Leistungen zur Sozialen Teilhabe SGB IX

1. Das Wichtigste in Kürze

Leistungen zur sozialen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sollen gleichberechtigte Teilhabe in den Lebensbereichen ermöglichen, für die es keine anderen Leistungen zur Teilhabe und Rehabilitation gibt, z.B. beim Wohnen, beim Einkaufen, bei Behördengängen und in der Freizeit. Für die Finanzierung der Leistungen können verschiedene Träger zuständig sein, z.B. der Unfallversicherungsträger, der Träger der Kinder und Jugendhilfe oder der Träger der Eingliederungshilfe.

2. Ziele der Leistungen zur sozialen Teilhabe

Ziel der Leistungen zur sozialen Teilhabe ist, Menschen mit Behinderungen eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern. Diese sollen so selbstbestimmt und eigenverantwortlich wie möglich in einer eigenen Wohnung und ihrem Sozialraum leben können. Sozialraum ist ein Begriff aus der sozialen Arbeit. Gemeint ist damit das Lebensumfeld eines Menschen. Es sind die Orte, an denen ein Mensch z.B. die Freizeit verbringt, sich mit anderen trifft, arbeitet, einkaufen geht oder Behördenangelegenheiten erledigt.

Diese Leistungen sollen den behinderungsbedingten Unterstützungsbedarf in allen Bereichen abdecken, die noch nicht von anderen Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen erfasst sind. Sie sind also eine Art "Auffangleistungen" für alles, was in keine andere Kategorie passt.

3. Zuständigkeit

Zuständige Träger können sein:

  • Unfallversicherungsträger: Wenn Behinderungen als Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit entstanden sind
  • Träger der Kinder- und Jugendhilfe: bei Kindern und Jugendlichen mit seelischen Behinderungen in der Regel bis zum 18. Lebensjahr, ggf. auch bei jungen Volljährigen, Näheres unter Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen
  • Träger der Sozialen Entschädigung, z.B. im Rahmen der Kriegsopferfürsorge, für Opfer bestimmter Straftaten oder bei Impfschäden
  • Träger der Eingliederungshilfe: Nur wenn kein anderer Träger zuständig ist, Näheres unter Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen. Leistungen der sozialen Teilhabe sind nachrangig gegenüber den anderen Leistungen der Eingliederungshilfe.

4. Voraussetzungen der Leistungen zur sozialen Teilhabe

Die Leistungen ergänzen andere Leistungen wie die berufliche (berufliche Reha > Rahmenbedingungen) oder medizinische Rehabilitation und die Leistungen zur Teilhabe an Bildung oder werden gewährt, wenn andere Hilfen nicht in Betracht kommen.

Voraussetzungen:

  • Durch andere Leistungen ist der Unterstützungsbedarf noch nicht gedeckt.
  • Die Ziele der sozialen Teilhabe können mit Hilfe der Leistungen erreicht werden.

Die weiteren Voraussetzungen unterscheiden sich, abhängig davon, welcher Träger zuständig ist.

  • In der Unfallversicherung muss ein sog. Versicherungsfall, also ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit, den Bedarf an Leistungen zur sozialen Teilhabe verursacht haben. Auf die Leistungen besteht ein Rechtsanspruch, unabhängig von der Art der Behinderung.
  • In der Jugendhilfe muss eine Abweichung des seelischen Gesundheitszustands eine Teilhabebeeinträchtigung verursacht haben oder diese muss drohen, Näheres unter Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen.
  • Ist es der Träger der Eingliederungshilfe, so gilt: Ein Rechtsanspruch auf die Leistungen zur sozialen Teilhabe besteht bei einer sog. wesentlichen Behinderung, bei anderen Behinderungen ist es eine Ermessensleistung. Näheres unter Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen.
  • Ist es der Träger der sozialen Entschädigung, so gelten die Regeln wie für den Träger der Eingliederungshilfe, sodass ein Rechtsanspruch nur bei wesentlicher Behinderung besteht. Leistungsberechtigt sind Menschen, die z.B. durch Krieg, durch einen rechtswidrigen Angriff oder durch eine Impfung einen Schaden erlitten haben und, wenn diese dadurch verstorben sind, deren Hinterbliebene.

5. Leistungen

Die Leistungen zur sozialen Teilhabe umfassen unter anderem:

  • Leistungen für Wohnraum, z.B. Hilfe bei Beschaffung, Umbau, Ausstattung und Erhalt von Wohnraum
  • Assistenzleistungen, z.B. Elternassistenz, Unterstützung bei der Haushaltsführung, der Lebensplanung, der Freizeitgestaltung sowie der Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben
  • Heilpädagogische Leistungen für noch nicht eingeschulte Kinder, siehe auch Frühförderung von Kindern mit Behinderungen
  • Leistungen zur Betreuung in einer Pflegefamilie, z.B. wenn die Betreuung eines Kindes oder Erwachsenen mit Behinderungen in einer anderen Familie nötig oder gewünscht wird, siehe auch "Sonderpflegestelle" unter Vollzeitpflege
  • Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, z.B. Schulung lebenspraktischer Handlungen, Vorbereitung auf das Arbeitsleben, Verbesserung der Kommunikation, Blindenschriftlehrgänge
  • Leistungen zur Förderung der Verständigung, z.B. Gebärdensprache dolmetschen
  • Leistungen zur Mobilität, z.B. Beförderung durch einen Fahrdienst, Leistungen zur Beschaffung eines Autos oder zum Erwerb des Führerscheins, Näheres unter Kraftfahrzeughilfe
  • Hilfsmittel, z.B. barrierefreie Computer

Welche Leistungen in welchem Umfang konkret gewährt werden, ist nicht gesetzlich geregelt. Vielmehr wird das in jedem Einzelfall im Teilhabeplanverfahren bzw. Gesamtplanverfahren bestimmt. Näheres unter Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen und Teilhabeplanverfahren.

5.1. Besonderheiten bei Zuständigkeit des Trägers der sozialen Entschädigung oder der Eingliederungshilfe

Ist der Träger der Eingliederungshilfe oder der sozialen Entschädigung zuständig, können unter gewissen Voraussetzungen bestimmte Leistungen der sozialen Teilhabe auch als pauschale Geldleistung gewährt werden, z.B. für die Kosten eines regelmäßig benötigten Fahrdienstes oder für persönliche Assistenz. Das geht nur, wenn die betroffene Person mit Behinderung damit einverstanden ist.

Zudem ist dann die Übernahme sog. Besuchsbeihilfen möglich. Diese sollen Menschen mit Behinderungen, die in einer Betreuungsform über Tag und Nacht leben, und deren Angehörigen gegenseitige Besuche ermöglichen. Besuchsbeihilfen sind Ermessensentscheidungen des zuständigen Eingliederungshilfe-Trägers. In der Regel werden Kosten für eine Besuchsfahrt im Monat (bei Strecken über 200 km nur einmal alle 3 Monate) mit je 30 ct pro km bei einer Fahrt mit einem PKW übernommen. Wenn öffentliche Verkehrsmittel genutzt werden, dann werden die Kosten für die günstigsten Fahrscheine übernommen.

Auch können bestimmte Leistungen (z.B. Heilpädagogische Leistungen, Gebärdensprachdolmetscher, Fahrdienste, Assistenzleistungen) an mehrere Menschen mit Behinderungen gemeinsam (sog. Poolen) erbracht werden. Dies ist jedoch nur möglich, wenn dies für den Menschen mit Behinderung zumutbar ist oder dieser das wünscht.

6. Praxistipp

Menschen mit Behinderungen, die ein Ehrenamt ausüben, haben die Möglichkeit sich angemessene Ausgaben für die nötige Unterstützung dafür erstatten zu lassen, wenn sie keine zumutbare unentgeltliche Hilfe bekommen können. Möglichst soll die Hilfe von Menschen aus der Familie, dem Freundeskreis, von Menschen, zu denen eine persönliche Beziehung besteht oder der Nachbarschaft kommen (§ 78 Absatz 5 SGB IX).

7. Wer hilft weiter?

Auskünfte und Informationen geben die jeweiligen Träger, die unabhängige Teilhabeberatung oder das Bürgertelefon des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Thema Behinderung, Telefon 030 221911-006, Mo–Do 8–20 Uhr.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation e.V. (BAR) bietet unter www.ansprechstellen.de eine Adressdatenbank mit Ansprechstellen für Fragen und Informationen zur Rehabilitation und Teilhabe.

Rehabilitation

Behinderung

Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen

Elternassistenz für Eltern mit Behinderungen

Assistenzleistungen

Leistungen für Menschen mit Behinderungen

Leistungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen

Rechtsgrundlagen: § 39 SGB VII - § 35a Abs. 3 SGB VIII - §§ 77–84, 113–116 SGB IX - § 27d Abs. 3 Satz 1 BVG - § 1 OEG

Was meint soziale Teilhabe?

Soziale Teilhabe meint teilhaben am Leben in der Gemeinschaft. Das umfasst u. a. das politische Leben, kulturelle Aktivitäten sowie bezahlte und unbezahlte Arbeit. Es ist kein einmal erreichter, fester Zustand.

Was bedeutet Paragraph 76?

§ 76 Leistungen zur Sozialen Teilhabe. (1) Leistungen zur Sozialen Teilhabe werden erbracht, um eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, soweit sie nicht nach den Kapiteln 9 bis 12 erbracht werden.

Was bedeutet Teilhabe Definition?

Teilhabe bedeutet das Einbezogensein in eine Lebenssituation. Der Begriff der Teilhabe spielt eine große Rolle im Behinderungskonzept der Weltgesundheitsorganisation, dem die Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit ( ICF ) aus dem Jahre 2001 zugrunde liegt.