Wird die Kündigungsfrist bei Krankheit Verlängerung Wenn Arbeitnehmer kündigt?

Eine Kündigung zieht oft eine ganze Reihe rechtlicher Fragen nach sich. Was passiert bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder Unfall? Wie lange bekomme ich noch Lohn? Und: War meine Kündigung überhaupt rechtmässig?

Eins gleich vorneweg: Erfolgt eine Kündigung, während Sie krank zu Hause im Bett liegen, ist sie unzulässig und damit rechtlich wirkungslos. Möchte sich Ihr Arbeitgeber von Ihnen trennen, muss er die Kündigung nach Ihrer Genesung erneut aussprechen. In der Probezeit hingegen darf Ihnen auch gekündigt werden, während Sie arbeitsunfähig sind.

Dieses Kapitel erläutert, welche Kündigungsfristen gelten und inwiefern sich diese im Falle einer krankheits- und unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit verlängern. Weiter wird geklärt, ob und allenfalls unter welchen Bedingungen es sich empfiehlt, als gesundheitlich beeinträchtigter Arbeitnehmer bzw. gesundheitlich beeinträchtigte Arbeitnehmerin selber ein Arbeitsverhältnis zu kündigen. Schliesslich wird dargelegt, wann es sinnvoll ist, sich bei der IV und der Arbeitslosenversicherung anzumelden, wie der Versicherungsschutz gegen die Folgen eines krankheits- oder unfallbedingten Erwerbsausfalls aufrechterhalten werden kann, und was mit dem angesparten Altersguthaben aus beruflicher Vorsorge bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschieht. Details zu versicherungsrechtlichen Fragen werden in den besonderen Kapitel über den Taggeld- und Rentenanspruch behandelt.

Wenn ein Arbeitnehmer nach ausgesprochener Arbeitgeberkündigung krank oder arbeitsunfähig wird, hat das Auswirkungen auf die Kündigungsfrist.

Die sogenannten Sperrfristen unterbrechen die Kündigungsfrist. Kündigungsfristen werden nur bei Arbeitgeberkündigungen unterbrochen und zwar in Fällen, in denen der Arbeitnehmer teilweise oder ganz arbeitsunfähig wird. Die Unterbrechung der Kündigungsfrist dient dem Arbeitnehmerschutz. Sie soll sicherstellen, dass der Arbeitnehmer trotz zeitweiliger Arbeitsunfähigkeit eine neue Stelle finden kann. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber eine längere Kündigungsfrist als vertraglich vereinbart oder gesetzlich notwendig gewährt.

Die Dauer der Sperrfrist wegen Krankheit oder Unfall beträgt nach OR und GAV im ersten Dienstjahr 30 Tage, im zweiten bis und mit fünften Dienstjahr 90 Tage und ab dem sechsten Dienstjahr 180 Tage. Ab dem zehnten Dienstjahr beträgt die Sperrfrist während der Dauer des Bezugs von Taggeldleistungen der obligatorischen Kranken- und Unfallversicherung 720 Tage, sofern der Arbeitnehmer wegen Krankheit oder Unfall zu 100% arbeitsunfähig ist (GAV Art. 59.1 lit. c). Die Dauer der Sperrfrist ist unabhängig vom Grad der Arbeitsunfähigkeit. Ist der Arbeitnehmer z.B. im ersten Dienstjahr während zwei Monaten wegen derselben Krankheit zu 50% arbeitsunfähig, beträgt die Sperrfrist unverändert 30 Tage. Ist ein Arbeitnehmer wegen Krankheiten, die in keinem Zusammenhang stehen, arbeitsunfähig, löst jede neue Krankheit eine neue Sperrfrist aus (BGE 120 III 124). Es ist darauf zu achten, dass man das Dienstjahr richtig berechnet und sich nicht auf das Kalenderjahr abstützt. Dienstjahr ist nicht gleich Kalenderjahr. Liegt eine Arbeitsunfähigkeit vor, muss die Sperrfrist bei einer Kündigung abgewartet werden. Erst nach Ablauf der Sperrfrist kann sie - unter Einhaltung der Kündigungsfrist - ausgesprochen werden. Eine während einer laufenden Sperrfrist ausgesprochene Kündigung ist nichtig. Wenn ein Arbeitnehmer nach der Arbeitgeberkündigung krank wird, kann er z.B. über die kollektive Taggeldversicherung zu einer vertrauensärztlichen Untersuchung aufgeboten werden. Kommt er diesem Aufgebot nicht nach, wird kein Lohn geschuldet. Die Kosten für eine vertrauensärztliche Untersuchung sind vom Arbeitgeber zu tragen.

Anstelle einer Kündigung können Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch eine Aufhebungsvereinbarung abschliessen. Hier gibt es keine Sperrfristen.

Während der Kündigungsfrist wird ein Arbeitnehmer mehrmals hintereinander krank oder nur sehr kurz krank. Wie ist dieser Fall zu beurteilen? Dauert die Lohnfortzahlungspflicht immer gleich lange wie das Arbeitsverhältnis? Einige praxisrelevante Fragen zum Thema Kündigung bei Krankheit werden nachfolgend genauer beleuchtet.

26.05.2021Von: Tonia Villiger

Wird die Kündigungsfrist bei Krankheit Verlängerung Wenn Arbeitnehmer kündigt?

Tonia Villiger, Rechtsanwältin

Lic. iur. Tonia Villiger ist selbständige Rechtsanwältin und Fachanwältin SAV Arbeitsrecht. Sie arbeitet bei Advokatur Villiger in Zürich. Ihre bevorzugten Tätigkeitsgebiete sind insbesondere Vertrags- Arbeits- und Kommunikationsrecht. Tonia Villiger kommuniziert nebst Deutsch in fliessendem Englisch sowie in Spanisch und Französisch.

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Darf während einer Krankheit gekündigt werden?

Als Ausgangspunkt dient: Diese Bestimmung sieht vor, dass der Arbeit­geber nach Ablauf der Probezeit nicht kündigen darf, wenn der Arbeitnehmer ohne eigenes Ver­schulden durch Krankheit oder durch Unfall ganz oder teilweise an der Arbeitsleistung verhindert ist, und zwar im ersten Dienstjahr während 30 Tagen, ab zweitem bis und mit fünftem Dienstjahr während 90 Tagen und ab sechstem Dienstjahr während 180 Tagen.

Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer nicht «nur» krank, sondern arbeitsunfähig ist, d.h. unfähig, die vertraglich geschuldete Arbeit zu erbringen. Der Kündigungsschutz kommt mit gleicher Dauer auch bei Teilzeit- und Temporärarbeitsverhältnissen sowie grund­sätzlich bei Freistellung zum Tragen. Keine Anwendung findet der Kündigungsschutz bei befristeten Arbeitsver­hältnis­sen, Aufhebungsverträgen und bei fristlosen Entlassungen (zumindest bei gerechtfertigten).

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Was sind die Folgen einer Kündigung bei Krankheit?

Art. 336c Abs. 2 OR sieht vor, dass die während der Arbeitsunfähigkeit erfolgte Kündigung der Arbeitgeberin nichtig ist und muss nach deren Ablauf wiederholt werden muss. Umgekehrt ist die Kündigung gültig, wenn sie vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen wird. Diesfalls wird die Kün­digungsfrist  während der Arbeitsunfähigkeit, höchstens aber bis zum Ablauf der ge­setzlichen Sperrfrist, unterbrochen und danach fortgesetzt. Entfällt die Arbeitsunfähigkeit, so endet auch die Sperrfrist, selbst wenn deren gesetzliche Dauer noch nicht abgelaufen ist. In Ausnahmefällen kann die Berufung auf die Sperrfrist rechtsmissbräuchlich sein, etwa bei sehr kurzer Krankheit gegen Ende der Kündigungsfrist in Verbindung mit einer Freistellung und dem Vorliegen einer neuen Stelle. Die Sperrfrist kann ausnahmsweise auch wegfallen, wenn trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung eine Neuanstellung wahrscheinlich ist.

Mehrere Krankheitsfälle – verschiedene Sperrfristen?

Wird ein Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist mehrere Male krank, so kommt es darauf an, ob die Krankheit aus demselben Grund erfolgt oder nicht. Bei unterschiedlichen Gründen, z.B. bei einem Beinbruch und anschliessender Grippe, kumulieren die Sperrfristen. Bricht sich ein Arbeitnehmer ein Bein und hat er zu einem späteren Zeitpunkt noch eine Grippe, so kumulieren die Sperrfristen. Dies gilt nur dann nicht, wenn die zweite Arbeitsunfähigkeit in die verlängerte Frist gemäss Art. 336c Abs. 3 OR fällt. Ein Rückfall oder eine Folgeerscheinung lösen ebenfalls keine neue Sperrfrist aus. Bei einem Rückfall kann aber der Rest der noch nicht vollständig aufgebrauchten Sperrfrist in Anspruch genommen werden. Dauert eine Krankheit über ein Dienstjahr hinaus, wird im neuen Dienstjahr kein neuer Sperr­fristenlauf ausgelöst. Allenfalls kommt aber eine längere Sperrfrist zu tragen.

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Verhältnis von Kündigungsschutz und Lohnfortzahlung

Während der durch die Sperrfrist verlängerten Kündigungsfrist hat der Arbeitnehmer nur Anspruch auf Lohn, wenn entweder eine Lohnfortzahlungspflicht gemäss vorliegt, wenn der Arbeitnehmer arbeitet, oder wenn er die Arbeit wegen Verzuges des Arbeitgebers nicht leisten kann. Wird der Arbeitnehmer während der verlängerten Kündigungsfrist wieder arbeitsfähig, muss er seine Arbeit anbieten, sonst verliert er grundsätzlich seinen seinen Lohnanspruch.

Kündigungsschutz und Lohnfortzahlungspflicht gemäss sind zwei Paar Schuhe. Das Arbeitsverhältnis kann sich wegen der Sperrfrist z.B. um 10 Wochen verlängern, während die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers bereits nach wenigen Wochen aufhören kann.

Frühzeitige Kündigungen

Arbeitgeber kündigen ihren Arbeitnehmern manchmal früher als nötig, um ihnen genügend Zeit für die Stellensuche einzuräumen. Auch hier führt eine lediglich eintägige Arbeitsunfähigkeit während der Kündigungsfrist (welche vom Ende zurückgerechnet wird) grundsätzlich zur Verlängerung des Ar­beitsverhältnisses. Insgesamt hätte der Arbeitnehmer somit ungewöhnlich lange Zeit, eine neue Stelle zu finden. Die Berufung auf die Verlängerung der Kündigungsfrist kann in solchen Fällen deshalb rechtsmissbräuchlich sein.

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Kann man während der Kündigungsfrist krank sein?

Eine Krankschreibung im Kündigungszeitraum hat den gleichen Stellenwert wie zu jedem anderen Zeitpunkt, kann vom Arbeitgeber jedoch angezweifelt werden. Kann der Arbeitgeber die Krankschreibung wirksam erschüttern, drohen dem Arbeitnehmer die Aussetzung der Lohnfortzahlung oder gar eine fristlose Kündigung.

Wann verlängert sich die Kündigungsfrist für Arbeitnehmer?

Ist der Arbeitnehmer dem Betrieb bereits länger als zwei Jahre zugehörig, verlängert sich die Kündigungsfrist mit der Zeit. Sie kann jedoch längstens sieben Monate betragen, nämlich bei einer Betriebszugehörigkeit von mindestens 20 Jahren.

Was passiert wenn ich während Krankheit kündige?

Kündigt der Arbeitnehmer während seiner Krankschreibung, hat er nach § 8 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) weiterhin Anspruch auf Lohnfortzahlung. Das gilt sowohl bei einer fristlosen als auch bei einer fristgerechten Kündigung während der Krankschreibung.

Kann ich mich krank schreiben lassen wenn ich selbst gekündigt habe?

Nicht selten lassen sich Arbeitnehmer:innen, die gekündigt wurden, bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses krankschreiben. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nun aber entschieden, dass sie dann nicht automatisch mit einer Gehaltsfortzahlung rechnen können.