Kann ich als arbeitnehmer fristlos kündigen

Wann darf Dein Arbeitgeber fristlos kündigen?

Will Dein Arbeitgeber Dir fristlos kündigen, dann muss er einen wirklich wichtigen Grund haben. Obwohl er in der Kündigung selbst nicht angeben muss, warum er außerordentlich kündigt, kannst Du verlangen, dass er Dir den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilt (§ 626 Abs. 2 Satz 3 BGB).

Im Gesetz gibt es keine Liste von wichtigen Kündigungsgründen. Einzelne Urteile sind deshalb besonders wichtig, die sich in Fallgruppen für wichtige Kündigungsgründe einteilen lassen. Denn eins ist klar: Lässt ein Arbeitnehmer von einem Gericht überprüfen, ob die fristlose Kündigung gerechtfertigt war, dann muss der Arbeitgeber die Gründe beweisen.

Wichtige Kündigungsgründe für Arbeitgeber

Betrug, Diebstahl und Veruntreuung („Fall Emmely“) - Diese Straftaten stellen unabhängig von der Höhe des Schadens einen wichtigen Kündigungsgrund dar. Eine Abmahnung kann im Einzelfall erforderlich sein. Außerdem ist immer eine Interessenabwägung vorzunehmen (BAG, Urteil vom 10. Juni 2010, Az. 2 AZR 541/09). Wer 40 Jahre für denselben Arbeitgeber gearbeitet hat, ohne sich jemals etwas hat zuschulden kommen lassen, der hat Vertrauenskapital angesammelt. Eine außerordentliche Kündigung kann dann unzulässig sein, wenn der Arbeitnehmer zum Beispiel sofort seinen Fehler gesteht und sich entschuldigt (LAG Berlin, Urteil vom 16. September 2010, Az. 2 Sa 509/10).

Verdacht einer Straftat - Der Arbeitgeber kann auch dann aus wichtigem Grund kündigen, wenn gegen einen Arbeitnehmer oder Auszubildenden der schwerwiegende Verdacht einer Straftat besteht. Die Tat muss noch nicht erwiesen sein – eine bloße Vermutung allein reicht aber nicht. Vor dem Ausspruch der Kündigung muss der Arbeitgeber den betreffenden Arbeitnehmer anhören (BAG, Urteil vom 12. Februar 2015, Az. 6 AZR 845/13).

Äußerungen über den Arbeitgeber im Internet - Geschäftsschädigendes Verhalten müssen Arbeitgeber nicht hinnehmen. Sie können deshalb außerordentlich kündigen (LAG Hamm, Urteil vom 15. März 2013, Az. 13 Sa 6/13).

Beleidigung des Arbeitgebers - Das ist in der Regel ein erheblicher Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten (BAG, Urteil vom 10. Oktober 2002, Az. 2 AZR 418/01). Anders sieht es aus, wenn der Arbeitnehmer die Beleidigung in einem vertraulichen Gespräch gegenüber einem Dritten gemacht hat. Beleidigt der Arbeitnehmer mit einem Emoticon seinen Chef, darf der fristlos kündigen. Im Einzelfall muss er aber vorher abmahnen, etwa weil der Arbeitnehmer über Jahre zuverlässig gearbeitet hatte (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Juni 2016, Az. 4 Sa 5/16).

Sexuelle Belästigungen von Kollegen - Auch langjährig Beschäftigte können außerordentlich gekündigt werden, wenn sie eine Kollegin oder einen Kollegen sexuell belästigen (BAG, Urteil vom 9. Juni 2011, Az. 2 AZR 323/10; LAG Niedersachsen, Urteil vom 6. Dezember 2013, Az. 6 Sa 391/13).

Mobbing - Wer seine Kollegen unter Druck setzt, herabwürdigt und schlecht behandelt, riskiert eine Kündigung. Je schwerer der Vorwurf, desto eher kann der Arbeitgeber sogar ohne Abmahnung kündigen (LAG Thüringen, Urteil vom 15. Februar 2001, Az. 5 Sa 102/00).

Drogenkonsum - Konsumiert ein LKW-Fahrer harte Drogen wie Crystal Meth, darf der Arbeitgeber ihn außerordentlich kündigen. Dabei spielt es keine Rolle, ob er die Drogen vor oder während der Arbeitszeit genommen hat (BAG, Urteil vom 20. Oktober 2016, Az. 6 AZR 471/15).

Arbeitsverweigerung - Es genügt nicht, wenn der Arbeitnehmer bloß eine Weisung seines Vorgesetzten unbeachtet lässt: Er muss die Arbeit beharrlich verweigern. Eine vorherige Abmahnung ist normalerweise nötig (LAG Hamm, Urteil vom 25. Mai 2012, Az. 7 Sa 2/12).

Vortäuschen von Arbeitsunfähigkeit - Wer vortäuscht, krank zu sein, verletzt damit seine Hauptleistungspflicht, da er nicht arbeitet, obwohl er könnte. Hinzukommt, dass er bei einer vorgetäuschten Erkrankung unberechtigt Gehalt bezieht, was zugleich ein Betrug sein kann (LAG Mecklenburg Vorpommern, Urteil vom 30. Juli 2019, 5 Sa 246/18).

Angedrohtes Krankfeiern - Droht ein gesunder Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber, er werde krankfeiern, falls er den gewünschten Urlaub nicht bekomme, stellt diese Androhung grundsätzlich einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar (BAG, Urteil vom 12. März 2009, Az. 2 AZR 251/07). Aber die Abwägung der Interessen kann trotzdem dazu führen, dass der Arbeitgeber nicht fristlos künidgen durfte (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 4. Mai 2021, Az. 5 Sa 319/20).

Eigenmächtiger Urlaubsantritt - Arbeitnehmer, die ohne Urlaubsbewilligung durch den Arbeitgeber in den Urlaub gehen, können fristlos gekündigt werden, da sie beharrlich die Arbeit verweigern (BAG, Urteil vom 21. November 1996, Az. 2 AZR 357/95). Ausnahme: Der Arbeitnehmer hat den Urlaub rechtzeitig beantragt, aber nicht bewilligt bekommen (LAG Berlin, Urteil vom 26. November 2010, Az. 10 Sa 1823/10).

Konkurrenztätigkeit - Übt ein Arbeitnehmer eine unerlaubte Konkurrenztätigkeit aus, kann das ein wichtiger Grund für die Kündigung sein (LAG Hessen, Urteil vom 10. Juni 2013, Az. 21 Sa 850/12).

Arbeitszeitbetrug - Ein Arbeitnehmer, der falsch stempelt und geleistete Arbeitszeit vorspiegelt, kann fristlos entlassen werden. Das ist nicht nur bei festen Arbeitszeiten so, sondern auch bei Gleitzeit (BAG, Urteil vom 9. Juni 2011, Az. 2 AZR 381/10). Wer seine Arbeitszeit nicht korrekt dokumentiert, begeht einen schweren Vertrauensbruch (LAG Mecklenburg Vorpommern, Urteil vom 30. Juli 2019, Az. 5 Sa 246/18).

Das gilt erst recht in Fällen, in denen ein Mitarbeiter seinen Arbeitgeber dadurch täuscht, dass er einen Kollegen veranlasst, an seiner Stelle die Stempeluhr zu betätigen (BAG, Urteil vom 24.11.2005, Az. 2 AZR 39/05). Vorher kann im Einzelfall eine Abmahnung erforderlich sein (LAG Berlin, Urteil vom 13. Juni 2012, Az. 15 Sa 407/12).

Private Telefonate - Unerlaubt und heimlich auf Kosten des Arbeitgebers geführte Privattelefonate können eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen (BAG, Urteil vom 4. März 2004, Az. 2 AZR 147/03).

Private PC-, Internet- und E-Mail-Nutzung - Ein Verstoß gegen das vom Arbeitgeber ausgesprochene Verbot private E-Mails während der Arbeitszeit zu verschicken, rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung – auch ohne Abmahnung, sofern die Nutzung exzessiv war (LAG Niedersachsen, Urteil vom 31. Mai 2010, Az. 12 Sa 875/09). Erstellt ein Arbeitnehmer auf einem Dienstcomputer während der Arbeitszeit sogenannte Raubkopien, darf ihn der Arbeitgeber fristlos kündigen (BAG, Urteil vom 16. Juli 2015, Az. 2 AZR 85/15).

Der Arbeitgeber muss die private Nutzung allerdings beweisen. Das geht nicht durch heimlich beschaffte Daten mittels Keylogger (Tasten-Protokollierer). Die Installation einer solchen Software verstößt gegen Grundrechte (LAG Hamm, Urteil vom 17. Juni 2016, Az. 16 Sa 1711/15).

Löschen und Kopieren von Daten - Hat ein Arbeitnehmer Kundendaten und Schriftverkehr auf seinem Arbeitsrechner gelöscht, damit sein Arbeitgeber darauf keinen Zugriff hat, kann der Arbeitgeber außerordentlich sogar ohne Abmahnung kündigen (Hessisches LAG, Urteil vom 5. August 2013, Az. 7 Sa 1060/10). Wollte der Arbeitnehmer mit der erheblichen Datenlöschung verbrannte Erde hinterlassen, rechtfertigt das die fristlose Kündigung (LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. September 2020, Az. 17 Sa 8/20).

Was passiert wenn ich als Arbeitnehmer fristlos kündige?

Konsequenzen der fristlosen Kündigung als Arbeitnehmer Wenn Sie fristlos kündigen, dürfen Sie ohne Einhaltung der Kündigungsfrist Ihre Tätigkeit niederlegen. Ihr Arbeitsverhältnis endet mit diesem Tag. Der Arbeitgeber hat nun die Möglichkeit, gegen Ihre Kündigung rechtlich vorzugehen.

Wann können Arbeitnehmer fristlos kündigen?

Eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer bereits einmal wegen einer gleichartigen Pflichtverletzung wirksam abgemahnt worden ist. In Ausnahmfällen kann eine verhaltensbedingte fristlose Kündigung auch ohne eine zuvor erteilte Abmahnung wirksam sein.

Wie kann ich mit sofortiger Wirkung kündigen?

Die fristlose Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis des Kündigungsgrundes erklärt werden. Eine spätere Kündigung kann nur auf neue Tatsachen gestützt werden. Die fristlose Kündigung bedarf einer schriftlichen Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber.

Kann ich aus persönlichen Gründen fristlos kündigen?

Eine fristlose Kündigung einzureichen, ohne einen Grund anzugeben, ist gesetzlich erlaubt. In jedem Fall muss laut § 626 Abs. 1 BGB ein wichtiger Kündigungsgrund vorhanden sein. Dazu gibt es keine pauschalen Begründungen.