätzlich zu einer leitliniengerechten medikamentösen Therapie eingenommen reduzierte Ivabradin die Häufigkeit von Klinikeinweisungen aufgrund einer klinischen Verschlechterung der bestehenden Herzinsuffizienz und der Herzinsuffizienz-bedingten Todesfälle. Diese Befunde untermauern die Bedeutung der Herzfrequenz als Risikofaktor und als Therapieziel für Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz.

Interessenkonfklikt

Prof. Böhm ist Mitglied des Exekutivkomitees der SHIFT-Studie und erhielt Vortragshonorare und Forschungsgelder von Servier.

Dr. Custodis, Dr. Reich, Dr. Laufs: kein Interessenkonflikt.

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Dr. med. Florian Custodis, Dr. med. Jan Reil, Prof. Dr. med. Ulrich Laufs, Prof. Dr. med. Michael Böhm, Klinik für Innere Medizin III, Kardiologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin, Universitätsklinikum des Saarlandes, 66421 Homburg/Saar, E-Mail:

Für was nimmt man Ivabradin?

Was ist Ivabradin-ratiopharm® und wofür wird es angewendet? Ivabradin-ratiopharm® (Ivabradin) ist ein Herzmittel zur Behandlung von: Symptomatischer stabiler Angina pectoris (die Brustschmerzen verursacht) bei erwachsenen Patienten mit einer Herzfrequenz von 70 Schlägen pro Minute oder höher.

Wie stark senkt Ivabradin den Puls?

Ivabradin hemmt selektiv und spezifisch den If-Ionenstrom, wodurch ausschließlich die Herzfrequenz - um etwa zehn Schläge pro Minute - gesenkt wird.

Wann wird Ivabradin eingesetzt?

Ivabradin ist indiziert zur symptomatischen Behandlung der chronischen stabilen Angina pectoris bei Erwachsenen mit koronarer Herzkrankheit (KHK) bei normalem Sinusrhythmus und einer Herzfrequenz von ≥ 70 Schlägen pro Minute (bpm).

Ist Ivabradin ein Blutdrucksenker?

Durch den I(f)-Kanal-Inhibitor Ivabradin kann die Herzfrequenz ohne Einfluss auf die kardiale Kontraktionskraft und ohne Blutdrucksenkung reduziert werden. Klinische Studien belegen eine antiischämische Wirkung des I(f)-Kanal-Hemmers bei Patienten mit symptomatisch stabiler koronarer Herzkrankheit.

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