Der unterschied zwischen cau

Stand: 22.03.2022 20:50 Uhr

Die Vielfalt unserer Mikroorganismen nimmt ab. Das kann verheerende Konsequenzen haben. Forscher der Uni Kiel sehen Unterschiede zwischen Afrikanern und Europäern. Gründe: Ernährung und Lebensweise.

Wenn Corinna Bang in den Zoo geht, dann nicht, um sich Tiere anzusehen. Sie interessiert sich eher für das, wofür sich sonst wohl eher niemand interessiert: Kot. Sie ist Molekularbiologin an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und forscht zu Mikrobiomen. Mikrobiome sind alle Mikroorganismen zusammen, die Menschen oder Tiere besiedeln. Wenn sie über Mikroorganismen spricht, strahlen ihre Augen wie die eines Kindes, wenn es länger wach bleiben darf als sonst.

Stuhlproben von 38 verschiedenen Tieren

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So unterschiedlich die Proben verschiedener Tiere, hier von Ziegen, aussehen, so unterschiedlich sind auch die Mikroorganismen darin.

Ihre Arbeit beginnt mit zahlreichen Stuhlproben. 386 dieser Proben haben sie und ihr Team von 38 verschiedenen Tierarten, aber auch Menschen gesammelt. Geholfen haben dabei unter anderem die Tierparks in Hamburg, Neumünster, Gettorf und Warder. Den Kot von Schweinen haben sie untersucht, aber auch von Kühen, Ziegen, Schafen und Affen. Ihr Ziel war es herauszufinden, ob und inwieweit die Vielfalt von Mikroorganismen sich bei Tieren untereinander, aber auch im Vergleich zwischen Tieren und Menschen unterscheiden - und woran das gegebenenfalls liegen kann. Die Motivation: Corinna Bang will Menschen aufzeigen können, wie wichtig Mikroorganismen sind: "Es wird immer nur von Keimen gesprochen, aber 99,9 Prozent der Mikroorganismen, von denen wir umgeben sind, sind gut für uns. Wir leben mit ihnen in Symbiose und wären ohne sie auch gar nicht lebensfähig," erklärt die Wissenschaftlerin.

Proben auf das Kleinste runter brechen

Wenn sie die Stuhlproben in ihrem Labor haben, speichern sie erst einmal alle Informationen dazu in einer großen Datenbank, mit der sie später weiterarbeiten können. Danach müssen sie aus jeder einzelnen Probe die mikrobielle DNA gewinnen. Das passiert durch chemische und mechanische Lyse, also Auflösung bis hin zum kleinsten Teil einer Zelle. Dazu benutzen sie viele verschiedene Geräte im Labor, mit denen ein Laie so viel anfangen kann wie ein Kitesurfer mit Windstille. Die DNA wiederum sequenzieren sie dann. So können sie sehen welche Mikroorganismen in den Proben waren und wie viele. All diese Informationen kommen wiederum in die Datenbank - wo sie dann miteinander verglichen werden können. Sechs Jahre lange Arbeit: "Für mich ist das ganz normal, ich mag es, so lange an einer Sache zu arbeiten. Auch früher habe ich schon immer gerne an irgendwelchen Aufgaben getüftelt", erzählt Corinna Bang.

Unbekannte Mikroben entdeckt

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Molekularbiologin Dr. Corinna Bang erforscht seit Jahren die Vielfalt von Mikroorganismen bei Menschen und Tieren.

Für ihre Studie hat das Forscherteam um Corinna Bang die Herkunft der Proben in vier Gruppen geteilt: Fleischfresser, Primaten, Paarhufer und Unpaarhufer. Was schon bekannt ist: Die mikrobiote Zusammensetzung hat mit dem Verwandtschaftsgrad zu tun. Die Proben von zum Beispiel Affen und Gorillas sind denen von Menschen ähnlicher als denen von Kühen oder Schafen. "Was bei uns mehr im Fokus stand: Die Geografie, also wo leben die Tiere oder Menschen und was essen sie. Und da war es wirklich spannend zu sehen, dass wir bei Wiederkäuern Mikroben entdecken konnten, die vorher noch gar nicht bekannt waren." Deren Verdauung vergleicht Bang mit einer Biogasanlage: "Da kommt oben immer wieder das Grobe rein und dann wird das Ganze nacheinander abgebaut." Damit Kühe Heu und Gras in verdauliche Bestandteile zerlegen können, sind in ihren Mägen Millionen Bakterien - also Mikroben - aktiv.

Unterschiede je nach Ernährung und Lebensweise

Und genau wenn man diese Mikroben-Vielfalt mit der von Menschen vergleicht, sieht man, dass bei uns eher Mikrobenarmut herrscht. Aber Mensch ist nicht gleich Mensch: Die Forscher der Kieler Uni konnten nämlich auch erkennen, dass es erhebliche Unterschiede zwischen den Mikrobiomen afrikanischer und europäischer Menschen gibt. Corinna Bang erklärt dazu: "Die wesentlichen Unterschiede liegen in der Lebensweise. Zum Beispiel leben Afrikaner oft mit ihren Nutztieren zusammen und in großen Gruppen. Wir sind eher in kleinen Grüppchen unterwegs, leben alleine." Außerdem sei unsere Ernährung sehr zuckerreich und oft tierfettlastig. Auch das habe Auswirkungen auf die Mikroben-Vielfalt. "Was wir bräuchten, wäre eine pflanzlich basierte Ernährung, um diese mikrobielle Diversität wieder zurück zu bekommen."

Chronische Krankheiten können entstehen

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Stuhlproben von 38 verschiedenen Tierarten haben die Wissenschaftler untersucht.

Aber wozu? Warum ist es wichtig, dass die kleinsten Teilchen in unserem Darm möglichst vielfältig sind? "Der Mensch ist ein sehr kompliziertes Konstrukt", meint Bang, "er lebt eigentlich in einer tollen Symbiose mit seinen Mikroorganismen und dem Immunsystem. Und je diverser unsere Mikroorganismen, desto besser für das Immunsystem." Sie und viele andere Forscher vermuten, dass eine verringerte mikrobielle Diversität einhergeht mit Störungen des Immunsystems. So könnten chronische Krankheiten entstehen, Multiple Sklerose oder Morbus Crohn. Und genau das ist ihr Antrieb, diesen Zusammenhang aufzuzeigen.

Letztendlich wollen sie mit ihrer Arbeit Interventionstherapien für personalisierte Medizin entwickeln, zum Beispiel bestimmte Probiotika, die das Gleichgewicht im Darm wiederherstellen. Bangs Forschungen fließen zum Teil schon jetzt in ihren Alltag mit ein: "Im Freundeskreis habe ich einige Mütter und wenn ich da sehe, dass sie alles ständig waschen und mit irgendwelchen Mitteln desinfizieren, denke ich manchmal: Nein, lass das Kind auch mal die Hände nicht waschen und die Finger nach dem Spielen draußen einfach in den Mund nehmen. Das ist gut." Denn nur so könne eine Vielfalt an Mikroorganismen im Körper entstehen. Und auch jeder Erwachsene könne schon präventiv etwas tun: ballaststoffreich essen, wenig Zucker, pflanzenbasierte Nahrung. Und viel Kontakt zu Tieren suchen, auf dem Bauernhof oder in der Landwirtschaft.

Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 22.03.2022 | 19:30 Uhr

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