Wer zahlt heimplatz wenn rente nicht reicht

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Erstellt: 23.06.2020Aktualisiert: 27.05.2021, 14:56 Uhr

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Wenn die Rente nicht reicht, müssen Kinder unter Umständen für die Pflegekosten ihrer Eltern zahlen. Doch nicht jeder kann in die Pflicht genommen werden.

  • Oftmals reicht die Rente nicht aus, um einen Heimaufenthalt zu bezahlen
  • Am Ende können die Pflegekosten bei den Kindern hängen bleiben
  • Doch wann können Kinder für die Pflegekosten ihrer Eltern zur Kasse gebeten werden?

Frankfurt - Im Bundesdurchschnitt kostete ein Heimaufenthalt bei Pflegestufe 4 oder 5 laut dem Statistischen Bundesamt monatlich etwa 3.350 Euro. Seit Januar 2017 kommen aus der Pflegeversicherung bei Pflegegrad 4 im Monat 1.775 Euro, bei Pflegegrad 5 gibt es 2.005 Euro. 

Und der Rest? Den müssen Senioren selber bezahlen. Reicht die Rente nicht, springt das Sozialamt ein. Und holt sich das Geld unter Umständen bei den Kindern wieder. Doch längst nicht jeder kann in die Pflicht genommen werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Wenn die Rente nicht reicht: Wer muss Elternunterhalt zahlen?

Wenn Rente, Pflegeversicherung und das eigene Vermögen der Eltern nicht ausreichen, um den Platz im Alten- oder Pflegeheim zu bezahlen, trägt in der Praxis zunächst die öffentliche Hand die Kosten. Die Sozialämter holen sich einen Teil der Heimkosten jedoch von unterhaltspflichtigen Kindern zurück, sofern diese über ausreichend finanzielle Mittel beziehungsweise ein verwertbares Einkommen verfügen. 

Kinder müssen unter Umständen für die Pflegekosten ihrer Eltern aufkommen, weil die Rente nicht reicht. © Sebastian Kahnert / dpa

Bevor Kinder zur Kasse gebeten werden, müssen die Eltern allerdings ihre Rente, Leistungen aus der Pflegeversicherung sowie ihr Barvermögen und sonstige Geldwerte bis auf eine Reserve von 5.000 Euro pro Ehegatte einsetzen. Eine Lebensversicherung muss unter Umständen aufgelöst werden. Ein angemessenes Haus beziehungsweise eine Eigentumswohnung sind ausgenommen.

Rente reicht nicht: Was hat die Gesetzesänderung zum Jahresbeginn gebracht?

Mit der Gesetzesänderung zum 1. Januar 2020 wurde die Einkommensgrenze deutlich erhöht, ab der Kinder für ihre Eltern aufkommen müssen. Entsprechend werden seitdem deutlich weniger Kinder für den Unterhalt ihrer pflegebedürftigen Eltern zur Kasse gebeten. 

Die neue Einkommensgrenze liegt bei 100.000 Euro brutto im Jahr. Wer weniger Einkommen, aber viel Vermögen zum Beispiel an Immobilien besitzt, ist durch das neue Gesetz geschützt. Denn vorhandenes Vermögen wird bei der 100.000-Euro-Grenze nicht berücksichtigt.

Was ist, wenn man zusätzlich Unterhalt für Kinder oder den Ex-Partner zahlen muss?

Dann hat die Zahlung dieses Unterhaltes Vorrang.

Rente reicht nicht für Pflegekosten: Was ist das sogenannte Schonvermögen?

Damit ist ein bestimmter Selbstbehalt gemeint, der dem Unterhaltspflichtigen verbleiben muss, damit er infolge der Unterhaltspflicht nicht selber bedürftig wird. Zum Schonvermögen zählen in der Regel ein Haus oder eine Eigentumswohnung, die von den Kindern selbst bewohnt wird. Das hat der Bundesgerichtshof am 7. August 2013 entschieden (Az.: XII ZB 269/12). 

Ebenso werden Reserven für Reparaturen, Modernisierungen, Anschaffungen wie ein neues Auto oder Urlaube in der Regel nicht angefasst. Auch werden Rücklagen für die eigene Alterssicherung von rund fünf Prozent des Bruttoeinkommens zuzüglich vier Prozent Zinsen für Unterhaltszahlungen nicht herangezogen. Aber: Es gibt keine allgemeingültigen Richtlinien zur Bestimmung des Schonvermögens. Im Zweifelsfall wird der genaue Betrag vor Gericht festgesetzt. Ein Spezialist für Unterhaltsrecht kann hier weiterhelfen.

Leitlinie

Die Düsseldorfer Tabelle ist eine Unterhaltsleitlinie des Oberlandesgerichtes Düsseldorf in Abstimmung mit den anderen Oberlandesgerichten und dem Deutschen Familiengerichtstag. Ziel ist es, die Unterhaltsrechtsprechung der Familiengerichte zu standardisieren. Die Düsseldorfer Tabelle wird durch ergänzende Unterhaltsleitlinien der einzelnen Oberlandesgerichte, die zusätzliche Erläuterungen enthalten, ergänzt.

Was ist mit dem Selbstbehalt?

Vom bereinigten Nettoeinkommen – errechnet sich aus dem Bruttoeinkommen, das um bestimmte Verbindlichkeiten zu reduzieren ist und ist nicht identisch mit dem Nettoeinkommen aus der Gehaltsabrechnung – wird der Selbstbehalt abgezogen. Er berechnet sich nach der Düsseldorfer Tabelle

Dem Unterhaltspflichtigen steht ein Selbstbehalt von 2.000 Euro zu (einschließlich 700 Euro Warmmiete). Ist er verheiratet, erhöht sich der Familienselbstbehalt auf derzeit monatlich auf 3.600 Euro. Die aktuelle Tabelle hat das Angehörigen-Entlastungsgesetz jedoch noch nicht berücksichtigt. Es ist davon auszugehen, dass der Selbstbehalt noch stärker angehoben wird.

Rente zu wenig: Wie viel müssen Kinder für Eltern im Pflegeheim zahlen?

Kinder müssen vom bereinigten und um den Selbstbehalt verminderten Nettoeinkommen die Hälfte an Elternunterhalt zahlen. Konkret bedeutet das zum Beispiel: Bei einem bereinigten Nettoeinkommen von 4.800 Euro und einem Selbstbehalt von 2.000 Euro für Unverheiratete ergibt sich ein Unterhaltsanspruch in Höhe von 50 Prozent von 2.800 Euro, also 1.400 Euro im Monat

Wenn Rente, Pflegeversicherung und das eigene Vermögen der Eltern nicht ausreichen, um den Platz im Alten- oder Pflegeheim zu bezahlen, trägt in der Praxis zunächst die öffentliche Hand die Kosten. © Moritz Wienert

Niedrige Rente, hohe Pflegekosten: Kann man Unterhalt ablehnen?

Nein. Auch gute Begründungen für die Ablehnung von Unterhaltszahlungen haben in der Vergangenheit nicht dazu geführt, dass Unterhaltspflichtige tatsächlich entlastet wurden. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) müssen Kinder sogar dann Unterhalt für ihre Eltern zahlen, wenn diese jahrzehntelang keinen Kontakt zu ihren Kindern hatten (Az.: XII ZB 607/12).

Was ist, wenn es Geschwisterkinder gibt?

Gibt es mehrere Kinder, die für Unterhaltszahlungen in Frage kommen, dann werden diese nicht einfach pro Kopf verteilt. Geschwister haften anteilig nach den jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnissen für den Elternunterhalt. Der Geschwisterteil, der besser verdient, muss folglich in der Regel auch mehr Geld für den Elternunterhalt aufbringen. 

Übrigens: Auch wenn nur eins von mehreren Kindern über der 100.000-Euro-Grenze liegt, muss dieses Kind nicht den vollständigen Unterhalt zahlen, sondern nur den anteiligen Betrag.

Muss ich den Fragebogen vom Sozialamt Fall ausfüllen?

Wer einen amtlichen Fragebogen zum Elternunterhalt bekommt, weil das Sozialamt vermutet, dass die Einkommensgrenze überschritten ist, ist verpflichtet zu antworten. Diese Auskunft kann sogar per Gerichtsbeschluss eingefordert werden. Wer unsicher ist, ob die Angaben über Einkünfte und Vermögenswerte richtig sind, sollte einen Rechtsanwalt zu Rate ziehen.

Die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung spricht im Interview über die Rente in der Corona-Krise, steigende Beiträge und riesige neue Herausforderungen für ihre Behörde.

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Was ist wenn das Geld für das Pflegeheim nicht reicht?

Liegt das Bruttoeinkommen des Unterhaltspflichtigen unter diesen 100.000 €uro, übernimmt das Sozialamt den fehlenden Betrag, wenn die Rente oder das Vermögen des Pflegeheimbewohners nicht mehr ausreichen.

Wer muss für die Kosten im Pflegeheim aufkommen?

Hinweis: Seit Januar 2020 gilt das sogenannte Angehörigen-Entlastungsgesetz. Danach sind nur noch Kinder, die über ein jährliches Bruttoeinkommen von mehr als 100.000 Euro verfügen, verpflichtet, sich an den Pflegekosten zu beteiligen.

Wie hoch ist der Eigenanteil im Pflegeheim ab 2022?

Dieser Zuschlag steigt mit der Dauer des Aufenthalts in einer vollstationären Pflegeeinrichtung. Im ersten Jahr trägt die Pflegekasse fünf Prozent des pflegebedingten Eigenanteils, im zweiten Jahr 25 Prozent, im dritten Jahr 45 Prozent und danach 70 Prozent.

Was muss ich als Tochter für Pflegeheim zahlen?

Der Selbstbehalt der Tochter beläuft sich auf insgesamt 3 350 Euro (2 000 Euro Mindestselbstbehalt plus 1350 Euro Zuschlag). Die Differenz zwischen dem Selbstbehalt und dem bereinigten Nettoeinkommen der Tochter beträgt 1350 Euro. Soviel könnte maximal von der Tochter verlangt werden.

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