Was ist die ausschlaggebende Kennzeichnung für Fußgängerüberwege?

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Im Mai 2015 soll im Bund-Länder-Fachausschuss StVO der Landesverkehrsminister der Änderungsbedarf der Straßenverkehrs-Ordnung StVO und der entsprechenden Verwaltungsvorschriften VwV auch aus der Fußgängersicht auf der Tagesordnung stehen. Da eine Wiederholung dieses Themas in den kommenden Jahren kaum zu erwarten ist, haben drei Verbände die Chance genutzt und Diskussionsvorschläge eingereicht.

Seit vielen Jahren beschäftigt sich der Arbeitskreis „Fußgängerverkehr“ (AK 2.5.2) der Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen FGSV unter Leitung von Andreas Schmitz mit dem Thema „Fußgängerbelange in der StVO und VwV-StVO“. Schon Ende 2013 hat dann mit seiner Vorlage der übergeordnete Arbeitsausschuss (AA 2.5) „Anlagen des Fußgänger- und Radverkehrs“ der FGSV eine Stellungnahme zur Problematik als internes Papier herausgegeben. Dieses wurde, vom Arbeitsausschuss AA 3.4 im Bereich Verkehrsmanagement stark gekürzt, dem Bund-Länder-Fachausschuss zugeleitet. Das Forum Mensch und Verkehr in der Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung SRL und der Fachverband Fußverkehr Deutschland FUSS e.V. haben die Initiative der FGSV begrüßt und unterstützt. Darüber hinaus haben die beiden Verbände allerdings im Rahmen des 20.BUVKO in Erfurt eine gemeinsame ergänzende Stellungnahme verfasst und ebenfalls an die Landesverkehrsministerien verschickt.(1)

Qualität von Gehwegen

Seit dem Jahre 2002 gibt es das Behindertengleichstellungsgesetz, das die Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Mobilitätsein­schränkungen zur Pflichtaufgabe der öffentlichen Verwaltung erhebt. Bezüglich der Verfügbarkeit des Gehwegs sind in den Verwaltungsvorschriften (VwV) zu Z 315 (Parken auf Gehwegen) und der Parkflächenmarkierung Formulierungen aufgenommen worden, die die Belange von Behinderten berücksichtigen: „Das Parken auf Gehwegen darf nur zugelassen werden, wenn genügend Platz für den unbehinderten Verkehr von Fußgängern gegebenenfalls mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrern auch im Begegnungsverkehr bleibt, (...).“ Eine vergleichbare Formulierung gibt es für den Radverkehr und für Sondernutzungen nicht.

In der Stellungnahme der FGSV wird eine Festlegung in §25 Fußgänger vorgeschlagen, „dass Nutzungen wie Parken oder Radverkehr nur zulässig sind, wenn für den Fußverkehr ausreichend Flächen zur Verfügung stehen.“ Eine Konkretisierung in der Verwaltungsvorschrift wurde aus dem FGSV-Vorschlag herausgenommen und mit dem SRL/FUSS-Vorschlag nachgereicht: „Das Abstellen von Gegenständen und Fahrrädern auf straßenbegleitenden Gehwegen ist nur zulässig, wenn genügend Platz für den unbehinderten Verkehr von Fußgängern gegebenen­falls mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrern auch im Begegnungsverkehr bleibt.“

Fahrbahnüberquerungen

Die generelle Anweisung in §25 Absatz(3), dass Fußgängerinnen und Fußgänger die Fahrbahnen „zügig auf dem kürzesten Weg quer zur Fahrtrichtung" zu überschreiten haben „und zwar, wenn die Verkehrslage es erfordert, nur an Kreuzungen oder Einmündungen, an Lichtzeichenanlagen […] oder auf Fußgängerüberwegen“ ist nicht mehr zeitgemäß. Sie wird in der Praxis mittlerweile in vielen Orten durch die Anordnung von verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen und Tempo-30-Zonen zu einer nicht erforderlichen Einschränkung. Darüber hinaus sind neben Lichtsignalanlagen und Fußgängerüberwegen auch andere Querungsanlagen zu berücksichtigen.

SRL und FUSS e.V. schlagen folgende Formulierungsänderung vor: „Fußgänger haben Fahrbahnen, wenn es die Verkehrslage erfordert, unter Beachtung des Fahrzeugverkehrs zügig auf dem kürzesten Weg quer zur Fahrtrichtung zu überschreiten. Wird die Fahrbahn an Kreuzungen oder Einmündungen überschritten oder in unmittelbarer Nähe von Querungsanlagen (Lichtzeichenanlage, Fußgänger­überwege, Mittelinseln, vorgezogene Seitenräume etc.), so sind diese zu benutzen.“

Fahrbahnüberquerungen an Knoten und Einmündungen

Die derzeitige Regelung sieht in § 9 (Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren) ohne Lichtsignale vor, dass, „wer abbiegen will […] auf zu Fuß Gehende […] besondere Rücksicht zu nehmen [hat]; wenn nötig, ist zu warten.“ Diese Regelung gilt, und hier bestehen die größten Unsicherheiten bei allen Verkehrsteilnehmern, unabhängig davon, ob die Fußgänger dem Kraftfahrzeug entgegenkommen oder in die gleiche Richtung gehen. Es ist auch egal, ob sie sich im Verlauf einer Vorfahrtsstraße bewegen oder diese queren wollen. Fußgänger müssen dagegen den Fahrzeugen Vorrang gewähren, die geradeaus fahren oder erst nach dem Übergang abbiegen wollen.

In der FGSV-Stellungnahme wird auf verschiedene Untersuchungen Bezug genommen (2), die die Missachtungsrate dieser Regelung dokumentieren, z.B.: „Wollen Fußgänger […] die Fahrbahn gemäß StVO vor einem rechtseinbiegendem […] oder linkseinbiegendem […] Fahrzeug queren, wird ihnen in weniger als 50 % der Fälle ihr Vorrang gewährt (38 % bei wartepflichtigen Linkseinbiegern).“[…] Dagegen beachten aber auch Fußgänger an Kreuzungen beim Queren der untergeordneten Zufahrt den Vorrang“ zu immerhin ebenfalls etwa 50 % nicht. Genau 50 % waren es auch bei einer Seniorenbefragung, die die Frage nach dem Vorrang falsch beantworteten.(3)

Die FGSV schlägt deshalb als Neuformulierung von §25, Absatz 3 vor: „An Kreuzungen und Einmündungen haben Fußgänger beim Queren der Fahrbahn Vorrang gegenüber Fahrzeugen

die in eine wartepflichtige Straßen abbiegen

die wartepflichtig sind (Zeichen 205 [Vorfahrt gewähren!] und Zeichen 206 [Halt! Vorfahrt gewähren!])

wenn die Vorfahrt nicht durch Verkehrszeichen geregelt ist (rechts vor links).

In diesen Fällen hat der Fahrverkehr besondere Rücksicht auf Fußgänger zu nehmen; wenn nötig, muss er warten.“

Fußgängerüberwege und Radwege

Nach den Richtlinien für die Anlage von Fußgängerüberwegen R-FGÜ 2001 dürfen diese nicht im Verlauf eines gemeinsamen Fuß- und Radweges (Z 240 StVO) angelegt werden. Hintergrund sind Sicherheitsbedenken, dass Radfahrer sich dem FGÜ mit hoher Geschwindigkeit nähern und Fahrzeugführer diese nicht erkennen können. Diese Regelung ist widersprüchlich, da die gleichen Sicherheitsbedenken auch bei „schnellen“ Skatern auf Gehwegen (§ 24, besondere Fortbewegungsmittel) und bei der Freigabe von Gehwegen für Radfahrer (Z 239 und ZZ 1022-10 StVO) bestehen müssten. Insbesondere steht dieser Ausschluss aber im Widerspruch zu den Sicherheitsbelangen des Fußverkehrs. Insofern soll der Einsatz von FGÜ nicht vom zugelassenen Radverkehr abhängen.

Eine entsprechende Änderung von §26 wurde aus dem FGSV-Vorschlag herausgenommen und durch die SRL und FUSS e.V. vorgeschla­gen: „(1) ...An Fußgängerüberwegen haben Fußgänger gegenüber Fahrzeugen – ausgenommen Schienenfahrzeugen - Vorrang. Wollen Fußgänger den Überweg benutzen, dürfen sich Fahrzeuge den Fußgängerüberwegen nur mit mäßiger Geschwindigkeit nähern, wenn nötig müssen sie warten. (2) Nutzer besonderer Fortbewegungsmittel (§ 24) und Fahrräder, welche den Fußgängerüberweg benutzen wollen, haben sich zur Erkennbarkeit dem Fußgänger­überweg in Schrittgeschwindigkeit zu nähern und am Fahrbahnrand zu halten, wenn die Verkehrslage dies erfordert.“

Fußgängerüberwege und Kreisverkehre § 26 StVO

In seiner Vorstandssitzung im Oktober 2012 hat der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) aus „Gründen der Einheitlichkeit, Erkennbarkeit und Begreifbarkeit der Querungssituation sowohl für Fußgänger als auch für Kraftfahrer in allen Zu- und Ausfahrten von kleinen Kreisverkehren Fußgängerüberwege“ gefordert.

Dies ist für innerörtliche Kreisverkehre im Merkblatt für die Anlage von Kreisverkehren (FGSV, 2006) vorgesehen, in der StVO aber nicht enthalten. Deshalb wird von SRL und FUSS e.V. folgende Formulierung in der VwV zu §26 (III.6.) vorgeschlagen: „An kleinen Kreisverkehren innerorts sind an allen Zu- und Ausfahrten Fußgängerüberwege anzulegen.“

Nicht benutzungspflichtige Radwege

Aus der FGSV-Stellungnahme: „Bei der Überprüfung der Radwegebenutzungspflicht wird von den zuständigen Behörden in vielen Fällen eine nicht benutzungspflichtige Führung auch dann belassen, wenn weder für den Rad- noch für den Fußverkehr (beispielsweise zu geringe verbleibende nutzbare Gehwegbreite) ein anforderungsgerechtes Angebot verbleibt. Insbesondere die Belange des Fußverkehrs werden bei der in jedem Einzelfall zu treffenden Entscheidung, ob der Radverkehr weiterhin im Seitenraum fahren darf (auf einem nicht benutzungspflichtigen Radweg oder auf einem Gehweg mit zugelassenen Radverkehr) oder vollständig auf die Fahrbahn verwiesen wird (ggf. auf einen Schutzstreifen), zu oft vernachlässigt. Dieses Problem wirkt um so schwerer, da die meisten Radfahrer auch nach einer Aufhebung der Benutzungspflicht aus Gründen der subjektiven Sicherheit weiterhin die nicht benutzungspflichtige Führung im Seitenraum nutzen. Bei unzulänglichen Bedingungen können dadurch Fußgänger behindert oder gefährdet werden.“

Deshalb wird vorgeschlagen, die VwV zu §2 zu ergänzen: „Soll aus einem bisher benutzungspflichtigen Radweg durch Aufhebung der Kennzeichnung eine nicht benutzungspflichtige Radverkehrsführung entstehen, ist zu prüfen, ob auf dem daneben liegenden Gehweg ausreichende Flächen für den Fußverkehr (Breite, Barrierefreiheit) zur Verfügung stehen. Sind diese nicht vorhanden, ist eine einheitliche Gestaltung des Seitenraumes anzuregen. Dies gilt auch für bestehende nicht benutzungspflichtige Radverkehrsführungen im Seitenraum. Entsteht z.B. durch Ausbesserungen nach Grabenarbeiten ungewollt der Eindruck, als handele es sich um einen Radweg ohne Benutzungspflicht, ist die Verkehrsfläche durch Zeichen 239 als Gehweg auszuweisen.“

Gemeinsame Geh- und Radwege

Durch die StVO-Novellierung 2009 ist die Aussage entfallen, dass grundsätzlich alle fahrenden Verkehrsteilnehmer auf Fußgänger Rücksicht zu nehmen haben. Die Verbände fordern deshalb die Wiederaufnahme in den Anmerkungen zu Zeichen 240 als Punkt 4: „Erforderlichenfalls muss der Fahrverkehr die Geschwindigkeit an den Fußgängerverkehr anpassen.“

In Kürze

Die Straßenverkehrs-Ordnung StVO ist alles andere als fußverkehrsgerecht. Sie müsste inhaltlich und auch sprachlich gründlich überarbeitet werden. Da der wichtige Bund-Länder-Fachausschuss StVO sich mit dem Thema „Fußverkehr“ befassen möchte, haben die drei Verbände FGSV, SRL und FUSS e.V. ihrer Ansicht nach wesentliche Änderungsvorschläge zur Verbesserung der Verkehrssicherheit unterbreitet.

Quellen:

(1) Grundlage der Stellungnahmen ist die StVO in der Fassung vom 01.04.2013

(2) Z.B. Miltner, Thorsten: Verkehrsqualität unterschiedlicher Verkehrsteilnehmerarten an Knoten ohne Lichtsignalanlage, Bochum, 2003

(3) Vgl. ml 1/15, S.38 bzw. www.senioren-sicher-mobil.de > Schüler befragen Senioren

Dieser Artikel von Bernd Herzog-Schlagk ist in mobilogisch! , der Vierteljahres-Zeitschrift für Ökologie, Politik und Bewegung, Heft 2/2015, erschienen. 

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Wie erkennt man einen Fußgängerüberweg?

Ein Fußgängerüberweg ist neben dem Hinweis mit entsprechender Beschilderung durch breite Linien auf der Fahrbahn (umgangssprachlich Zebrastreifen genannt) gekennzeichnet, die ebenfalls als Verkehrszeichen dienen.

Für was steht Zebrastreifen?

Die Abkürzung "Zebra" stand für "Zeichen eines besonders rücksichtsvollen Autofahrers". Seitdem nannten bald alle Deutschen den Fußgängerüberweg "Zebrastreifen".

Was ist der Unterschied zwischen Zebrastreifen und Fußgängerüberweg?

Fußgängerüberweg und Zebrastreifen sind ein und dasselbe. Fußgängerüberweg ist die amtliche Bezeichnung nach StVO. Fußgängerüberweg und Zebrastreifen sind ein und dasselbe. Fußgängerüberweg ist die amtliche Bezeichnung nach StVO.

Wie muss ein Zebrastreifen aussehen?

Laut Rechtsprechung muss die Markierung für Kraftfahrer deutlich erkennbar sein, gilt also rechtlich nicht bei starker Abnutzung oder Schneebelag. „FGÜ sollten 4 m breit sein, aber keinesfalls schmaler als 3 m markiert werden. Bei stärkerem Fußgängerverkehr sollte die Breite vergrößert werden.