Kann mietfreies Wohnen auf Erbe angerechnet werden?

Der Bruder meiner Freundin bewohnt seit knapp 20 Jahren eine Wohnung im Elternhaus. Die ortsübliche Kaltmiete für die Wohnung beträgt 500,-€. Seine Eltern verlangen aber, da er ja ihr Sohn ist, nur 250,-€ inkl. Nebenkosten. Klar können die Eltern verlangen, was sie wollen. Wie sieht es aber aus, wenn mal der Erbfall eintritt und das Haus zwischen meiner Freundin und ihrem Bruder aufgeteilt wird? Bis dahin hat ihr Bruder an Miete und Nebenkosten schon einen 6-stelligen Betrag geschenkt bekommen. Kann so etwas als Zuwendung geltend gemacht werden? Ist es für ihn vllt. ein Geldwerter Vorteil? Oder ist es einfach nur moralisch verwerflich?

7 Antworten

Kann mietfreies Wohnen auf Erbe angerechnet werden?

Rechtlich gesehen ist die Überlassung der Wohnung eine Leihe und keine Schenkung. Selbst wenn man die Leihe in Bezug auf den Pflichtteil wie eine Schenkung handhaben würde, würde das kaum etwas ändern.

Denn der Wert der Schenkung wird pro Jahr um 10% abgescholzen. Es würde sich als Schenkungswert somit 5 Jahresmiten ergeben.

Der Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils wobei der Schenkungswert anteilig ( also nach Abschmelzung) den Nachlasswert hinzugerechnet wird. Das was der Berechtigte durch das Erbe erhält wird abgezogen.

Nun wird das halbe Haus mehr wert sein als das Viertel Haus + das Viertel der 5 Jahresmieten. Somit entsteht kein Pflichtteilsergänzungsanspruch.

Kann mietfreies Wohnen auf Erbe angerechnet werden?

Ich finde es nicht gut, wenn Geschwister anfangen wegen Erbe zu streiten. Wenn die Eltern sterben ist das tragisch und man sollte dann einfach das Erbe normal aufteilen. Dann hat jeder seinen Teil bekommen und gut ist.

Ich bin mir sicher, dass deine Freundin wenn sie wollte, genauso bei ihren Eltern für die halbe Miete wohnen dürfte.

Wenn es dir darum geht, dass ihre Eltern dadurch weniger Geld haben, was sie theoretisch an deine Freundin vererben könnte, dann lass dir gesagt sein, dass die Eltern das Erbe auch anderweitig verschleudern könnten. Alle 3 Wochen für 1,5 Wochen ne Kreuzfahrt machen oder sonstwas. Davon würde deine Freundin nie einen Cent sehen.

Menschen sind raffgierig. Aber wieso sollen gute Beziehungen zwischen Geschwistern kaputt gehen, nur weil einer den Hals nicht voll bekommt?

Kann mietfreies Wohnen auf Erbe angerechnet werden?

Kann so etwas als Zuwendung geltend gemacht werden? Ist es für ihn
vllt. ein Geldwerter Vorteil? Oder ist es einfach nur moralisch
verwerflich?

Nichts von alledem! Die Eltern können zu Lebzeiten mit ihrem Vermögen machen, was immer sie wollen! Sie könnten das Haus auch dem Bruder schenken. Wenn eine gewisse Frist verstrichen wäre, dann würde deine Freundin überhaupt nichts mehr davon erben! Unglaublich, wie manche aufs Erbe spekulieren! Deine Freundin sollte lieber ihre Energie  und Zeit dafür verwenden, sich selbst etwas zu schaffen und nicht neidisch auf den Bruder zu blicken.

Kann mietfreies Wohnen auf Erbe angerechnet werden?

Das solltest du mit einem Anwalt drüber reden, der sich mit Erbschaftsangelegenheiten auskennt. Das ist eine sehr heikle Angelegenheit, denn wenn die Eltern das nicht so sehen, kann es zu heftigen Streitereien kommen. Und die sind weder vor noch nach dem Erbfall besonders gut.

Wie versteht sich denn deine Freundin mit ihrem Bruder? Können die beiden das nicht zusammen regeln? Oder vielleicht gemeinsam mit den Eltern reden?

Kann mietfreies Wohnen auf Erbe angerechnet werden?

Ich kenne mich jetzt nicht mit Erbrecht aus, aber ich würde sagen du fragst sowas mal einen Anwalt, der sich auf dem Gebiet auskennt.

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Erbrecht (Rechtstipps)

Rechtsgebiet: Erbrecht
Autor: Vollmer
Datum: 2020/01

Nicht selten erfahren auch erwachsene Kinder Unterstützung durch Eltern in der Form, dass kostenfreies Wohnen im elterlichen Anwesen ermöglicht wird.

Ob und inwieweit bei kostenfreiem Wohnen pflichtteilsrechtliche Konsequenzen bestehen ist fraglich und war Gegenstand einer aktuellen Entscheidung des Landgerichtes Kaiserslautern, veröffentlich in ZErb 2020, S. 36 ff. (Az. 3 O 133/18).

In dem dort entschiedenen Fall hatte der Erbe gemeinsam mit der Erblasserin deren Anwesen mietfrei bewohnt. Nach dem Tod der Erblasserin verlangte ein pflichtteilsberechtigter Abkömmling hierfür einen Ausgleich und vertrat dabei die Auffassung, dass die Möglichkeit des mietfreien Wohnens entweder eine Schenkung darstellt oder als Ausstattung zu qualifizieren sei, in jedem Fall aber pflichtteilserhöhend wirke.

Dem ist das Landgericht Kaiserslautern entgegengetreten und hat in der genannten Entscheidung festgestellt, dass das mietfreie Wohnen weder eine Schenkung darstellt noch als Ausstattung zu qualifizieren wäre.

Eine Schenkung sei deswegen zu verneinen, weil keine Minderung des Erblasservermögens vorliege, wenn lediglich Wohnraum zum Gebrauch überlassen würde.

Diese Art der Gebrauchsüberlassung sei nicht mit einem Nießbrauch vergleichbar, weil eine Gebrauchsüberlassung nicht die Qualität der Nutzung einer Sache erreiche.

Dessen ungeachtet war im konkreten Fall nach Auffassung des Landgerichts auch nicht davon auszugehen, dass für die konkrete Nutzungsüberlassung üblicherweise eine Vergütung gezahlt würde. Das war nach Auffassung des Landgerichtes darin begründet, dass es sich um ein äußerst kleines Wohnhaus von gerade einmal 70 qm Wohnfläche handelte mit gemeinsamer Nutzung von Bad und ähnlichen Einrichtungen, was vielleicht bei studentischen Wohngemeinschaft noch entgeltlich denkbar sei, nicht aber in einem solchen Fall.

Auch die Annahme einer Ausstattung im Sinne von §§ 2316 Abs. 3, 2050 Abs. 1, 1624 BGB hat das Landgericht verneint.

Eine Ausstattung liegt dann vor, wenn die Zuwendung mit Rücksicht auf die Verheiratung eines Abkömmlings oder zur Erlangung einer selbständigen Lebensstellung oder zur Erhaltung der Wirtschaft einer Person erfolgt, § 1624 Abs. 1 BGB.

Das alles könne bei der Überlassung an den Abkömmling nicht angenommen werden, weshalb die klagende Partei aus diesen Gründen mit ihrer Klage keinen Erfolg hatte. Damit wird ersichtlich, dass nicht jede unentgeltliche Nutzungsmöglichkeit pflichtteilsrelevante Auswirkungen hat.

Ob dies auch umgekehrt dann gilt, wenn Eltern einem Abkömmling eine Immobilie übertragen und sich zwar kein dinglich gesichertes Nutzungsrecht vorbehalten, sondern lediglich unentgeltlich den von ihnen an einen Abkömmling übertragenen Gegenstand weiternutzen können, war nicht Gegenstand der Entscheidung.

In jedem Fall ist ratsam, vor solchen Gestaltungen rechtlichen Rat einzuholen.

Rechtsanwalt und Notar

Fachanwalt für Erbrecht

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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Welche Nachteile hat eine Erbengemeinschaft?

Ist die Erbengemeinschaft uneinig, kann ein Aktiendepot per Mehrheitsbeschluss der Erbengemeinschaft aufgelöst werden. Gibt es nachweisliche Nachteile durch die Verweigerung der Auseinandersetzung, besteht für die benachteiligten Erben ein Schadensersatzanspruch.

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Wer verwaltet ein geerbtes Haus? Die Verwaltung einer geerbten Immobilie kann durch einen der Miterben erfolgen, sofern sich darüber alle Erben einig sind. Beispiel: Herr Müller und seine zwei Geschwister haben zu je 1/3 ein Mehrfamilienhaus von den Eltern geerbt.