Wer muss beweisen dass ein Brief angekommen ist?

In den von uns betreuten Rechtsstreitigkeiten stellt sich regelmäßig das Problem, dass vor unserer Beauftragung Briefe, die für den Verfahrenslauf wichtig sind, der Gegenseite nicht so übersandt wurden, dass der Zugang des Briefes und dessen Inhalt nachgewiesen werden können. Es ist immer wieder erstaunlich, wie viele Postsendungen nicht bei dem Empfänger ankommen, wenn deren Empfang in einem Gerichtsverfahren von Bedeutung ist. Für uns Juristen ist die Abgabe und der Zugang von Schreiben/Willenserklärungen von herausragender Bedeutung. Deshalb ist es für Nicht-Juristen immer wieder überraschend, wie viele Gedanken Rechtsanwälte und Richter sich um den Zugang von Schreiben machen. Aus diesem Grund möchte ich an dieser Stelle zu der Frage, wie stelle ich Schreiben beweissicher zu, einige Hinweise geben:

1. Weshalb ist es manchmal notwendig, den Zugang zu beweisen?

Zunächst muss man sich vor Augen führen, weshalb es wichtig sein kann, ob man den Zugang eines Schreibens bei seinem Vertragspartner nachweisen kann.

Nach dem deutschen Prozessrecht muss die Partei, die sich auf eine für sie günstige Tatsachen beruft, diese beweisen.

Beispiel

Im Wohnraummietrecht ist es regelmäßig Voraussetzung für eine Beendigung des Mietverhältnisses, dass eine Partei den Mietvertrag kündigt. Verlangt bspw. der Vermieter – trotz einer von dem Mieter behaupteten Kündigung -, dass der Mieter die Miete zahlt, ist die Kündigung und deren Zugang bei dem Vermieter eine für den Mieter günstige Tatsache. Da gem. § 568 Abs. 1 BGB die Kündigung im Wohnraummietrecht schriftlich, also mit Originalunterschrift sämtlicher Mieter – oder deren Vertreter -, erfolgen muss (s. hierzu auch die Urteilsbesprechung Zweijähriger Kündigungsausschluss gegenüber Studenten), hat der Mieter auch den Zugang im Original zu beweisen. Bestreitet der Vermieter den Zugang der Kündigung, ist es also Aufgabe des Mieters deren Zugang und Inhalt nachzuweisen. 

Weitere typische rechtserhebliche Erklärungen sind:

  • die Mängelanzeige des Mieters und die Erklärung, dass die weitere Leistung der Miete unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolgt,
  • die Einwendungen des Mieters gegen eine Betriebs- oder Heizkostenabrechnung,
  • die Betriebs- oder Heizkostenabrechnung des Vermieters,
  • das Aufforderungsschreiben des Vermieters, einer Erhöhung der Nettokaltmiete zuzustimmen
  • oder ganz allgemein die Mahnung einer Leistung nach Eintritt der Fälligkeit (zur Inverzugsetzung).

Die rechtlichen Konsequenzen eines fehlenden Nachweises können ganz erheblich sein. Kann der Mieter beispielsweise nicht nachweisen, dass er gegenüber dem Vermieter das Mietverhältnis schriftlich gekündigt hat, läuft das Mietverhältnis ganz normal weiter. Der Mieter bleibt also zur Zahlung der Miete verpflichtet, bis er erneut, nachweisbar kündigt.

Umso wichtiger ist es deshalb, dass man bei rechtserheblichen Erklärungen darauf achtet, dass einem später Beweismittel zur Verfügung stehen, dass die Gegenseite das Schreiben erhalten hat. Leider bieten die häufig genutzten Wege keinen ausreichenden Nachweis.

2. Man muss nicht nur den Zugang nachweisen, sondern auch den Inhalt

Wie bereits erklärt, muss man im Gerichtsverfahren nicht nur den Zugang eines Schreibens sondern auch dessen Inhalt nachweisen. Deshalb ist es wichtig, dass man den gesamten Weg des Schreibens vom Einstecken in den Briefumschlag bis zur Übergabe an den Vertragspartner nachweisen kann. Es sei denn, man gibt das Schreiben persönlich ab oder lässt es per Gerichtsvollzieher zustellen.

Um auch den Inhalt des Schreibens nachweisen zu können, benötigen Sie einen Zeugen. Dieser Zeuge soll den Brief zunächst lesen, dann in den Briefumschlag stecken und beides auf einer Kopie des Briefes bestätigen. Wenn der Zeuge alleine den Briefumschlag überbringt, ohne sich vorher davon zu überzeugen, welchen Inhalt das Schreiben hat, kann er eben nur nachweisen, dass er einen Briefumschlag übergeben hat. In diesem können sich ebenso gut wie eine Kündigung auch Kochrezepte befunden haben.

Sie benötigen einen Dritten als Zeugen, da im Prozess nur ein Zeuge Beweis erbringen kann. Die Vertragspartner sind in einem Prozess Parteien (Kläger und Beklagter).

3. Die einzelnen Möglichkeiten

Ausgehend von diesen Überlegungen soll die Frage, wie stelle ich Schreiben beweissicher zu, jetzt anhand verschiedener Möglichkeiten ein Schreiben an Ihren Vertragspartner zu übersenden, beantwortet werden. Welchen Weg Sie nehmen sollten, erkläre ich im Folgenden aus der Sicht einer Mietpartei.

a) (Einfacher) Brief  / E-Mail

Hat das Mietverhältnis erst begonnen oder läuft bereits einige Zeit störungsfrei, sollte man Briefe und E-Mails (im Folgenden spreche ich einfach von Schreiben) mit Ausnahme von besonders wichtigen Schreiben (z. B. Kündigungsschreiben) ganz normal absenden. Für gewöhnlich erhält man von der Gegenseite eine Reaktion auf das Schreiben. Eine solche Reaktion auf ein bestimmtes Schreiben bestätigt dann auch, dass das eigene Schreiben eingegangen ist. Bei Schreiben wie Mängelanzeigen kann man noch einen Satz anfügen wie:

„Ich möchte Sie höflich bitten, mir den Empfang dieses Schreibens kurz zu bestätigen.“

Erhält man auf solch ein einfaches Schreiben keine schriftliche Reaktion (nur einen Anruf oder gar keine Reaktion) oder handelt es sich um ein Schreiben von besonderer Wichtigkeit (bspw. Kündigung) oder bestehen bereits längere Zeit Probleme im Vertragsverhältnis, sollte man das Schreiben so übersenden, dass sowohl der Zugang als auch der Inhalt des Schreibens in einem möglichen Prozess nachweisbar sind.

b) Einwurfeinschreiben und Einschreiben mit Rückschein

Zu beiden Arten des Einschreibens muss man zunächst sagen, dass sie den Inhalt des Schreibens, das zugegangen seien soll, nicht nachweisen. Sie müssen also in jedem Fall noch dafür Sorge tragen, dass auch der Inhalt nachweisbar ist.

Im Falle des Einwurfeinschreibens kommt dann noch hinzu, dass die Bestätigung der Post, die Sie erhalten, ebenfalls kein Beweismittel vor Gericht ist. Zum Nachweis, dass das Einschreiben tatsächlich zugegangen ist, muss man anhand der Bestätigung den Postboten ausfindig machen. Der Postbote muss dann als Zeuge vor Gericht aussagen, dass er das Einschreiben in den Briefkasten eingeworfen hat. Das wird er zwar im Regelfall tun. Persönlich halte ich es aber für unwahrscheinlich, dass sich der Postbote in dem Termin zur Beweiserhebung vor Gericht, ein bis anderthalb Jahre nach der Zustellung noch genau daran erinnern kann, dass er eine von wahrscheinlich 500 Briefsendungen an diesem Tag genau in einen bestimmten Briefkasten eingeworfen hat.

Das Einschreiben mit Rückschein hat dieses Problem nicht, da der Empfänger mit seiner Unterschrift bestätigt, das Schreiben empfangen zu haben. Aber man kann immer darüber streiten, ob der Empfänger eines Einschreibens dazu gezwungen war, dieses bei der Post abzuholen. Verweigert der Empfänger die Entgegennahme, gilt das Schreiben zunächst einmal als nicht angekommen. Eine weitere „interessante“ Frage ist es, wer das Schreiben an der Haustür entgegennimmt. Ist es ein Besucher, der im Anschluss vergisst, das Schreiben dem Hausherrn weiterzugeben, ist der Zugang ebenfalls problematisch.

c) Telefax / E-Mail

Früher sehr beliebt war die Versendung per Telefax. Hier sollte das Sendeprotokolle den Beweis des Zugangs erbringen.

Hier gilt im Hinblick auf den Inhalt zunächst einmal dasselbe wie für das Einschreiben/Rückschein. Wird auf dem Protokoll allein bestätigt, dass ein Fax gesendet wurde und wurde das Fax von einer der Parteien des Mietvertrages versandt, ist es in einem Prozess kaum zu gebrauchen. Das Protokoll weist alleine nach, dass etwas versandt wurde, kann also nicht den konkreten Inhalt nachweisen.

Wird das Fax von einem Dritten, einem möglichen Zeugen, versandt oder druckt das Faxgerät ein Sendeprotokoll mit Kopie des Anschreibens aus, kann man zunächst einmal beweisen, dass man ein bestimmtes Fax abgesendet hat (bei einem Sendeprotokoll mit Kopie aber auch nur das, was auf der Kopie wiedergegeben wird, für gewöhnlich die erste Seite). Es beweist aber nur die Absendung und nicht den Zugang.

Besonders problematisch bei Telefaxschreiben ist, dass der Empfänger behaupten kann, er habe aufgrund einer technischen Störung nichts oder zumindest nichts Lesbares erhalten. Auch dann ist der Zugang, jedenfalls nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung, nicht nachweisbar.

d) Boten

Am sinnvollsten ist wohl die Übersendung per Boten. Dies kann, neben den vielen in Berlin vorhandenen Botendiensten, auch ein Bekannter oder ein Mitarbeiter des Verwalters, Hausmeister sein. Dieser kann dann das Schreiben entweder persönlich bei dem Empfänger abgeben und sich den Empfang quittieren lassen (was allerdings zu Problemen führen kann, wenn nicht der Empfänger selber das Schreiben entgegen nimmt) oder am Besten in den Briefkasten einwerfen. Im Gegensatz zum Postboten ist dies für die meisten Boten eine besondere Situation, an die sie sich noch einige Zeit erinnern werden.

Aus unserer Sicht ist ein weiterer Vorteil des Boten, dass er das Schreiben Zuhause bzw. im Büro abholt. Man erspart sich also das Schlangestehen auf der Post. Und die Botendienste sind nicht so teuer, wie man manchmal vermutet.

e) Persönliche Übergabe

Wenn die Zeit und Muße vorhanden ist, der Vertragspartner nicht zu weit entfernt wohnt oder seinen Geschäftssitz hat und das Vertragsverhältnis nicht „vergiftet“ ist, kann man auch mit dem Original und einer Kopie des Schreibens zu dem Vertragspartner fahren und sich die Übergabe des Originals auf einer Kopie bestätigen lassen. Oder Ihr Zeuge fährt zu dem Vertragspartner und gibt dort selber das Schreiben ab, bzw. besser er wirft das Schreiben hier persönlich in den Briefkasten.

f) Gerichtsvollzieher

Letztlich ist auch eine Übersendung durch den Gerichtsvollzieher möglich. Dieser fertigt selber Abschriften der Schreiben, auf denen er die Übergabe des Originals ausdrücklich bestätigt. Er ist also der Zeuge für den Inhalt des Schreibens.

Allerdings sollte man bedenken, dass die Überbringung von Schreiben per Gerichtsvollzieher eigentlich immer als Affront gesehen wird, frei nach dem Motto, vertraut mir mein Gegenüber überhaupt nicht mehr? Manchmal kann es aber als letzter Warnschuss vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung auch sinnvoll sein, durch Gerichtsvollzieher zuzustellen.

Die Zustellung über den Gerichtsvollzieher nimmt aber besonders viel Zeit in Anspruch.

4. Fazit

Sie sehen, für uns Juristen ist die Frage, wie stelle ich Schreiben beweissicher zu, nicht so einfach zu beantworten. Leider besteht hierfür auch nur ein geringes Problembewusstsein.

Wenn Sie zunächst den Gang zum Rechtsanwalt scheuen und die Angelegenheit selber erledigen möchten, sollten Sie auf jeden Fall die Zeit und Mühe auf sich nehmen, Ihre wichtigen Schreiben nach den dargestellten Regeln an Ihre Vertragspartner zu übersenden. Lässt sich ein Zugang später nicht mehr nachweisen und behauptet das Gegenüber, nie etwas erhalten zu haben, ist ein Fehler auch von einem Rechtsanwalt jedenfalls für die Vergangenheit nicht mehr zu korrigieren.

Gerne übernehmen aber auch mein Büro und ich die rechtliche Betreuung Ihrer Angelegenheit und stellen sicher, dass Ihr Vertragspartner auf jeden Fall Ihre Schreiben erhält!

Wer muss nachweisen Dass Brief angekommen ist?

Beweisbelastet für den Einwurf des Schreibens ist der Absender. Praktischerweise kann der Einwurf durch einen Boten vollzogen werden, der den Einwurf formlos protokolliert und ggf. später als Zeuge zur Verfügung steht.

Wann gilt ein amtliches Schreiben als zugestellt?

Ein Brief / eine Rechnung gilt per Post grundsätzlich als zugegangen, wenn er den Empfänger erreicht hat, das heißt, er in dessen Empfangsbereich gelangt ist.

Wie lasse ich mir den Erhalt eines Briefes bestätigen?

Um auch den Inhalt des Schreibens nachweisen zu können, benötigen Sie einen Zeugen. Dieser Zeuge soll den Brief zunächst lesen, dann in den Briefumschlag stecken und beides auf einer Kopie des Briefes bestätigen.

Wie stelle ich Schreiben Beweissicher zu?

Eine sinnvolle Möglichkeit für einen beweissicheren Zugang ist die Übersendung eines Einschreibens. Beim Einschreiben mit Rückschein erhalten Sie nach dem Zugang eine Benachrichtigungskarte. Auf dieser können Sie genau nachlesen, wer Ihr Schreiben wann in Empfang genommen hat.

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