Erwerbsminderungsrente erhöhung auch für bestandsrentner 2022

13.07.2022 Detlef Pohl Berater Recht & Haftung

Wer richtig zur BU-Versicherung beraten will, sollte auch die gesetzlichen Ansprüche seiner Kunden auf Erwerbsminderungsrente kennen. Da stehen demnächst gesetzliche Erhöhungen an. Die Deutsche Rentenversicherung Bund nennt die Höhen und Fristen.

Erwerbsminderungsrente erhöhung auch für bestandsrentner 2022

Eine gesetzliche Rente für Erwerbsgeminderte rettet nicht den Lebensstandard, sondern sichert die bloße finanzielle Grundexistenz. Ohne privaten BU-Schutz wird es eng bleiben. Bild: jeffbergen

Die versicherte BU-Rente ist oft zu knapp bemessen. Im Schnitt 1.000 Euro Monatsrente sind es bei 2020 neu abgeschlossenen BU-Verträgen, bei älteren Policen noch weniger. Der Absicherungsbedarf steigt zudem oft im Laufe des Lebens, zumal in jungen Jahren häufig mit „Starter-Policen“ begonnen wird, um Schülern, Studenten und Berufsanfängern mit sehr günstigen Beiträgen zum BU-Schutz zu verhelfen.

Zum Glück haben insbesondere Arbeitnehmer auch Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV): die Erwerbminderungsrente. Wer aus gesundheitlichen Gründen weniger als sechs Stunden arbeiten kann, bekommt sie wegen teilweiser Erwerbsminderung (EM), bei weniger als drei Stunden Leistungsvermögen wegen voller EM. Voraussetzung: Man war mindestens fünf Jahre in der GRV versichert und hat in den letzten fünf Jahren vor dem EM-Fall mindestens 36 Monate Pflichtbeiträge gezahlt.

Bislang wurde EM-Leistung nur für Neurentner erhöht

Unterm Strich ergibt das für Neurentner 2021 eine Durchschnittsrente von 972 Euro netto (nach Abzug von Kranken- und Pflegebeitrag) vor Steuern bei voller EM, berichtet Christoph Schnell von der Abteilung Rechts- und Fachfragen der DRV Bund jüngst bei einem DRV-Fachseminar in Berlin. Bei teilweiser EM seien es monatlich 917 Euro bei Neurentnern.

Seit 2019 entspricht die Höhe dieser vorgezogenen Rente dem, was Bezieher an Altersrente bekämen – unter der fiktiven Annahme, dass sie bis zur regulären Altersgrenze in dem zuvor üblichen Umfang Sozialbeiträge gezahlt hätten. Bis 2014 hatte sich der Anspruch an der Grenze für den frühestmöglichen Renteneintritt orientiert (häufig mit 60), was mit Abschlägen von 10,6 Prozent verbunden war.

Mit solchen „Zurechnungszeiten“ wird die EM-Rente also bereits seit 2014 aufgefüllt: Für Neurentner stieg die Altersgrenze ab Juli 2014 von 60 auf 62 Jahre, für Neurentner ab 2019 dann von 62 auf 65 Jahre und acht Monate. Diese Reformen begünstigten jedoch nur neue EM-Rentner.

Erhöhung kommt auch für den Bestand

Nun wurde ein Gesetzespaket im Zusammenhang mit der turnusmäßigen Rentenerhöhung zum 1. Juli 2022 beschlossen, wonach auch EM-Bestandsrentner pauschaliert Zuschläge auf ihre EM-Rente bekommen sollen:

  • Wer zwischen Januar 2001 und Juni 2014 EM-Rentner wurde, erhält 7,5 Prozent Zuschlag, allerdings erst ab Juli 2024.
  • Wer zwischen Juli 2014 und Dezember 2018 EM-Rentner wurde, erhält 4,5 Prozent Zuschlag, ebenfalls erst ab Juli 2024.

Diese Zuschläge sollen auch für Bezieher von Witwen- und Waisenrenten gelten. Ein Antrag auf die Erhöhung sei nicht notwendig. Begünstigt sind laut Schnell rund 1,4 Millionen EM-Rentenfälle, weitere 1,3 Millionen Fälle, bei denen im Anschluss an die EM-Rente eine Alters- oder Hinterbliebenenrente gezahlt wird sowie 400.000 Fälle von Hinterbliebenen, bei denen der Verstorbene noch keine Rente bezogen hatte.

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19.04.2022 Martin Thaler Berater Versicherungen

Bereits in der jüngeren Vergangenheit hat die Bundesregierung die Erwerbsminderungsrente mehreren Reformen unterzogen, nun folgt eine weitere. Eine private Absicherung ersetzen kann diese allerdings weiterhin nicht.

Erwerbsminderungsrente erhöhung auch für bestandsrentner 2022

Die Bundesregierung will die Leistungen in der Erwerbsminderungsrente verbessern. Bild: Adobe Stock/agenturfotografin

Wer aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit frühzeitig aus dem Berufsleben ausscheidet, erhält vom Staat – unter Umständen – eine Erwerbsminderungsrente. Rund 1,8 Millionen Menschen bezogen eine solche im Jahr 2020 laut Daten der Deutschen Rentenversicherung – allein im vergangenen Jahr kamen 175.000 Rentenbezieher hinzu.  

Doch das Absicherungsniveau ist gering – Männer in den neuen Bundesländern erhielten durchschnittlich 826 Euro im Monat ausgezahlt, in den alten Bundesländern war es mit 872 Euro etwas mehr. Am meisten erhielten durchschnittlich Frauen im Osten des Landes – sie kamen im Durchschnitt auf eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von 965 Euro.  

Im Einzelfall kann es deutlich weniger werden – schließlich ist für die Höhe der Erwerbsminderungsrente ebenfalls entscheidend, wie lange der Arbeitnehmer bereits in die Rentenversicherung eingezahlt, wie viele Rentenpunkte er angesammelt hat und wie lange er bis zum Erhalt der regulären Altersrente noch arbeiten müsste.  

Reform für Bestandsrentner

Um Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen keiner Arbeit mehr nachgehen können, stärker unterstützen zu können, hat die Bundesregierung nun eine Erhöhung der Erwerbsminderungsrenten beschlossen. Im Gegensatz zu den vorherigen Erhöhungen der Erwerbsminderungsrente sollen diesmal auch Bestandsrentner berücksichtigt werden.  

Wer seit der Zeit zwischen dem 1. Januar 2001 und dem 31. Dezember 2018 eine Erwerbsminderungsrente bezieht, soll ab dem 1. Juli 2024 einen pauschalen Zuschlag zur Rente erhalten. Für Zugänge mit einem Rentenbeginn vom 1. Januar 2001 bis zum 30. Juni 2014 wird es einen Zuschlag von 7,5 Prozent zur jeweiligen Rente geben. Für Zugänge mit einem Rentenbeginn ab dem 1. Juli 2014 bis zum 31. Dezember 2018 fällt der Zuschlag mit 4,5 Prozent niedriger aus, da diese Rentenbezieher bereits von den Reformen der vergangenen Jahre profitiert hätten, schreibt das Bundesarbeitsministerium auf seiner Seite.  

Wie sich die Rentenerhöhung konkret auswirken soll, verdeutlicht das Ministerium anhand einiger Beispiele. 

Genannt wird hier beispielsweise der 1981 geborene Jürgen K., der in der Verwaltung eines Autohauses tätig war und seit dem 1. Juli 2017 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erhält. Sein Rentenanspruch beträgt zum 30. Juni 2024 insgesamt 450 Euro. Durch die Reform würde er ab dem 1. Juli einen Zuschlag in Höhe von 4,5 Prozent erhalten – das entspreche 20,25 Euro. Seine Erwerbsminderungsrente würde somit zum 1. Juli 470,25 Euro betragen.  

Ein weiteres Beispiel dreht sich um einen Maurer, der seit 1. Oktober eine volle Erwerbsminderungsrente erhält. Sein Rentenanspruch beträgt am 30. Juni 2024 1.000 Euro. Dieser würde durch den Zuschlag von 7,5 Prozent zum 1. Juli 2024 somit auf 1075 Euro steigen – brutto wohlgemerkt. Steuern sowie Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung müssen hier noch abgezogen werden.  

Lob und Kritik

Profitieren sollen von der Reform nicht nur die aktuellen Bezieher einer Erwerbsunfähigkeitsrente, sondern auch diejenigen, deren Erwerbsunfähigkeitsrente mittlerweile in eine Altersrente übergegangen ist. Laut Bundesregierung sollen insgesamt rund drei Millionen Renten einen Zuschlag erhalten.  

Die Erhöhung der Renten für Bestandsrentner fand zwar von Seiten vieler Sozialverbände Lob, jedoch sind durchaus auch Stimmen zu vernehmen, die auf höhere Zuschläge pochen. „Über die Höhe des Zuschlags müssen wir im parlamentarischen Verfahren allerdings nochmal reden“, erklärte VdK-Präsidentin Verena Bentele. Sie spricht sich für Zuschläge in Höhe von 15 beziehungsweise neun Prozent aus – zudem fordert sie, dass die Zuschläge nicht erst ab Mitte 2024, sondern schnellstmöglich greifen sollten.  

Die Versicherungswirtschaft bemängelt indes die Kosten der Reform. Neben den 18,8 Milliarden Euro, die durch die aktuellen Rentenerhöhungen fällig werden, kommen durch die Reform der Erwerbsminderungsrente noch einmal weitere 2,6 Milliarden Euro pro Jahr an Kosten für die Deutsche Rentenversicherung hinzu.  

Auch mit der Reform sollten sich Berufstätige nicht allein auf die staatliche Hilfe verlassen. Denn nach wie vor sind die Voraussetzungen, um eine volle Erwerbsminderungsrente zu erhalten, anspruchsvoll. So darf der Werktätige nicht mehr in der Lage sein, länger als drei Stunden am Tag zu arbeiten – egal in welchem Beruf. Zudem muss er bereits fünf Jahre in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben – in den fünf Jahren vor Renteneintritt muss er zudem mindestens drei Jahre Beiträge gezahlt haben. Nach wie vor ist somit jedem Berufstätigen angeraten, seine Arbeitskraft privat abzusichern.

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Werden die Erwerbsminderungsrente 2022 auch erhöht?

Am 10. Juni 2022 hat der Bundesrat die Erhöhung der Altersrenten und Verbesserung für Erwerbsminderungsrenten gebilligt.

Wer bekommt die Erhöhung der Erwerbsminderungsrente?

Erhöhung der Erwerbsminderungsrenten Die Erwerbsminderungsrenten werden ab 1. Juli 2024 für diejenigen erhöht, die schon seit längerer Zeit eine Erwerbsminderungsrente beziehen – etwa drei Millionen Rentnerinnen und Rentner profitieren davon.

Wird die Erwerbsminderungsrente verbessert?

Die rund drei Millionen Bezieherinnen und Bezieher von Erwerbsminderungsrente können mit deutlich höheren Bezügen rechnen. Die Anhebung soll bis zu 7,5 Prozent betragen und ab 1. Juli 2024 ausgezahlt werden. Das sieht ein Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil vor.

Was ist mit den bestandsrentner?

Der Bestandsrentner im Sinne dieser neuen Regelung ist derjenige Versicherte, der vor Inkrafttreten der neuen Regelung zum Stichtag 31.12.2018 schon eine Erwerbsminderungsrente oder Hinterbliebenenrente bezieht. Dies ist nicht zu verwechseln mit Zustand, dass der Versicherte die Rente vor dem 31.12.2018 beantragt hat.