Was tun wenn der arbeitgeber gegen das arbeitszeitgesetz verstößt

Ihrer Schilderung kann ich leider nicht genau entnehmen, aus welchem "Lager" Sie in diesem Fall kommen. Daher kann ich meine Anmerkungen zu dem Fall hier leider nicht eindeutig auf Ihre Position (Arbeitgeberin? Mitarbeiterin? Betriebsratsmitglied?) zuschneiden. Diesbezüglich bitte ich um Verständnis.

Wenn ich Sie richtig verstehe, hat der Mitarbeiter rein faktisch gar keinen Verstoß gegen die Arbeitszeit begangen, da er seine tägliche Arbeitszeit von 7,5 Stunden durch das pausenlose Durcharbeiten an dem besagten Tag erfüllt hat. Daher ist eine fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt. Auch eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung dürfte hier nicht in Betracht kommen, da sich bisher keine Abmahnungen in der Personalakte des Arbeitnehmers befinden. Eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung setzt grundsätzlich eine vorherige Abmahnung für den gleichen oder zumindest für einen vergleichbaren Sachverhalt voraus.

Gleichwohl dürfte ein arbeitsrechtlicher Pflichtenverstoß vorliegen, da der Arbeitnehmer nicht länger als sechs Stunden am Stück ohne Ruhepause arbeiten darf. Diese zwingende Schutzvorschrift befindet sich in dem unten zitierten § 4 des Arbeitszeitgesetzes (kurz: ArbZG), der grundsätzlich auf alle Arbeitsverhältnisse anwendbar ist. Möglicherweise liegt daneben auch ein Verstoß gegen eine Weisung des Arbeitgebers oder gegen eine Betriebsvereinbarung bezüglich der Ruhepausen vor. Dies kann anhand der Angaben hier natürlich nicht überprüft werden. Ob dies darüber hinaus der Fall ist, muss hier allerdings nicht abschließend beantwortet werden, da, wie bereits erwähnt, zumindest bereits ein Verstoß gegen § 4 ArbZG vorliegt und ein weiterer Verstoß gegen betriebsinterne Regelungen / Weisungen nichts Grundlegendes an der rechtlichen Bewertung des Sachverhalts ändern dürfte. Eine Abmahnung halte ich daher in jedem Fall für gerechtfertigt, eine Kündigung dagegen für nicht gerechtfertigt.

Nach alledem sollte sich der Arbeitnehmer nicht von der Arbeitgeberseite unter Druck setzen lassen. Auch von einer Eigenkündigung ist dringend abzuraten, da eine solche in aller Regel die Verhängung einer Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld von der zuständigen Arbeitsagentur zur Folge hat. Es scheint mir hier der in der Praxis nicht unübliche Versuch eines Arbeitgebers vorzuliegen, einen langjährigen Mitarbeiter durch Schaffung von Drucksituationen und Auffahren "schwerer Geschütze" (Einschaltung eines Anwalts und des Vorgesetzten) kostengünstig loswerden zu wollen. Sofern dem Mitarbeiter eine Kündigung zugeht oder ausgehändigt wird, hat dieser im Übrigen nur drei Wochen Zeit, um eine Klage hiergegen beim Arbeitsgericht einzureichen. Wenn er diese Frist verstreichen lässt, wird eine an sich nicht gerechtfertigte Kündigung im Nachhinein allein durch das fruchtlose Verstreichenlassen der Klagefrist doch noch wirksam.

Die Herausgabe von Gesprächsnotizen kann der Mitarbeiter nicht vom Arbeitgeber verlangen. Sollte es zu einer Kündigung und einem Verfahren hiergegen kommen, dürften nicht wenige Arbeitsgerichte in der Güteverhandlung hier einen Vergleich in Form der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von einem halben bis zu einem vollen Bruttomonatsgehalt je Beschäftigungsjahr des Arbeitnehmers vorschlagen.

Erstellt am 02.08.2007 um 14:59 Uhr von see-see

@Paula
Genau so habe ich es auch gemeint. Deshalb schrieb ich doch

..., "dass es immer sinnvoll ist, den Arbeitnehmer wenigstens darüber zu informieren, um was es geht, und darüber, dass der BR sich diesbezüglich mit dem AG in Verbindung setzen wird."

Und wieso soll ich meinen Kollegen nicht auf einen Missstand und darauf, dass ich mit dem AG darüber reden werde, HINWEISEN dürfen?

Von Maßregeln war doch keine Rede. Nur wüßte ich selbst als AN schon gern bescheid, wenn mein Verhalten (ob ich es zu verantworten habe oder nicht) Anlass zu einem Gespräch mit der GL ist...

@petrus + wölfchen
Ich möchte mich hier nun wirklich nicht völlig zum Affen machen, aber:
Liege ich denn wirklich so falsch, dass ich (wäre ich der betroffene AN) einen Jagdschein brauche, wenn ich lieber von meinem BR als von meinem AG informiert werde? Versetzt euch doch mal in die Lage des "unwissenden" AN, der irgendwann von seinem AG "informiert" wird. Da mögen die Erfahrungen und somit auch die Sichtweisen auseinander gehen...

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Kategorie: Arbeitszeit, Arbeitsbedingungen > Arbeitszeitberatung und -gestaltung > zulässige Arbeitszeitdauer

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Frage:

Ich möchte mich für einen Bekannten erkundigen, an wen man sich wenden kann, wenn man der Meinung ist, dass es in einer Firma nicht rechtmäßig zugeht? Denn er muss 12-14 Stundenschichten schieben, kann dann für 4 Stunden nach Hause und muss dann am nächsten Morgen wieder zur Frühschicht da sein. Und dann kommt noch dazu, dass er kaum noch ein Familienleben hat, da er grundsätzlich auch noch Wochenendschichten hat. Und drum würde ich mich freuen, wenn Sie mir mitteilen könnten, wohin sich mein Bekannter wenden kann, damit diese Zustände abgestellt werden können?

Antwort:

Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) gilt grundsätzlich für alle Arbeitnehmer in allen Beschäftigungsbereichen. Ausgenommen sind hier lediglich leitende Angestellte im Sinne des § 5 (3) des Betriebsverfassungsgesetzes.


Nach § 2 ArbZG ist Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen. Nach § 3 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer acht Stunden nicht überschreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängert werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Arbeitszeiten über 10 Stunden sind grundsätzlich - abgesehen von Notfällen und außergewöhnlichen Fällen - nur aufgrund abweichender tarifvertraglicher Regelungen oder mit behördlicher Ausnahme zulässig.


Im § 4 ArbZG sind Regelungen zu Ruhepausen getroffen: Die Arbeit ist durch im Voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen.


Die Ruhepausen nach Satz 1 können in Zeitabschnitte von jeweils 15 Minuten aufgeteilt werden.


Länger als sechs Stunden hintereinander dürfen Arbeitnehmer nicht ohne Ruhepause beschäftigt werden.


Nach § 5 Abs. 1 ArbZG müssen Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden haben. Hiervon lässt das ArbZG einige wenige Ausnahmen zu, die u.a. abhängig ist von der Art der ausgeübten Tätigkeit.


Zur Arbeitszeitgestaltung besteht in NRW das Beratungsangebot des Zeitbüros FOM


Im Betrieb sollen in Belangen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes die Fachkräfte für Arbeitssicherheit, die Betriebsärztin/ der Betriebsarzt und -sofern vorhanden- der Betriebs- oder Personalrat als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.


Im § 17 des Arbeitsschutzgesetzes werden Rechte der Arbeitnehmer definiert. Sollte der Arbeitgeber den berechtigten Beschwerden der Beschäftigten nicht abhelfen, können sich diese an die zuständige Arbeitsschutzbehörde wenden.


Wir bitten um Verständnis, dass KomNet aufgrund bestehender Gesetze keine Beratung in individuellen Rechtsangelegenheiten leisten darf. Die haftungsrechtliche Frage sollte direkt an Angehörige der rechtsberatenden Berufe bzw. entsprechend autorisierte Stellen (Kammern, Verbände etc.) gerichtet werden.

Wo kann man seinen Arbeitgeber anzeigen?

eine externe Stelle ansprechen: Er kann nun seine Anzeige der zuständigen Arbeitsschutzbehörde (in der Regel das Gewerbeaufsichtsamt oder das Landesamt für Arbeitsschutz) oder dem Technischen Aufsichtsdienst (TAD) der jeweiligen Berufsgenossenschaft melden.

Ist es erlaubt mehr als 10 Stunden zu arbeiten?

Die Arbeitszeit kann über 10 Stunden ausgeweitet werden, wenn regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft/Bereitschaftsdienst anfällt (§7 (1) ArbZG). Der Ausgleichzeitraum von 24 Wochen kann auf ein Jahr verlängert werden (§7 (1) und §7 (8) ArbZG).

Kann man den Arbeitgeber anzeigen?

Wenn Arbeitnehmer Anhaltspunkte dafür haben, dass Arbeitskollegen, Vorgesetzte oder die Geschäftsleitung Straftaten verüben, sind sie im Prinzip dazu berechtigt, eine Strafanzeige zu erstatten, d.h. die Polizei oder die Staatsanwaltschaft zu informieren.

Wer ist verantwortlich für die Arbeitszeiterfassung?

Ob die Aufzeichnung handschriftlich oder digital erfolgt, ist also Arbeitgebenden überlassen. Grundsätzlich ist der Arbeitgebende laut § 16 ArbZG verpflichtet, die Zeiten zu erfassen. Allerdings kann er die Zeiterfassung an den Arbeitnehmenden delegieren.