Wer arbeitet ist zu faul zum nichtstun

Martin Liebmann kennt die verschiedenen Geschwindigkeiten des Lebens. Von der absoluten Entschleunigung eines Baby-Pausenjahres bis zur 90-Stunden-Woche als Vollzeit-Unternehmer war er in zahlreichen Hängematten und Hamsterrädern unterwegs. Seine Erfahrung: Für Muße findet sich in unserer Hochgeschwindigkeitsgesellschaft kaum noch Zeit, die Langeweile ist in Verruf geraten. Leerräume auszuhalten fällt uns schwer, wer nichts tut, ist nichts wert.

Mit seinem Buch bricht Martin Liebmann der Faulheit eine Lanze. Er führt aus, welch Genuss es sein kann, nichts zu tun und erklärt, warum wir sogar manchmal nichts tun müssen, um produktiv sein zu können. Sein Buch ist eine humorvolle Einladung zum Innehalten und eine philosophische Anleitung zum Nichtstun, bei der man sich selbst und vielleicht auch etwas Glück finden kann.

Schaut man in den Duden, dann ist ein Faulenzer jemand, der faul ist. Diese wenig aussagekräftige Definition wird etwas erhellt, wenn man die Synonyme zu Faulenzer betrachtet: Demnach ist ein Faulenzer ein…

  • Drückeberger,
  • Faulpelz,
  • Gammler,
  • Nichtstuer oder
  • Tunichtgut,

in allen Fällen jedoch eine Person, von der eigentlich Aktivität erwartet wird, die jedoch durch Nichtstun auffällt. Aber die deutsche Sprache geht noch weiter. Tatsächlich werden auch diverse Hilfsmittel umgangssprachlich als Faulenzer bezeichnet.

Eigentlich eine Unverschämtheit: Beispielsweise wird ein Werkzeug Faulenzer genannt, das mittels Hydraulik den Ein- und Ausbau von Getrieben und anderen Motorteilen erleichtert und schon wird ein Kfz-Mechatroniker als faul abgestempelt?!

Oder unlinierten Schreibblöcken liegt oft ein Linienpapier als Schreibhilfe bei. Das wird ebenfalls als Faulenzer bezeichnet und unter das unlinierte Papier gelegt, um gerade schreiben zu können.

Selbst das Federmäppchen – je nach Region auch als (Stift-)Etui, Federpennal oder Griffelschachtel bezeichnet, trägt den Namen Faulenzer.

Und immer schwingt die ursprüngliche Bedeutung von faul mit, also faulig, verdorben, verwesend, stinkend. Kein Wunder, dass Faulenzer nicht wohlgelitten sind. Ihre (vermeintliche) Attitüde steht im krassen Gegensatz zum protestantischen Arbeitsethos.

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Darum haben Faulenzer einen schlechten Ruf

Zuhause auf der Couch gemütlich die Füße hochlegen oder im Büro die Kaffeepause ein paar Minuten in die Länge ziehen, um die Ruhe noch ein bisschen zu genießen, bevor der Stress weitergeht und die nächste Aufgabe, das nächste Projekt oder das nächste Meeting ansteht. Der Ruf eines Faulenzers ist wahrlich schnell erarbeitet, haftet aber durchaus lange an und kann das Leben erschweren.

Faul sein allein ist sehr negativ und mit einem Faulenzer werden gleich noch eine ganze Reihe weiterer schlechter Eigenschaften verbunden:

  • Sie sind unzuverlässig,
  • ruhen sich auf der Arbeit anderer aus,
  • heimsen fremde Lorbeeren ein,
  • sind absolut nicht hilfsbereit,
  • haben keine Ziele,
  • es fehlt ihnen an Hobbys.

Und überhaupt wissen sie scheinbar nichts mit ihrer Zeit anzufangen, außer rumzuliegen. Faulenzer haben es entsprechend nicht leicht, müssen sich ständig für ihr Verhalten rechtfertigen und kriegen eine Menge dumme Sprüche zu hören.

Und warum das Ganze? Weil Arbeitswut, Produktivität, Effizienz und ständige Aktualität heutzutage als erstrebenswert und absolutes Nonplusultra gelten. Motto: Wer nichts macht, macht was verkehrt.

Jeder muss ständig unterwegs sein, Dinge erleben, etwas zu erzählen haben, sich einem großen Ziel verschreiben und unerlässlich daraufhin arbeiten. Für Müßiggang ist in diesem Denken kein Platz. Wer dem Trend des Dauerstresses nicht folgen möchte, wird deshalb Faulenzer abgestempelt und mit dem verbundenen Ruf gestraft.

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Faulheit eine Frage der Natur oder Dummheit?

Faulheit ist nicht immer negativ bewertet worden. Die großen antiken Philosophen – alle Faulenzer! Im Prinzip zumindest. Denn Müßiggang galt als erstrebenswert. Arbeit, vor allem körperliche Arbeit, das war was für Sklaven und solch arme Tröpfe, die nicht von Haus aus reich geboren waren. So schrieb Plato einst:

Die Natur hat weder Schuhmacher noch Schmiede geschaffen; solche Berufe entwürdigen die Leute, die sie ausüben.

Eigentlich sei die menschliche Natur also nicht für Arbeit gemacht und die Hochwohlgeborenen, die wirklich frei waren, konnten sich edlen Themen und Gedanken widmen. Erst im Zeitalter der Reformation kam langsam die Idee auf, dass wer arbeitet, näher bei Gott sei und seine eigentliche Bestimmung erfüllen würde.

Diesem protestantischen Erbe sind unter anderem der Kapitalismus und der Wohlstand der westlichen Industrienationen zu verdanken. Wer Faulheit konträr zu dieser Denke als Nichtstun begreift, wird es mit Dummheit gleichsetzen. Und tatsächlich gibt es genügend Beispiele, in denen Nichtstun schädlich ist:

Bezogen auf die eigene Karriere etwa, wenn Sie aus lauter Bequemlichkeit nicht lernen, keine Fortbildungen besuchen, obwohl Sie genau wissen, dass Sie davon profitieren würden. Es ginge lediglich darum, sich für einen fest definierten Zeitraum etwas mehr anzustrengen, um dann die Früchte der Arbeit genießen zu können.

Oder eine Spur größer; wenn Sie unzufrieden damit sind, wie Dinge in Ihrem Unternehmen laufen, dann könnten Sie sich als Betriebsrat oder in einer Gewerkschaft einbringen. Nur jammern, aber nichts tun, ändert nichts.

Vorteile: Es lohnt sich, ein Faulenzer zu sein

Wohin die Mentalität der dauerhaften Beschäftigung führt, bekommen viele Menschen am eigenen Leib zu spüren. Alles wird immer schneller, hektischer, stressiger. Zeit für sich selbst hat kaum noch jemand, da immer irgendetwas erledigt werden muss. Die Folgen: Überforderung, Erschöpfung, körperliche und psychische Probleme.

Egal, wie sehr wir auf immer mehr Leistung konditioniert werden, Menschen sind eben keine Roboter und irgendwann kommt jeder an seine Grenzen. Bei näherer Betrachtung sind Faulenzer womöglich gar nicht faul, sondern effizient: Statt ständig sich auszupowern, können sie die Geschwindigkeit rausnehmen, Aufgaben einmal beiseite schieben und sich erholen.

Nur dann kann an anderer Stelle auch wieder voller Einsatz gezeigt werden. Was wie unnützes Herumlungern und Faulenzen aussieht, kann gesunder Selbstschutz und Abgrenzung sein.

Tatsächlich können sich viele davon eine Scheibe abschneiden und lernen, einen Gang herunterzuschalten, die eigenen Bedürfnisse wieder wahrzunehmen. Die Burnout-Rate hat sich nicht umsonst im letzten Jahrzehnt verdreifacht.

Endlich mal sich danach zu richten, was für einen selbst am besten ist – und nicht was die Gesellschaft oder das direkte Umfeld möglicherweise von einem erwarten. Ausreichend Schlaf, regelmäßige Pausen über den Tag verteilt, sich nicht ständig unter Druck setzen lassen und die Fähigkeit, das Nichtstun zu genießen, kommen der Gesundheit zugute.

Durch das Faulenzen wird neue Kraft und Energie getankt, der Körper kann sich regenerieren und es kann sogar zu einem insgesamt längeren Leben verhelfen. Nebendem kommen Faulenzer in den Genuss mehrerer Vorteile:

  • Sie besitzen größere Geduld

    Faulenzer haben meist eine deutlich größere Geduld und verfallen nicht gleich in Panik, wenn es einmal länger dauert und sie auf etwas warten müssen. Sie sind bereit, den Dingen eine gewisse Zeit zu geben und müssen nicht jedes Bedürfnis sofort befriedigen.

    Mehr dazu lesen Sie hier:

    • Geduld: So profitieren Sie von der Tugend
  • Sie haben ein besseres Selbstbild

    Wer öfter nichts tut, hat zudem ein besonders ausgeprägtes Selbstbild, da die Zeit des Faulenzens zur Reflexion genutzt wird. Kurz gesagt: Faulenzer kennen sich selbst besser, wissen um Stärken und Schwächen und können diese in Relation zu anderen setzen.

    Mehr dazu lesen Sie hier:

    • Selbstbild und Fremdbild: Zwei Seiten einer Medaille
  • Sie sind kreativer

    Studien zeigen, dass es die Kreativität fördert, die Seele baumeln zu lassen. Wer sich mit etwas anderem beschäftigt, kommt auf Ideen und Lösungen, die ihm beim angestrengten Nachdenken wahrscheinlich niemals eingefallen wären.

    Mehr dazu lesen Sie hier:

    • Kreativitätstechniken: Neue Ideen entwickeln

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Vorsicht: Nicht zum Faulenzer auf Kosten anderer werden!

Das klingt nun so, als wäre es das Beste, wenn jeder zum absoluten Faulenzer mutieren würde, sich den ganzen Tag gemütlich zurücklehnt und zusieht, wie die Dinge sich auch ohne sein Zutun entwickeln. Das funktioniert so natürlich nicht und auch für Faulenzer gilt: Die Dosis macht das Gift.

Jeder sollte die Fähigkeit haben, zu faulenzen und sich für eine Zeit aus dem ewigen Hamsterrad zurückzuziehen, doch sollte das nicht die einzige Tagesbeschäftigung sein. Außerdem gibt es selbst für bekennende Faulenzer, die gerne einmal ins Nichtstun verfallen, einige Grundregeln, die beachtet werden sollten.

  • Stehen Sie sich nicht selbst im Weg

    Achten Sie darauf, dass das eigene Faulenzen keinen wichtigen Dingen im Weg steht. Wenn Sie einfach nur trödeln und dadurch einen wichtigen Termin verpassen oder eine Aufgabe, die dringend ihre Aufmerksamkeit benötigt, unerledigt bleibt, ist auch der Spaß am Faulenzen schnell vorbei. Faulenzer sein müssen Sie sich also auch erarbeiten und wer seinen Verpflichtungen nachgekommen ist, darf sich gerne zurücklehnen und die schönen Seiten des Lebens genießen.

  • Nutzen Sie niemals andere Menschen aus

    Sie bestätigen nicht nur jedes negative Klischee. Wer sich im Stuhl zurücklehnt und gemütlich zusieht, wie andere sich abrackern oder sich fröhlich in die Pause verabschiedet, während die Kollegen auf den letzten Drücker wichtige Projekt fertigstellen, tut damit nichts für sich, sondern ist einfach nur ein Kollegenschwein.

Faulenzer müssen sich also nicht grundsätzlich schämen, vielmehr können sie sogar eine Vorbildfunktion für all die Mehr-Mehr-Mehr-Mentalitätsträger haben, die Dinge gelassener zu sehen und auch mal Fünfe gerade sein zu lassen – solange das nicht als Ausrede genutzt wird, um andere die Arbeit machen zu lassen und sich nur auf die faule Haut zu legen.