Energy services nebenkosten wer ist günstiger

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Der Anteil der Nebenkosten an den monatlichen Ausgaben verändert sich aktuell extrem. Was hilft?

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We Are / Digital Vision / Getty Images

»Es war ein Schock«, sagt die Auszubildende Malou L. aus Köln über ihre kürzlich erhaltene Stromrechnung. Gerade erst sei sie unfreiwillig beim örtlichen Grundversorger gelandet, nachdem ihr vorheriger Anbieter insolvent gegangen war. Im ersten Abschlag forderte der neue Anbieter von ihr und ihrem Mitbewohner für die Versorgung der etwa 72 Quadratmeter großen WG 852 Euro – pro Monat. »Ich habe mich dann erst einmal bei der Verbraucherzentrale schlau gemacht«, sagt die Auszubildende.

Wie der 22-Jährigen ergeht es gerade vielen Menschen in Deutschland , auch ohne plötzlichen Anbieterwechsel. SPIEGEL-Leser:innen berichten, dass sie ihre Heizkörper am Wochenende ausschalten würden oder einen Ferienjob aufgenommen hätten, um die letzte Stromrechnung zu bezahlen.

Denn auf den Energiemärkten herrscht vor allem seit der russischen Invasion in die Ukraine Panik. Die Marktpreise für Öl, Gas und Kohle stiegen extrem und werden mit einiger Verzögerung auch an die Verbraucher:innen durchgereicht: 2000 Liter Heizöl kosteten nach Angaben des Vergleichsportals Check24 schon im Februar im Schnitt 1926 Euro und damit 58 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Auch der Liter Diesel und Benzin kostet an vielen Tankstellen inzwischen mehr als zwei Euro.

Immerhin: Einige finanzschwache Haushalte sollen nun eine Einmalzahlung vom Bund bekommen, den Heizkostenzuschuss. Davon sollen nach Angaben der Bundesregierung  rund 2,1 Millionen Menschen profitieren. Der Zuschuss allein wird das Problem allerdings nicht beheben. Und auch wer ihn nicht bekommt, kann mittelfristig durch ein paar Tipps und Tricks die Nebenkosten drücken.

Wer bekommt den Heizkostenzuschuss?

Vom Heizkostenzuschuss  sollen mehrere Gruppen  profitieren:

  • Studierende und Schüler:innen, die Bafög bekommen und nicht mehr bei den Eltern leben 

  • Auszubildende, die Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) oder Ausbildungsgeld erhalten

  • Bezieher:innen von Aufstiegs-Bafög (nach AFBG), einer altersunabhängigen Weiterbildungsförderung des Bundes für Menschen in Ausbildungsberufen

  • Außerdem Empfänger:innen von Wohngeld

Den Heizkostenzuschuss bekommt nach aktuellem Stand nur, wer zwischen Oktober 2021 und März 2022 eine der oben genannten Unterstützungen bezogen hat.

Wie hoch ist der Heizkostenzuschuss?

Wohngeldbezieher:innen, die allein leben, bekommen statt der ursprünglich geplanten 135 Euro nun 270 Euro, Zweipersonenhaushalte erhalten 350 Euro. Für jeden weiteren Mitbewohner sind noch einmal 70 Euro vorgesehen. Studierende, Auszubildende und andere Berechtigte, die die entsprechenden Bedingungen erfüllen, erhalten pauschal 230 Euro.

Der VZBZ-Vorstand Klaus Müller forderte zuletzt eine Hilfe von mindestens 500 Euro pro Haushalt . Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmer, fordert sogar 500 Euro pro Monat .

Wann bekomme ich den Heizkostenzuschuss?

Auf dem Konto landen soll das Geld im Sommer 2022, wenn in der Regel die Heiz- und Nebenkostenabrechnungen anstehen. Der Heizkostenzuschuss ist vom Bundeskabinett beschlossen, tritt aber frühestens nach einem Beschluss des Bundestags am 1. Juni in Kraft, teilte ein Sprecher des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) dem SPIEGEL mit. Erst danach kann also frühestens ausgezahlt werden.

Wie beantrage ich den Heizkostenzuschuss?

In fast allen Fällen soll gar kein Antrag nötig sein, schreibt das BMBF , das Geld soll automatisch überwiesen werden. Studierende mit Anspruch auf Bafög müssen allerdings einen Antrag stellen. Das sei notwendig, weil sie nur einen Zuschuss erhielten, wenn sie nicht mehr zu Hause bei den Eltern lebten, dies müsse nachgewiesen werden, heißt es vom BMBF.

Laut BMBF soll der Antrag frühestens am 1. Juni und spätestens am 31. Dezember 2022 gestellt werden. Bisher ist allerdings unklar, an wen er überhaupt gehen soll. »Für die Festlegung der zuständigen Behörde ist das jeweilige Bundesland zuständig«, bestätigt das BMBF dem SPIEGEL auf Nachfrage. Immerhin: Ein Nachweis über die gezahlten Heizkosten ist nicht notwendig . Auch Bafög-Bezieher:innen im Wohnheim, die oft eine Pauschale bezahlen, können den Zuschuss also beantragen.

Ich lebe in einer WG, wie funktioniert der Heizkostenzuschuss da?

Für Wohngemeinschaften gilt: Erhalten mehrere oder sogar alle Mitbewohner:innen Bafög, Aufstiegs-Bafög oder BAB, bekommen sie laut Ministerium auch alle den Zuschuss. Anders ist es beim Wohngeld: Wer bereits für den Heizkostenzuschuss berücksichtigt werde, weil er oder sie mit jemandem in einem Haushalt lebe, der Wohngeld beziehe, erhalte nicht zusätzlich noch einen Zuschuss als Bafög-Geförderter, erklärt ein Sprecher des BMBF.

Qualifiziert sich nur eine Person in einer WG für den Zuschuss, kann sie damit machen, was sie will. Gesetzlich ist sie nicht gezwungen, ihre Mitbewohner:innen zu beteiligen.

Der Heizkostenzuschuss allein reicht nicht – oder ich erhalte ihn erst gar nicht. Wie kann ich einfach Heizkosten sparen?

Mieter:innen haben oft keinen direkten Einfluss auf die Verträge rund um Wärme und Wasser, weil sie über die Vermieter:innen laufen. »Da muss man hoffen, dass der Vermieter oder die Vermieterin einen guten Vertrag abgeschlossen hat«, sagt Joshua Jahn, Projektleiter Energiesparen bei der Verbraucherzentrale Brandenburg. Was aber jede:r machen könne: unnötigen Verbrauch minimieren.

Ein einfacher Trick seien etwa Duschköpfe mit Sparfunktion, sagt Jahn. Das Wasser werde oft über die Heizanlage erwärmt – wer Warmwasser spare, spare also auch Heizkosten. »Diese Duschköpfe mischen Luft mit ins Wasser und können so, je nach Haushaltsgröße, bis zu 200 Euro pro Jahr einsparen.«

»Jedes Grad, um das man die Heizung herunterstellt, spart etwa sechs Prozent Energie ein.«

Verbraucherschützer Joshua Jahn

Auch die Heizung nur ein wenig herunterzudrehen, wirkt sich Jahn zufolge positiv aufs Portemonnaie aus: »Jedes Grad, um das man die Heizung herunterstellt, spart etwa sechs Prozent Energie ein. Wenn man vorher die Wohnung auf 24 Grad geheizt hat und nun auf 20, kann man also fast ein Viertel der Kosten sparen.« Um trotzdem nicht zu frieren, seien gut abgedichtete Fenster ein wichtiger Faktor: »Darüber geht die meiste Wärme verloren.« Im Zweifel müsse man mit dem Vermieter über Maßnahmen zur Dämmung reden.

Nicht nur die Heiz-, sondern auch die Stromkosten steigen. Gibt es dafür auch einen Zuschuss?

Bisher ist das nicht geplant. Wer verhindern will, dass die Stromnachzahlung ein zu großes Loch in die Haushaltskasse reißt, muss auch hier versuchen, weniger Energie zu verbrauchen.

Wie kann ich einfach Strom sparen?

Die größten Energiefresser  in Privathaushalten sind laut einer Erhebung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) aus dem Jahr 2019 die IT- und Fernsehgeräte. Sie verursachen im Schnitt mehr als ein Viertel (27 Prozent) der Gesamtkosten. Ob nun die Mitbewohnerin Kryptowährung schürft oder der Zimmernachbar zum Schlafen seine Lieblingsserie auf dem Fernseher streamt: Hier lässt sich viel Geld durch weniger Nutzung oder kleinere Geräte einsparen.

»Wenn Geräte zehn Jahre alt sind, kann sich ein Austausch bereits lohnen.«

Verbraucherschützer Joshua Jahn

Nach den IT-Geräten folgen Kühl- und Gefrierschränke (17 Prozent) sowie Waschmaschinen und Trockner (13 Prozent). Hier kann es sich lohnen, besonders alte Geräte mit hohem Energieverbrauch durch neue zu ersetzen – was bei stetig wechselnden WG-Zusammensetzungen natürlich weniger Sinn ergibt als zum Beispiel bei Paaren oder Rentner:innen. »Wenn Geräte zehn Jahre alt sind, kann sich ein Austausch bereits lohnen. Bei 15 Jahre alten Geräten würde ich dringend dazu raten – gerade bei den aktuellen Energiepreisen. Das holt man schnell wieder rein«, sagt Verbraucherschützer Jahn.

Wie man Jahn zufolge noch Strom sparen kann:

  • Küche: Der Backofen funktioniert bei fast allen Gerichten auch ohne Vorheizen einwandfrei. Außerdem kann man oft mit Restwärme kochen und bei manchen Gerichten die Platten oder den Backofen zehn Minuten vor Ende der Koch- beziehungsweise Backzeit ausschalten. Auch ein Deckel auf dem Topf verringert den Energieverbrauch. Wer Wasser erst im Wasserkocher erhitzt und dann in den Topf gießt, spart ebenfalls.

  • Wohnzimmer: Viele Geräte verbrauchen auch im Stand-by-Modus viel Strom. Wer alle an einen Mehrfachstecker anschließt und den bei Nichtnutzung ausschaltet, kann schon bei fünf Geräten über 100 Euro pro Jahr sparen, sagt Jahn.

  • Wasch- und Spülmaschine: Die Öko-Programme und niedrigen Temperaturen sparen Strom und damit Geld. Außerdem sollte man nur waschen beziehungsweise spülen, wenn die Geräte voll sind.

  • Wäschetrockner: Sie sind gerade in kleineren Haushalten verzichtbar. Wichtig ist nur, bei viel nasser Wäsche in der Wohnung richtig zu lüften, um Schimmelbildung zu vermeiden und Heizkosten zu sparen. Konkret heißt das: lieber dreimal am Tag kurz stoßlüften als den ganzen Tag das Fenster auf Kipp zu stellen.

Lohnt es sich im Moment, den Stromanbieter zu wechseln?

Das kommt darauf an. Verbraucherschützer Jahn warnt aktuell vor überstürzten Wechseln: »Der Markt ist gerade total in Aufruhr, die Preise sind drunter und drüber. Viele Vergleichsplattformen kommen nicht mit dem Aktualisieren hinterher.« Es könne daher sein, dass die Anbieter auf ihren eigenen Seiten andere Tarife und Preise anböten als im Vergleichsportal. Manche würden gar keine Kunden mehr annehmen.

Man brauche daher schon etwas detektivischen Eifer, um zum besten Tarif zu finden. »Normalerweise empfehlen wir, den Stromanbieter oft zu wechseln, weil Neukunden oft besonders gute Konditionen angeboten werden. Aktuell ist es umgekehrt: Wer noch eine Preisgarantie hat, sollte so lange im Vertrag bleiben, bis der Preis sich ändert.«

Wie wechsle ich den Stromanbieter?

Wer zu einem günstigeren Stromanbieter wechseln möchte, kann das ganz einfach online tun. Vorher lohnt sich ein Vergleich, die Stiftung Warentest hat 2021  verschiedene Portale dafür bewertet und empfiehlt Verivox oder Check24.

Laut der Verbraucherzentrale liegt die Kündigungsfrist für Stromverträge beim Grundversorger (meist das örtliche Stadtwerk) bei zwei Wochen. Ansonsten können die Kündigungsfristen je nach Vertrag unterschiedlich sein. Oft regelt die Kündigung aber der neue Stromlieferant, das erleichtert den Wechsel.

Wenn mein Vertrag gekündigt wird oder ich beim Wechsel einen Fehler mache, stehe ich dann ohne Strom da?

»Darüber muss sich niemand Sorgen machen«, sagt Experte Jahn. Für solche Fälle gebe es immer die örtliche Grundversorgung, also meist die Stadtwerke. In der Vergangenheit seien diese häufig teurer als der Durchschnitt gewesen. Wie so oft aktuell stehe die Welt allerdings auch hier Kopf: »Derzeit ist die Grundversorgung teilweise sogar günstiger, weil langfristiger Strom eingekauft wurde«, sagt Jahn.

Anders war es bei der 22-jährigen Malou L. aus Köln. Sie hat inzwischen einen Anbieterwechsel weg vom Grundversorger gewagt und zahlt statt der zuerst befürchteten 852 Euro nun 240 Euro im Monat für ihre 72 Quadratmeter große WG – noch.

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