Bis zum Alter von fünf Jahren gilt es als normal, wenn Kinder nachts hin und wieder das Bett einnässen. Die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, definiert allerdings das Bettnässen als behandlungsbedüftige Erkrankung, wenn das Kind den fünften Geburtstag hinter sich hat und regelmäßig mindestens zweimal im Monat nachts unwillkürlich das Bett einnässt und organische Grunderkrankungen ausgeschlossen sind. Show Der medizinische Fachbegriff hierfür lautet „Enuresis“ und beschreibt die nächtliche Inkontinenz, also das unwillkürliche Wasserlassen während des Schlafes. Man unterscheidet zwischen der primären und der sekundären Enuresis. Nässt das Kind immer schon ein und war noch nie länger als sechs Monate trocken, so bezeichnet man das als primäre Enuresis.Als sekundäre Enuresis bezeichnet man es, wenn das Kind nach einer mindestens sechsmonatigen trockenen Phase wieder Die Ursachen der Enuresis sind vielfältig und sie können sehr unterschiedlich sein. Kein Erziehungsfehler! Während man früher glaubte, dass Bettnässen das Resultat einer problematischen Familiensituation oder schlechten Erziehung sei, weiß man heute, dass das bei den allermeisten Kindern nicht zutrifft. Die primäre Enuresis, die häufigste Blasenentleerungsstörung beim Kind, hat in den allerseltensten Fällen psychische Ursachen – hingegen können seelische Störungen eher die Folge einer lang andauernden Nichtbehandlung sein. Zu den möglichen Ursachen der primären Enuresis gehören:
Zu den möglichen Ursachen der sekundären Enuresis gehören:
Allein in Deutschland gibt es mehr als 640.000 Kinder über fünf Jahre, die nachts noch regelmäßig ihr Bett einnässen. Bettnässen ist nach Asthma die zweithäufigste chronische Erkrankung im Kindesalter. Etwa 15% aller bettnässenden Kinder zwischen 5 und 15 Jahren werden jedes Jahr von allein trocken – das bedeutet aber auch, dass 85% dieser Kinder noch mindestens ein weiteres Jahr ihr Bett einnässen. Nur etwa 32% aller betroffenen Kinder werden überhaupt dem Arzt vorgestellt und erhalten eine angemessene Behandlung. Untersuchungen zeigen, dass 1-3% aller Jugendlicher und Erwachsener das Problem nie loswerden. Viele Eltern berichten, dass ihre einnässenden Kinder besonders tief schlafen. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass diese Kinder gar nicht tief schlafen, sondern eher eine Aufwachstörung haben. Die Probleme steigen mit zunehmendem Alter Je älter die betroffenen Kinder bzw. die Jugendlichen sind, die noch einnässen, umso schwerwiegender ist das Problem. Zum einen weiß man heute, dass die Kinder, je älter sie sind, umso häufiger nachts einnässen: von den 5-jährigen nässen etwa 14% jeden Tag in der Woche ein, und 56% haben weniger als drei nasse Nächte in der Woche. Von den 19-jährigen sind es 49%, die täglich einnässen, und nur 10% von ihnen haben weniger als drei nasse Nächte pro Woche.
Zum anderen weiß man auch, dass eine Behandlung der Kinder umso schwieriger wird, je älter sie sind. Die Weltgesundheitsorganisation definiert die Enuresis als behandlungsbedürftige Erkrankung bei Kindern ab dem vollendeten fünften Lebensjahr. Wir wissen, dass die Therapie der Enuresis umso schwieriger wird, je länger die Erkrankung andauert, und wir wissen, dass es zahlreiche sinnvolle und erfolgreiche Therapien gibt. Daher ist es sinnvoll, dass Kinder, die mit fünf Jahren nachts noch regelmäßig einnässen, beim Kinderarzt vorstellig werden, damit frühzeitig über eine geeignete Therapie nachgedacht werden kann. Der Arzt sollte bei diesen Kindern Infektionen, Fehlbildungen und andere organische Grunderkrankungen ausschließen und dann ggf. mit dem Kind und den Eltern besprechen, ob und welche Therapie und ab wann diese sinnvoll ist. Wie sieht die Basisdiagnostik aus?Eben weil die Ursachen und damit auch die Therapie der Enuresis so verschieden sein können, ist es notwendig, dass der Arzt eine sorgfältige Diagnostik durchführt. Dazu gehört:
Blasentagebuch Das Blasentagebuch ist ein Protokoll, das für 3 bis 4 Tage (das können auch zwei Wochenenden sein) und für 14 (aufeinanderfolgende) Nächte geführt wird. Hier wird vermerkt:
Weiterführende Untersuchungen sind nur sinnvoll, wenn bei dieser Basisuntersuchung irgendwelche Auffälligkeiten bemerkt werden. Falls zusätzlich zu einer monosymptomatischen Enuresis auch Tagessymptome auftreten wie z.B. Drangsymtome oder Inkontinenz, so sollten diese Symptome zuerst behandelt werden. Liegt aber eine monosymptomatische primäre Enuresis vor, stehen je nach Ursache der Enuresis neben der Urotherapie laut den aktuellen internationalen Therapieleitlinien der European Association of Urology [EAU] und der European Society for Paediatric Urology [ESPU] die
zur Verfügung und eine Kombination aus diesen oben genannten. UrotherapieDie Urotherapie besteht aus verschiedenen verhaltenstherapeutischen Methoden zur Behandlung von Stuhl- und Harninkontinenz sowie zur Therapie der Enuresis, wenn diese ursächlich mit einem falschen Trink- und Toilettenverhalten einhergeht. Den Kindern und den Eltern werden in einem Gespräch die Abläufe im Körper erläutert, wie, was, wann und wieviel getrunken werden sollte und auch, wie und wie häufig das Kind auf die Toilette gehen sollte. Außerdem wird die Bedeutung des Blasentagebuches erklärt und wie dieses richtig geführt werden kann. Medikamentöse BehandlungLiegt eine monosymtomatische primäre Enuresis vor, war das Kind also noch nie länger als sechs Monate trocken und liegen keine anderen Blasenerkrankungen oder Tagessymptome vor, und wenn das Kind nachts zuviel Urin ausscheidet, die Enuresis in der Familie gehäuft auftritt oder wenn keine weiteren Symptome gefunden werden, dann empfehlen die internationalen Therapieleitlinien die Therapie mit Desmopressin. Der pharmakologische Wirkstoff Desmopressin ist dem körpereigenen Vasopressin nachgebildet. Vasopressin sorgt in der Niere dafür, dass wir nachts weniger Urin bilden. Das Medikament wird als Tablette oder als Schmelztablette über den Zeitraum von etwa drei Monaten gegeben. Längerfristiges Ziel einer Desmopressintherapie ist es, die körpereigene Produktion des Vasopressins anzukurbeln. Der Erfolg der Desmopressintherapie ist davon abhängig, ob und wie das Medikament ausgeschlichen wird. Nach einer dreimonatigen Einnahme beginnt man mit dem strukturierten Ausschleichen, indem die Einnahmeintervalle langsam verlängert werden. Nach diesem Einnahmeschema bleiben mehr als 84% Kinder langfristig trocken. Da Desmopressin die Wasserausscheidung reduziert, darf nach der Einnahme des Medikamentes am Abend nichts mehr getrunken werden. Wenn sich das Kind nicht an die Flüssigkeitsrestriktion hält, besteht die Gefahr der Überwässerung. AlarmtherapieDas Prinzip der so genannten Alarmtherapie beruht auf einem lerntheoretischen Konzept, um eine Verhaltensänderung anzustreben. Für die Alarmtherapie benötigt man ein Weckgerät, bestehend aus einem Feuchtigkeitssensor, der in einer Unterhose, Windeleinlage oder Matratzenauflage befestigt ist und beim ersten Tropfen Urin einen Alarm auslöst. Durch diesen Alarm soll das Kind geweckt und der Miktionsreflex unterbrochen werden. Die restliche Blasenentleerung soll dann auf der Toilette stattfinden. Für eine Alarmtherapie ist in hohem Maße die Compliance von Kind und Eltern notwendig. Viele Kindern wachen von dem Alarm nicht von allein auf. Sie müssen dann sofort, nachdem der Alarm ertönt, von den Eltern vollständig geweckt und zur Toilette begleitet werden. Die Alarmtherapie hat, wenn sie richtig eingesetzt und von der Familie richtig angewendet wird, Erfolgsraten von 40 bis 80%. Eine Alarmtherapie ist nicht sinnvoll, wenn die nächtliche Ausscheidungsmenge des Kindes die Blasenkapazität überschreitet. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass viel mehr auch ältere Kinder vom Bettnässen betroffen sind, als die meisten Menschen glauben. In den seltensten Fällen sind seelische Probleme die Ursache des nächtlichen Einnässens; allerdings können seelische Probleme durchaus die Folge einer länger andauernden und unbehandelten Enuresis sein. Es gibt erfolgreiche und sinnvolle Therapien, die umso wirksamer und einfacher sind, je früher das Kind behandelt wird (aber nicht vor dem vollendeten fünften Lebensjahr). Eine Therapieempfehlung kann der Arzt nur individuell nach einer ausführlichen Diagnostik aussprechen. Für eine gute Diagnostik ist die Auswertung eines Blasentagebuches absolut notwendig. Wie lange darf ein Kind Einnässen?Bei vielen Kindern verläuft die Sauberkeitserziehung völlig problemlos. Wenn der richtige Zeitpunkt – meist im Alter von etwa zwei bis drei Jahren – gekommen ist, möchten Kinder selbst wie große Kinder und Erwachsene keine Windel mehr tragen, sondern die Toilette benutzen.
Warum Nässen Kinder lange ein?Wenn Kinder ab fünf Jahren nachts gelegentlich ins Bett machen, spricht man von Bettnässen. Meist ist das ein Zeichen dafür, dass die Kontrolle der Blase noch nicht ausgereift ist. Weder das Kind noch die Eltern sind daran „schuld“. Die meisten Kinder werden mit der Zeit von allein trocken.
Warum macht mein Kind mit 8 Jahren noch in die Hose?Nimmt das Einnässen zu oder hält es länger an, sollten Sie den Kinderarzt zur Ursachenfindung aufsuchen. Kommt die Inkontinenz nur einmalig vor, kann es sein, dass Ihr Kind beim Spielen vergessen hat, dass es auf Toilette muss oder sich aus Versehen beim Lachen oder Niesen in die Hose gemacht hat.
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