Alle schweine sind gleich, aber manche sind gleicher

“Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher!”

— Napoleons siebtes Gebot

Napoleon ist der Hauptschurke aus George Orwells 1945 veröffentlichten Fabel Farm der Tiere (org: Animal Farm). Er ist ein wuchtiger Berkshire-Eber und eines der Schweine auf der Farm von Bauer Jones. Gemeinsam mit dem schlauen Schwein Schneeball und dem redegewandten Schwein Schwatzwutz entwickelt er den sogenannten Animalismus, laut dem alle Tiere gleich sind und alle Menschen Feinde sind. Getrieben von den Idealen des Animalismus tun die Tiere der Farm sich schließlich zusammen, vertreiben Bauer Jones und übernehmen die Farm, die nun als die Farm der Tiere bekannt ist. Im Folgenden beginnen die Tiere, auf der Farm zu arbeiten – nicht um des Profits willen, sondern um sich selbst zu versorgen.

Diese ursprünglich ideale Lebensart wird aber schnell getrübt, da die Schweine unter Napoleons Führung beginnen, aus Eigennutz und Gier zu handeln. So beanspruchen sie die Milch und die Äpfel der Farm für sich und behaupten, dass das Wohlergehen der Schweine im Interesse aller Tiere sei. Schwatzwutz dient hierbei als Napoleons Propagandist und Sprachrohr. Als es zu einem Streit zwischen Schneeball und Napoleon kommt, vertreibt Napoleon Schneeball mithilfe großer Hunde, die als seine Vollstrecker agieren und ihm treu ergeben sind, von der Farm. In der folgenden Zeit beginnt Napoleon, immer autoritärer vorzugehen. Er lässt Abstimmungen abschaffen und die Führung der Farm von einem von ihm geführten Schweine-Komittee übernehmen.

Widerstand wird durch die Hunde brutal niedergeschlagen und Schwatzwutz' Propaganda stellt es dar, als würden gerade die Schweine die größten Opfer zum Wohle aller erbringen. Die Lebensqualität auf der Farm sinkt für die übrigen Tiere merklich, doch die Schweine-Propaganda lässt verkünden, dass dies dennoch ein Sieg ist, da man nicht für die Menschen schuften muss. Napoleon und die restlichen Schweine verderben ihren ursprünglichen Animalismus jedoch immer weiter. So nehmen sie Handlungsbeziehungen zu den Menschen auf, leben weiterhin in Überfluss und beginnen, Kleidung zu tragen und in Betten zu schlafen. Die Gebote des Animalismus werden immer mehr zum Vorteil der Schweine abgeändert und schließlich durch das Gebot "Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher" ersetzt. Dies hat zur Folge, dass die leidenden Tiere Napoleon und die Schweine bald nicht mehr von den Menschen unterscheiden können, gegen deren Joch sie sich einst auflehnten.

Trivia

  • Animal Farm und die darin vorkommenden Figuren stehen als Allegorie für die Anfänge der Sowjetunion. Napoleon symbolisiert dabei den sowjetischen Diktator Josef Stalin.
  • In der Zeichentrick-Film-Version von 1954 wurde Napoleon im Englischen von Maurice Denham und im Deutschen von Arnold Marquis gesprochen.
  • Im Film von 1999 wurde er im englischen Original von Sir Patrick Stewart gesprochen. In der deutschen Fassung wurde er von Bernd Franzke synchronisiert.

Alle schweine sind gleich, aber manche sind gleicher
George Orwells Fabel „Die Farm der Tiere“ markiert nicht nur den ersten literarischen Erfolg des Autors, der heute zu den großen britischen Schriftstellern gehört und mit „1984“ Weltruhm erlangte, sondern ist auch eine erstaunlich politische Geschichte. Immerhin analysierte Orwell in der „Fabel“ mit den revoluzzenden Tieren auf einem Bauernhof bereits im Jahr 1945 die Entwicklung und Desillusionierung des Kommunismus in Russland. Und auch der 1954 erschienene Animationsfilm schrieb Geschichte als erster langer europäischer Zeichentrickfilm. Anfang März 2017 hat Winkler Film den Klassiker hierzulande erstmals auf Blu-ray veröffentlicht. Ein Wiedersehen.

Alle schweine sind gleich, aber manche sind gleicher
Auf der Farm von Bauer Jones stehen die Dinge nicht gut. Ob Jones trinkt, weil es nicht gut läuft, oder ob es nicht gut läuft, weil der Bauer trinkt, ist schwer zu sagen. Aber die Tiere des Hofes halten eine außergewöhnliche Versammlung ab und fassen einen Entschluss: Der Bauer muss verjagt werden und die Tiere wollen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen.

Leider stirbt das kluge, alte Schwein Old Major kurz darauf und von nun an nehmen die jüngeren Schweine Schneeball und Napoleon die Organisation des Hofes in die Hufen. Doch mit dem hehren Grundsatz, dass alle Tiere gleich sind, ist es nicht sonderlich weit her. Als Schneeball versucht die Härten der Winter für alle zu lindern, jagt Napoleon den Rivalen Schneeball davon. Dessen Hunde hetzen Schneeball zu Tode und Napoleon präsentiert Schneeballs Plan, eine Mühle zu bauen, als seinen eigenen.

Doch gleichzeitig duldet die Regentschaft der Schweine keine Wiedersprüche, sie ziehen in das ehemalige Haus des Farmers und beginnen sich zu bereichern, während die anderen Tiere leiden. Die Farm der Tiere wird zudem durch die neiderfüllten Menschen des Borfes bedroht.

Alle schweine sind gleich, aber manche sind gleicher
Es ist kein Geheimnis, dass der überzeugte Sozialist George Orwell in der vermeintlich harmlosen Fabel auf dem Bauernhof die historischen Geschehnisse in Russland aufarbeitet, wo nach der Oktoberrevolution 1917 der Zar abgesetzt wurde und die Kommunisten ihre Ideale von Gleichheit und Solidarität zum Wohle aller umzusetzen begannen. An dieser Stelle die russische Geschichte von Lenin bis zu Stalins Terror wiederzukäuen, erscheint überflüssig; Genaueres lässt sich auf die Schnelle bei Wikipedia erfahren.

Alle schweine sind gleich, aber manche sind gleicher
Um aus George Orwells Fabel nun einen Film zu machen und dazu noch einen Zeichentrickfilm, bedarf es einer weiteren Transferleistung, denn in den 1950er Jahren waren Zeichentrickfilme noch weitestgehend Kinderfilme – oder im weitesten Sinne „Familienfilme“. Zu den äußerst erfolgreichen Walt Disney Filmen gab es im Grunde keine Konkurrenz. Nun ausgerechnet mit dieser politischen Geschichte eine britischen Zeichentrick-Kultur zu etablieren und einen familiengerechten langen Spielfilm zu schaffen, erscheint nachträglich erstaunlich mutig. Vermutlich aber wäre ein solches Projekt heutzutage unter kommerziellen Studio-Erwägungen viel eher zum Scheitern verurteilt.

Wie auch immer, Regisseur John Hallas, der den Film zusammen mit seiner Frau Joy Batchelor realisierte und produzierte, ist heute auch aufgrund von „Animal Farm“ eine europäische Legende des Zeichentrick-Films. Später, in den 1980ern, war er auch  noch an der Fantasy-Verfilmung „Heavy Metal“ beteiligt, die ebenfalls Türen für ein unterbewertetes Filmgenre öffnete.  Stilistisch erinnert „Animal Farm – Aufstand der Tiere“ an die klassischen  Werke der Disney Studios, was nicht weiter verwundert, da der Art-Director John Reed, dort seine ersten Schritte im Filmbusiness machte und unter anderem an „Fantasia“, „Pinocchio“ und „Bambi“ mitgearbeitet hat.

Alle schweine sind gleich, aber manche sind gleicher
Dabei fällt auf, wie sorgfältig die Hintergründe gearbeitet sind. Mal in Stil von Pastell-Landschaften, mal mit eher pastosem Pinselstrich oder auch in aquarellartiger Dynamik gehalten. Die Tiere selbst sind charakterlich gut auseinander zu halten und eher schlicht gezeichnet. Da Zeichentrick seinerzeit noch ausschließlich Handarbeit war, ist das nicht weiter verwunderlich und versprüht heute umso mehr einen altmodischen Charme, der sehr zur Unterhaltung beiträgt.

Aus heutiger Sicht wirkt auch die stimmliche Besetzung mit einem Erzähler und einem Synchronsprecher, der alle Tierstimmen spricht, sehr konservativ, was sich auf die märchenhafte Erzählweise auswirkt, die aber sehr gut zu der Geschichte passt. Heute hätte man das Ganze wahrscheinlich viel dialoglastiger inszeniert, vielleicht ähnlich wie die „Realverfilmung“ von John Stevenson die 1999 erschienen ist.

Alle schweine sind gleich, aber manche sind gleicher
Aber dieser britische Animations-Klassiker „Animal Farm“ hat auch bis heute wenig von seinem Charme verloren. Die Geschichte selbst ist einfach zeitlos und die sehr kunstvolle Umsetzung erlaubt es jungen wie alten Zuschauern noch immer, sich „Animal Farm“ auf sehr unterschiedlichen inhaltlichen Ebenen zu nähern.

Die deutsche Blu-ray Veröffentlichung folgt bis auf den fehlenden CD-Rom Teil, der DVD-Ausstattung, die Winkler Film 2009 auf den Markt brachte. Seinerzeit wurde die Bildqualität auch ein wenig restauriert und der Film durch ein Making of und ein Interview mit Regisseur John Hellas angereichert. Ebenfalls schon damals enthalten war der sehr interessante  und informative Audiokommentar von Brian Sibley. Und egal, ob man „Animal Farm“ im englischen Original oder in der deutschen Sprachfassung schaut, die Erzählung ist gleichermaßen gelungen. Vielleicht auch, weil man sich seinerzeit mit den Synchronfassungen einfach mehr Mühe gegeben hat.

Der britische Zeichentrickfilm „Animal Farm“ ist und bleibt ein Klassiker. Zwar kommt man den Figuren emotional nicht so nahe, wie das in den Disney Filmen der Fall ist, aber das liegt auch an der erzählerischen Ausrichtung der Umsetzung von George Orwells literarischem Klassiker und ist durchaus gewollt.

Film-Wertung:

Alle schweine sind gleich, aber manche sind gleicher
(8 / 10)

Alle schweine sind gleich, aber manche sind gleicher
Animal Farm – Aufstand der Tiere
OT: Animal Farm
Genre: Zeichentrick, Fabel, Politik
Regie: Joy Batchelor, John Hallas
Romanvorlage: George Orwell
Animationsleitung: John Reed
FSK:  ab 6  Jahren
Vertrieb: Winkler Film / Alive
DVD-VÖ: 20.02.2009
BD-VÖ: 03.03.2017

Animal Farm bei Winkler Film

Was kritisiert George Orwell in Animal Farm?

Farm der Tiere ist eine satirische Streitschrift gegen den Stalinismus und vor allem gegen dessen Zerstörung der sozialistischen Ideale.

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Das Buch "1984" ist eines der brisantesten Bücher der Geschichte. George Orwell beschreibt darin einen totalitären Überwachungsstaat. Obwohl der Autor es nicht als Angriff auf den Sozialismus angelegt hatte, ist der Besitz ist zu DDR-Zeiten verboten.

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„Alle sind gleich, aber manche sind gleicher. “ Dieses Zitat wird vielen Lesern bis heute bekannt sein, allerdings stammt es nicht, wie man vermuten könnte, aus George Orwells dystopischem Meisterwerk „1984“.

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