Die CDU soll einen alten Wahlslogan der DDR-Staatspartei SED auf ihren Wahlplakaten verwenden: Das legt ein vielfach im Netz geteiltes Bild nahe, das auch die AfD verbreitete. Doch das Bild ist gefälscht. 30.08.2017, 10.37 Uhr
CDU-Plakat neben Bildmontage (für Vollbild auf das Bild klicken) Foto: twitter.com/ AfD HH NordWas soll passiert sein? Auf Facebook und anderen sozialen Netzwerken kursierte ein Doppelbild, das angeblich belegen soll, dass die CDU im Bundestagswahlkampf 2017 auf einen belasteten Wahlslogan setzt. Die Staatspartei der DDR, die SED, soll ihn nahezu wortgleich ebenfalls verwendet haben. Im oberen Bildteil ist ein echtes CDU-Wahlplakat mit Angela Merkel zu sehen, inklusive dem CDU-Wahlspruch: "Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben." Im unteren Bildteil ist ein zweites Schwarz-Weiß-Foto eingefügt, das angeblich ein SED-Plakat zum elften Parteitag der DDR-Staatspartei zeigen soll. Auf diesem alten Plakat steht ebenfalls: "Für ein Land, in dem wir gut und gerne leben." Woher kommt die Meldung? Wer das Bild zuallererst in Umlauf gebracht hat, ist schwer festzustellen. Klar ist, dass es unter anderem auf der Facebook-Seite "Politik und Zeitgeschehen" auftauchte, wo es viele Likes erhielt und weiterverbreitet wurde. Auch der AfD-Bezirksverband Hamburg Nord verbreitete das angebliche Beweisbild der CDU-SED-Analogie über seinen Twitter-Account. Stimmt das? Das SED-Bild ist eine Fälschung. Das Foto des Plakats wurde von Unbekannten digital bearbeitet. Auf dem Original - einem Farbbild - ist auf dem SED-Plakat nämlich ein ganz anderer Wahlspruch zu lesen. Dort steht: "Alle Kraft zur Stärkung unseres sozialistischen Vaterlandes der Deutschen Demokratischen Republik". Es wird auch nicht auf einen SED-Parteitag verwiesen. Empfohlener externer Inhalt An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Twitter, der den Artikel ergänzt und von der Redaktion empfohlen wird. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden. Externer InhaltIch bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung. Externer InhaltZur DatenschutzerklärungMittlerweile haben die Verbreiter der Bildmontage teilweise reagiert. Die Seite "Politik und Zeitgeschehen" löschte nach eigenen Angaben den vielfach geteilten Beitrag und postete eine Richtigstellung. Die hat gleichwohl bisher nicht so viel Aufmerksamkeit bei den Nutzern erzielt wie der Ursprungs-Post. "Politik und Zeitgeschehen steht zu seinem Fehler", heißt es in einem Kommentar unter dem Post von den Verantwortlichen der Seite. Viele andere hätten ihren Fehler aber nicht korrigiert, steht dort weiter. Dass die Bildmontage jeder faktischen Grundlage entbehrt, stört viele Nutzer aber offenbar nicht. "In diesem Fall wäre es eine gute Versinnbildlichung der eigentlichen Geisteshaltung von Frau Merkel mit Hilfe zweier Wahl-Plakate. Für mich völlig legitim", schreibt ein Facebook-Nutzer unter der Berichtigung der Seite. Auch die AfD Hamburg-Nord schrieb auf Twitter, man sei "wohl einem Fake aufgesessen". Im gleichen Tweet heißt es aber auch wenig schuldbewusst, die CDU-Plakate klängen nun mal wie SED-Sprech. Anmerkung: Wir haben die Jahreszahl zum elften Parteitag der SED korrigiert. Er fand 1986 statt, nicht 1981. Das Foto des Plakats wurde 1981 aufgenommen. Tipps für den Online-Alltag: So enttarnen Sie FakesBereich Ist die Quelle seriös? aufklappen Stößt man auf eine spektakuläre Nachricht, sollte man zunächst prüfen, auf welcher Quelle sie beruht. Bei einerFalschmeldung des "Denver Guardian" aus dem US-Wahlkampf etwahätte es schon gereicht, den Namen des Mediums zu googeln. Einen "Denver Guardian" gibt es nämlich nicht, wie die "Denver Post", eine real existierende Zeitung,klarstellte. Seriöse Nachrichtenseiten haben ein Impressum und Kontaktmöglichkeiten und verschleiern nicht, wer sie betreibt. Bereich Handelt es sich um eine Satire-Meldung? aufklappen Hat man den Kontext im Blick, entdeckt man auch Satire-Postings leichter. Seit Jahren zum Beispiel kommt es vor, dass Internetnutzer"Postillon"-Meldungen für bare Münze nehmen. Die Website verspricht zwar "ehrliche Nachrichten - unabhängig, schnell, seit 1845", veröffentlicht aber Quatschmeldungen wie"Katastrophenschutz warnt: Werwölfe heute Nacht bis zu 15 Prozent größer". Ähnliches gilt für "Die Tagespresse", die sich als "Österreichs seriöseste Onlinezeitung" bezeichnet. Bereich Was steht wirklich im Artikel - und was nur in der Vorschau? aufklappen Gerade bei aggressiv etwa per Facebook angepriesenen Artikeln lohnt es sich, im Original-Artikel nachzuschauen, ob der kleine Vorschauschnipsel auf den Artikel und der eigentliche Inhalt zusammenpassen: Steht die Sensation überhaupt im Text? Bereich Wo kommt die Information her? aufklappen Seriös arbeitende Journalisten machen deutlich, wo ihre Informationen herkommen. Wenn etwa über eine Studie berichtet wird, sollte diese genau genannt oder verlinkt sein. Und wenn man ein anderes Medium zitiert, kann man auch einfach einen Link setzen. Bereich Wurde die Quelle richtig wiedergegeben? aufklappen Wenn es schon Quellen-Erwähnungen oder -Links gibt, lohnt es sich bei kontroversen Meldungen oft, sich durchzuklicken, bis man irgendwann bei der Ursprungsquelle ankommt. Manchmal ist sie uralt oder wird falsch wiedergegeben, was nicht immer böswillig geschehen muss: So kann es zum Beispiel Übersetzungsfehler geben. Wie der Quellencheck konkret aussehen kann, zeigt zum Beispiel dieses Video vom Kanal "Die besorgte Bürgerin":Seiten wie"We Watch Fake Anonymous"konnten mit teils simplem Quellenaufrufen immer wieder Behauptungen der mittlerweile gelöschten Facebook-Hetzseite"Anonymous.Kollektiv"widerlegen. Bereich Falle ich gerade auf einen Fake-Klassiker rein? aufklappen Viele Falschmeldungen kursieren monate- oder jahrelang durchs Netz - und trotzdem gibt es immer wieder Nutzer, die darauf reinfallen. Das gilt zum Beispiel für Aufrufe, bei denen behauptet wird, per Bild-Posting könne man den Facebook-AGB widersprechen. Bereich Ist die Information tatsächlich brisant? aufklappen Vorsicht ist auch dann geboten, wenn als Quelle nebulös ein Leak angegeben wird. Nur, weil etwa eine E-Mail nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war, heißt dass nicht, dass sich darin automatisch eine spektakuläre Enthüllung verbirgt. Bereich Zeigt ein Foto wirklich, was es zu zeigen vorgibt? aufklappen Gerade kurz nach Naturkatastrophen oder Gewalttaten machen häufig auch Foto-Fakes die Runde. Viele Menschen suchen dann nach Bildern und bekommen zum Beispiel alte Fotos von anderen Ereignissen vorgesetzt.Vier Schritte -die wir hier detaillierter erklären- können helfen, solche Fakes zu entlarven: von der Bilder-Rückwärtssuche bis hin zum Check der Bildinhalte auf Plausibilität. Bereich Wie neu ist ein angeblich neu aufgetauchtes Video? aufklappen Nach Ereignissen wie der Kölner Silvesternacht werden in sozialen Netzwerken oft nicht nur alte Fotos, sondern auch alte Videos als vermeintliche hochaktuelle Augenzeugen- oder Skandalclips inszeniert. Bereich Kann ich anderen Nutzern helfen? aufklappen Haben Sie einen Fake entlarvt, kann es nie schaden, andere Internetnutzer an der Erkenntnis teilhaben zu lassen und beispielsweise einen Erklärlink als Kommentar unter ein dubioses Facebook-Posting zu setzen. Bei Facebook sollten Sie auch versuchen, Fake-News zu melden. In einem Untermenü der Meldeoption kann man explizit angeben, dass es sich möglicherweise um eine gefälschte Nachricht handelt. Sind auch Ihnen in den sozialen Netzwerken beliebte Artikel begegnet, bei denen es sich um Falschmeldungen, bewusste Panikmache, Übertreibungen oder verdrehte Fakten handeln könnte? Geben Sie uns per E-Mail gern einen Hinweis: [email protected] |