Gesetz zum ausbau des elektronischen rechtsverkehrs mit den gerichten

Die Bundesregierung hat am 10. Februar 2021 den von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer prozessrechtlicher Vorschriften beschlossen.

Um das Potential und die Chancen, die die Digitalisierung für die Justiz bietet, noch besser als bisher zu nutzen, soll eine möglichst umfassende und medienbruchfreie Kommunikation aller Akteurinnen und Akteure mit den Gerichten auf elektronischem Weg ermöglicht werden. Die Hürden bei der Übermittlung elektronischer Dokumente für Beteiligte, die bisher keinen Zugang zu einem sicheren Übermittlungsweg haben, erschweren den elektronischen Rechtsverkehr. Sie sollen durch Einrichtung weiterer sicherer Übermittlungswege für alle Beteiligten abgebaut werden.

Für Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Organisationen, Verbände sowie andere am Prozessgeschehen Beteiligte, beispielsweise Sachverständige, Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher, Dolmetscherinnen und Dolmetscher oder speziell für die Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit beispielsweise auch Sozialverbände, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbbände wird eine rechtliche Grundlage für ein besonderes elektronisches Bürger- und Organisationenpostfach (eBO) geschaffen (§ 130a Absatz 4 Nummer 4 neu ZPO bzw. Parallelvorschriften in den anderen Verfahrensordnungen). Auf breiter Basis sollen diese Personengruppen damit Dokumente auf elektronischem Weg an die Gerichte und Strafverfolgungsbehörden übersenden können und auch umgekehrt elektronisch adressiert werden können. Der Zugang zum Recht wird auf zusätzliche digitale Zugangsmöglichkeiten erstreckt, und auf diese Weise sollen Medienbrüche bei der elektronischen Aktenbearbeitung vermieden, Arbeitsabläufe optimiert und Verfahren effizienter werden.

Außerdem soll die Möglichkeit geschaffen werden, die nach dem Onlinezugangsgesetz (OZG) zu errichtenden Nutzerkonten des Portalverbundes in die Kommunikation mit den Gerichten einzubinden. Quelle: Bundesministerium der Justiz, Pressemitteilung vom 10. Februar 2021

Im Newsletter von September 2022 haben wir bereits über das

Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten

und zur Änderung weiterer Vorschriften informiert. Nachdem es am 05.10.2021 vom Bundestag beschlossen und am 11.10.2021 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde, wird es in seinen wesentlichen Teilen zum 01.01.2022 in Kraft treten. Folgende Neuerungen sind in erster Linie von Bedeutung:

  • Die Einführung des elektronischen Bürger- und Organisationenpostfachs (eBO) gemäß §§ 10 bis 12 ERVV, das – wie das beA – als sicherer Übermittlungsweg i. S. v. § 130a Abs. 3 und 4 ZPO ausgestaltet ist. Für bestimmte professionelle Nutzergruppen, z. B. Gewerkschaften und prozessvertretende Arbeitgeber- und Sozialverbände, gilt ab 01.01.2026 eine aktive Nutzungspflicht.
  • Einige Klarstellungen, u. a. in § 130a ZPO hinsichtlich der Folgen eines Verstoßes gegen die Formerfordernisse der ERVV.
  • Änderungen im Zustellungsrecht; in § 173 ZPO ist erstmals eine Regelung für den elektronischen Postausgang enthalten.

Auch die neue

Bekanntmachung zu § 5 ERVV (Elektronischer-Rechtsverkehr-Bekanntmachung 2022 – ERVB 2022) vom 22.11.2021

wurde zwischenzeitlich veröfffentlicht. Sie regelt vor allem die bislang im Detail umstrittenen Folgen einer Nichteinhaltung der Formerfordernisse nach der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) und den flankierenden früheren Fassungen der ERVB und schafft so Rechtssicherheit. Daneben enthält sie Vorgaben zu den nutzbaren Dateiformaten, den Mengengerüsten sowie den eingebetteten Schriftarten. Zudem sind Regelungen zur Bezeichnung und Nummerierung von Dokumenten vorgesehen.

Weitere Informationen finden Sie im beA-Newsletter der BRAK Ausgabe 11/2021 vom 04.11.2021.

Gesetz zum ausbau des elektronischen rechtsverkehrs mit den gerichten

Mit Beschluss vom 25. April 2022 – 3 AZB 2/22 hat das BAG gleich mehrere grundsätzliche Formfragen im elektronischen Rechtsverkehr beantwortet und sich im Vergleich zu früheren Entscheidungen überraschende milde positioniert. Insbesondere enthält der Beschluss Hinweise zu den Anforderungen durchsuchbarer und kopierbarer Dokumente, sowie eingebetteten Schriftarten. Ferner äußert sich das BAG zur Wirksamkeit der ERVB und zu den Fristen des § 130a Abs. 6 ZPO.

„Viel Grundsätzliches zum ERV vom BAG“ weiterlesen

Die Größen- und Mengenbeschränkungen der EGVP-Infrastruktur ist das Nadelöhr des elektronischen Rechtsverkehrs. Insbesondere bei der Übermittlung von Akten oder elektronischen Beweismitteln stoßen Verfahrensbeteiligte und Gerichte schnell an diese Grenzen. Die Aufteilung auf mehrere EGVP-Nachrichten war dann die einzige, aber ungeliebte Übermittlungsmöglichkeit. Ab 1.4.2022 gelten (endlich) neue Regeln.

„Ab 1.4.2022: Erhöhte Größenbeschränkung für EGVP“ weiterlesen

Am 17. September 2021 hat der Bundesrat das Gesetz zum weiteren Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV-AusbauG) beschlossen. Das Gesetz tritt am 1. des dritten auf die Verkündung folgenden Monats – voraussichtlich also am 1. Januar 2022 – gleichzeitig mit der aktiven Nutzungspflicht in Kraft.

„ERV-AusbauG passiert den Bundesrat“ weiterlesen

Im BGBl 2021, 2363 wurde am 7. Juli 2021 das Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften verkündet. Mit dabei: Zwei sehr praxisrelevante Ergänzungen für den elektronischen Rechtsverkehr: Das Kanzleipostfach für Rechtsanwaltsgesellschaft und das besondere elektronische Steuerberaterpostfach (beSt). In Kraft tritt das Gesetz am 1. August 2022.

„Rechtsanwaltsgesellschafts- und Steuerberaterpostfach im BGBl“ weiterlesen

Mit dem Gesetz  zur Fortentwicklung der Strafprozessordnung
und zur Änderung weiterer Vorschriften hat sich mit Wirkung zum 1. Juli 2021 still und heimlich eine Änderungen der Normen zur Akteneinsicht in die Prozessordnungen geschlichen. Durch Änderung der §§ 299 Abs. 3 S. 1 ZPO, 32f Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 StPO, § 120 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Satz 2 SGG, § 100 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 2 VwGO und § 78 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 2 FGO wurde die Möglichkeit geschaffen, die Akteneinsicht auch durch die Übermittlung im elektronischen Rechtsverkehr zu gewähren.

„Akteneinsicht über ERV nun im Gesetz“ weiterlesen

Gem. § 59 l BRAO sind Rechtsanwaltsgesellschaften selbst prozess- und postulationsfähig. Ein eigenes besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) hatten Rechtsanwaltsgesellschaften aber bisher nicht. Mit den sich hieraus ergebenden Ungereimtheiten musste sich sogar der BGH beschäftigen (–> hier). Nun hat der Gesetzgeber in dem am 10. Juni 2021 beschlossenen Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe und sowohl im anwaltlichen Berufsrecht als auch im Prozessrecht Änderungen vorgenommen. Mittlerweile wurde das Gesetz verkündet.

„Bundestag beschließt Kanzleipostfach für Rechtsanwaltsgesellschaften“ weiterlesen

Als Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt der Entwurf eines Gesetzes zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer prozessrechtlicher Vorschriften nunmehr dem Bundesrat vor (BR-Drs 145/21). Die Bundesregierung hat in ihrem Gesetzentwurf auf die wesentliche Kritik am vorherigen Referentenentwurf reagiert:

„Gesetzentwurf zu einem Gesetz zum Ausbau des ERV“ weiterlesen

Unter dem 18. Dezember 2020 hat das BMJV einen Referentenentwurf eines Gesetzes zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vorgelegt. Der Entwurf enthält gleich mehrere, erhebliche Neuerungen, insbesondere die Zurverfügungstellung sicherer elektronischer Übermittlungswege für weitere Personengruppen – auch für den Bürger – und im Zustellungsrecht für bestimmte Personengruppen eine gesetzliche Zustellungsfiktion. Die Freischaltung der neuen Postfächer sollen Landesbehörden ähnlich den bisherigen beBPo-Prüfstellen übernehmen.

„Referentenentwurf: ERV-Bürgerpostfach und Zustellungsfiktion“ weiterlesen

Mit Pressemitteilung vom 8. Dezember 2020 hat die Senatorin für Justiz und Verfassung der Freien Hansestadt Bremen den Erlass einer Rechtsverordnung über die Pflicht zur Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs (Verordnung über die Pflicht zur Nutzung des ERV.14366) für die Fachgerichtsbarkeiten mit Ausnahme des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen und der Verwaltungsgerichtsbarkeit zum 1. Januar 2021 publik gemacht. Bremen ist damit nach Schleswig-Holstein, das die aktive Nutzungspflicht bislang (nur) für die Arbeitsgerichtsbarkeit eingeführt hat, das zweite Bundesland, dass den sog. Opt-in zieht.

„1.1.2021: Aktive ERV-Nutzungspflicht für die Fachgerichte in Bremen“ weiterlesen

Nachdem sich bereits das BSG und das BAG umfassend mit der Formwahrung mittels Containersignatur beschäftigen mussten und als Marschroute dargelegt hatten, dass die Containersignatur seit dem 1. Januar 2018 durch die Einführung des § 4 Abs. 2 ERVV unzulässig ist, eine Wiedereinsetzung nach allgemeinen Regeln aber denkbar ist, stand eine Positionierung des BGH noch aus. Diese war deshalb spannend, weil der BGH bislang in ständiger Rechtsprechung die Containersignatur als zulässig angesehen hatte. Mit einem Beschluss vom 15. Mai 2019 (XII ZB 573/18) hat sich der BGH nun in einigen Bereich klar positioniert: Insbesondere hält auch er die Containersignatur für unzulässig. Die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erkennt auch der BGH an, deutet aber an, dass dies kein Selbstläufer ist.

„BGH zur Containersignatur: Sie ist unzulässig, Wiedereinsetzung schwierig“ weiterlesen