Wo gibt es die meisten Prostituierten in Deutschland

Internationaler Hurentag

Wo gibt es die meisten Prostituierten in Deutschland

Wie viele Prostituierte gibt es in Deutschland? Die Schätzungen gehen deutlich auseinander. © picture alliance / Andreas Arnold/dpa

Von Judith Velminski · 02.06.2020

Wegen Corona gibt es derzeit keine Prostitution – zumindest nicht offiziell. Nach dem Willen von 16 Bundestagsabgeordneten soll das auch nach dem Shutdown so bleiben. In der Debatte über Sexarbeit geht jedoch vieles durcheinander. Ein Faktencheck.

Fakt 1: Die SPD-Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier bezeichnet Deutschland als "das Bordell Europas" – ist da was dran?

Ja, schon. Denn vor Beginn der Corona-Pandemie hat die Prostitution in Deutschland geboomt: 1,2 Millionen Männer gehen oder gingen jeden Tag zu einer Prostituierten, schätzte das Bundesfamilienministerium vor einiger Zeit. Und das völlig legal, weil Prostitution in Deutschland erlaubt ist. Das Prostitutionsgesetz von 2002 sollte Sexarbeiterinnen und -arbeitern helfen, ihren Lohn und eine Krankenversicherung zu bekommen. "Hure" sollte nicht länger ein geächteter Beruf sein, so der Gedanke.

Was gut gemeint war, ging aber nach hinten los: Der Menschenhandel blüht. Eine Studie des Alfred-Weber-Instituts für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Heidelberg stellte fest, dass "Menschenhandel in Ländern ohne gesetzliches Prostitutionsverbot in einem größeren Umfang registriert wird als in Ländern, in denen die Prostitution verboten ist". Und das Geschäft boomte – Stand vor Corona: Sex-Touristen aus aller Welt kamen nach Deutschland, um Bordell-Urlaub zu machen. 14,5 Milliarden Euro werden im Rotlichtgewerbe pro Jahr in Deutschland umgesetzt, schätzt Verdi.

Fakt 2: 400.000 Prostituierte gibt es in Deutschland – diese Zahl liest man am häufigsten in den Medien. Stimmt sie?

Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts waren Ende 2018 insgesamt 32.800 Prostituierte nach dem deutschen Prostituiertenschutzgesetz gemeldet. Knapp ein Fünftel der angemeldeten Prostituierten hatte die deutsche Staatsangehörigkeit. 35 Prozent aller angemeldeten Prostituierten kamen aus Osteuropa.

Mehr Offizielles gibt es nicht: nicht zur Zahl der Prostituierten, darunter auch junge Männer und Transgender, nicht zur Zahl der Freier.

Die meisten Schätzungen gehen davon aus, dass sich in Deutschland bis zu 400.000 Menschen prostituieren. Diese Zahl basiert auf Schätzungen von Städten und daher ist sie die vielleicht beste Näherung. Andere Beobachter gehen von 200.000 Prostituierten in Deutschland aus - oder sogar von bis zu 800.000.

Fakt 3: Einige Länder sind Schwedens Politik gefolgt und stellen Prostitution unter Strafe. Ist Schwedens Sexkaufverbot ein Erfolgsmodell?

Als erstes Land der Welt hat Schweden vor gut 20 Jahren den Kauf von Sex verboten – aber nicht die Prostituierten werden kriminalisiert, sondern die Freier und Zuhälter. Sie können mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafen belangt werden. Das Ziel: die Nachfrage nach gekauftem Sex senken. Das Modell sieht Ausstiegshilfen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter vor: Sprachkurse, eine Wohnung, Gesundheitsversorgung und Traumatherapie. Prostituierten soll der Weg in einen geordneten Beruf geebnet werden. Seit Einführung des Gesetzes soll die Zahl der Frauen, die ihren Körper verkaufen, um die Hälfte gesunken sein. Auch die Gewalt gegen Frauen und der Handel mit Menschen haben sich – mit dem Verbot – reduziert. Ergebnisse, die andere Länder überzeugt haben: Norwegen, Island, Irland, Frankreich, Kanada und Israel haben das nordische Modell übernommen und Sex gegen Geld unter Strafe gestellt.

Kritiker des Prostitutionsverbots glauben, dass sich die Probleme nur in die Illegalität verlagern. Eine Studie der Uni Malmö hat ergeben, dass das Sexkaufgesetz unerwünschte negative Effekte hat: Menschen, die Sex verkaufen, werden wohl vor allem durch Behörden und die Polizei stigmatisiert.

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Sexarbeiterinnen demonstrierten in Köln gegen das Arbeitsverbot wegen Corona.

© Quelle: Marius Becker/dpa

Wieviele Prostituierte gibt es eigentlich in Deutschland? Damit befasst sich eine jährliche Statistik, die auch nach Alter, Nationalität und Art der Prostitution unterscheidet. So waren es 2019 mehr als 40.000 gemeldete Sexarbeiterinnen, die meisten davon sind unter 45 Jahren alt.

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Wiesbaden. In Deutschland sind Ende vergangenen Jahres 40.400 Prostituierte angemeldet gewesen. 2170 Prostitutionsgewerbe hatten zu diesem Zeitpunkt eine Betriebserlaubnis bekommen, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden berichtete.

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Für Prostituierte besteht seit dem 1. Juli 2017 eine Anmeldepflicht, für entsprechende Gewerbe eine Erlaubnispflicht. Grundlage ist das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG). "Nicht angemeldete Gewerbe und Prostituierte werden in der Statistik nicht erfasst", erklärten die Statistiker.

ALTER: Von den angemeldeten Prostituierten waren 78 Prozent 21 bis 44 Jahre alt. 17 Prozent waren 45 Jahre oder älter, 5 Prozent waren zwischen 18 und 20 Jahren alt.

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NATIONALITÄT: 19 Prozent der angemeldeten Prostituierten hatten die deutsche Staatsangehörigkeit. Die drei häufigsten ausländischen Staatsangehörigkeiten waren rumänisch (35 Prozent), bulgarisch (11 Prozent) und ungarisch (8 Prozent).

BETRIEBE: Von den erlaubten Betrieben fielen 93 Prozent in die Kategorie “Prostitutionsstätten”, das sind zum Beispiel Bordelle. Auf Prostitutionsvermittlungen, -fahrzeuge und -veranstaltungen entfielen zusammen 7 Prozent.

Die Statistik wurde 2017 zum ersten Mal erhoben. Allerdings waren damals noch nicht überall Anmeldung oder Genehmigungen möglich. Daher sind die Zahlen nicht vergleichbar. Ende 2017 waren 7000 Prostituierte und 1350 Prostitutionsgewerbe angemeldet.

2018 wurden erstmals aus allen Bundesländern Zahlen gemeldet. Dennoch basierte auch die Statistik zum Jahresende 2018 "zum Teil auf noch im Aufbau befindlichen Verwaltungsstrukturen", wie das Bundesamt mitteilte. Ende 2018 waren bundesweit rund 32 800 Prostituierte angemeldet. Die Zahl der erlaubten Prostitutionsgewerbe betrug 1600.

RND/dpa

Wo gibt es in Deutschland die meisten Bordelle?

► Deutschlands Huren-Hauptstadt ist demnach Augsburg: Dort kommen ungefähr 244 Prostituierte auf 100 000 Einwohner. Weitere Städte: Laut Polizei arbeiten 100 Prostituierte in Krefeld. Das entspräche laut „Welt am Sonntag“ einer Quote von 43 Prostituierten auf 100 000 Einwohner.

Wie viele Bordells gibt es in Deutschland?

Die Statistik wird entsprechend erst seit drei Jahren geführt. Damals wurden bundesweit rund 7000 Prostituierte gemeldet. Die Zahl der erlaubten Prostitutionsgewerbe betrug 1350. Heute gibt es 2020 Bordelle und 140 Prostitutionsvermittlungen, -fahrzeuge und -veranstaltungen.

Wie viele Freier gibt es in Deutschland?

Laut der einzigen repräsentativen Studie aus dem deutschen Sprachraum nimmt circa jeder fünfte deutsche Mann mindestens einmal im Leben eine sexuelle Dienstleistung in Anspruch. Das Bundesfamilienministerium schätzt die Zahl der täglichen Prostitutionskunden in Deutschland auf 1,2 Millionen.

Wo gibt es Koberfenster?

Solche Fenster gibt es zum Beispiel auf De Wallen in der Altstadt von Amsterdam, im Baekelandplein in Eindhoven, in der Herbertstraße in Hamburg, in der Ludwigstraße in Hannover, in der Bruchstraße in Braunschweig, in der Vulkanstraße in Duisburg, in der Flaßhofstraße in Oberhausen, in der Linienstraße in Dortmund, in ...