Schule von athen raffael und der unterschied zum hörsaal

5.0 out of 5 stars "Verständlicher machen, was uns unverständlich ist?" - ein Versuch und neue Mythen

Reviewed in Germany on May 7, 2020

Als Leitfaden zur Einschätzung des Films halte ich mich an die Bemerkung in der „Matthäuspassion“: „Nun ist auch dies eine Geschichte. Und wie bei jeder anderen kann man fragen, wie gut sie denn sei. Da sie etwas demonstriert, muß sie sich daran messen lassen, was sie darin leistet, verständlicher zu machen, was uns unverständlich ist.“ (MP, 17) Ich vergebe gern Punkte für diesen Film, er ist ein Werk und nicht nur eine Produktion, er hat starke Seiten, von denen ich zunächst einige darstelle, bevor ich zu kritischen Anmerkungen komme.
Der Film lässt durch seine ungewöhnliche Konstruktion nicht nur „Profis“ (Philosophie- und Theologieprofessoren, Wissenschaftler) auftreten, sondern auch an prominenter Stelle denkende, sich um Sinngebung und geistige Rechenschaft im Anschluss an Blumenberg bemühende Menschen, eben „Philosophen“ im allgemeineren, aber eigentlichen Sinn, wobei der Brotberuf gleichgültig ist. Er gibt ihnen in diesem Roadmovie Präsenz, in der Sprache eines Films: Er nimmt sie wichtig.
Das wäre im Sinne Blumenbergs, der kein Denker für ein paar Experten sein wollte, sondern in der Neuzeit, mit ihrer verblassenden Evidenz religiöser Systeme, in der Sinngebung eine Jedermannsaufgabe sah, mit dem Unterschied, dass Philosophie keine Ewigkeitsmaßstäbe, keine Rezepturen Einer denkt für Alle oder dergleichen verwaltet. Philosophie ist durchaus Lebenshilfe, aber wie jede gute Hilfe Hilfe zur Selbsthilfe: Der Einzelne muss im Gebrauch seiner unreduzierbaren Freiheit suchen und zusammenfügen, was ihm gemäß für ein gelungenes Leben ist. Dazu geben die Überlegungen der Denker, die Fiktionen der Dichter wie die Blumenberg so wichtigen biographischen Texte Hilfen: als Material, Anregungen, Entwürfe, Lebensbilder. Die frappierende Breite dieses Werks zielt immer mit auf den neuralgischen Punkt, an dem das sich selbst Sinn gebende Individuum in einem einzelnen Menschen zur Nachdenklichkeit erwacht.

Der Film lässt eine Reihe von ProfessorInnen auftreten und gelegentlich zu Wort kommen. Die grundlegende Frage ist aber noch eine andere: Wozu das, wozu überhaupt noch Forschung, Spezialisierung, Wissenschaft, wenn alles auf die Nachdenklichkeit des Einzelnen ankommen soll? Nachdenklichkeit ist ein Bewusstseinsstil, eine Weise der Bearbeitung von Fragen, etwa nach „Freiheit, Existenz Gottes, Unsterblichkeit,“ auch nach „Leben und Tod, Sinn und Unsinn, Sein und Nichts.“ (Nachdenklichkeit, 61) Sie ist nicht auf Ergebnisse bezogen, zumindest werden Ergebnisse oft nicht gefunden. Doch lässt Nachdenklichkeit „über eins klarer werden, nämlich darüber, daß man sein Leben nicht als etwas betrachten kann, was sich von selbst versteht und keines Gedankens darüber und daran bedarf.“ (Theorie der Lebenswelt, 62).
Also wozu dann Fachphilosophie, wozu Wissenschaft? Nachdenklichkeit, wie Blumenberg sie versteht, hat Voraussetzungen wie jedes Denken und Tun. Wer zum Beispiel, um den Grenzfall zu benennen, einer Religion anhängt, hat zu Freiheit, Existenz Gottes, Unsterblichkeit, Leben und Tod, Sinn und Unsinn, Sein und Nichts die entscheidenden Antworten schon akzeptiert. Oder ein anderer Punkt: Welches Bild vom Menschen, welche Anthropologie ich habe, das bestimmt Rahmen wie Details meines Nachdenkens, meinen Möglichkeitsraum. An dieser wie an anderen Stellen hängen Sinnsuche und Weltinterpretation ineinander. Ähnliches gilt für die Methoden unseres Denkens.
Expliziert hat Blumenberg diese Zusammenhänge nur mit Vorsicht, also - wie bei ihm üblich - eher auf Umwegen denn durch eine konsistente Theoriebildung. Was im Hintergrund steht, ist die Konzeption der Bedeutsamkeit, die er in „Arbeit am Mythos“ (68-126) dargestellt hat und die in manchem auf Rothacker und andere zurückgreift. Blumenberg zeigt sie in Anwendungen, er theoretisiert dabei eher wenig über Sinnfindungen, schon ein Aufsatz wie der von Odo Marquard („Zur Diätetik der Sinnerwartung“ in “Apologie des Zufälligen“) hat bei ihm kein Gegenstück, obwohl er manche wenn auch nicht alle Feststellungen Marquards wohl unterschrieben hätte. Aber der große Goetheteil der „Arbeit am Mythos“ thematisiert die Lebenssinnfindungen Goethes.
Das Sinnthema ist in der akademischen Philosophie mit einem Beigeschmack der Unseriosität behaftet, mit Anklängen an religiöses Bekenntnisschrifttum oder Ratgeberspalten in Illustrierten, und Blumenberg, der nach 1965 mit einem „gesellschaftskritischen“ Zeitgeist auf Spannung lebte, seine wichtigste Bezugsphilosophie, die Phänomenologie, marginalisiert sah und sich ohnehin im Feuilleton als Dichter-Philosoph oder einer, der den Mythos wieder einführen wollte, missverstanden fühlte, musste sich hüten, hier zu direkt zu werden, um nicht noch mehr an Boden zu verlieren.
Zudem ist Sinnfindung nur ein, wenn auch wichtiger, Aspekt. Blumenberg war auch davon überzeugt, dass es bei allen Begrenztheiten unseres Wissens möglich ist, und er hat daran gearbeitet, inhaltliche Erweiterungen dieses Wissens vorzuschlagen, und diese Vorschläge befruchten heute eine Reihe von Wissenschaften.
Die Breite dieses Werks zielt deshalb auch auf das Ganze der Wirklichkeit als den äußersten Horizont all dessen, was uns bedingt, womit wir rechnen müssen, wenn wir Welt zu verstehen versuchen. Und hier können wir die Fachleute, die Blumenbergs Arbeitsgebiete: Phänomenologie, Anthropologie, Metaphorologie und Geschichte des Wissens kennen und interpretierend vermitteln, durchaus brauchen, manchmal kaum entbehren. Freilich wäre den hier versammelten Blumenbergkennern, wenn sie gedurft hätten, einiges mehr an Auskunftsmacht zuzutrauen gewesen, ohne dass der Film dadurch für sein Publikum überlastet worden wäre. Wer überhaupt einen Philosophenfilm sieht, ist doch interessiert, hier findet Selbstselektion statt, also darf man ihm auch etwas zumuten!

Ein weiterer Sinn der Einbringung von Wissenschaftlern in den Film mag darin gesehen werden, dass dieser demonstrieren möchte, dass Blumenberg nicht, wie in seinen letzten Lebensjahren von ihm befürchtet, vergessen ist, sondern sehr lebendig. Dazu werden nicht einmal alle Möglichkeiten ausgeschöpft, zum Beispiel wird kaum auf die zahlreichen internationalen Kongresse verwiesen, die sich mit seinem Werk inzwischen beschäftigen.
Auch die immer reichhaltiger werdende Sekundärliteratur wäre hier zu nennen. „Die Recherche ... weist für die 21 Jahre zwischen 1996 und August 2017 ohne Berücksichtigung von Rezensionen 498 neue Titel über Hans Blumenberg aus. Das sind 24 im Jahresdurchschnitt, und zwei pro Monat.“ (Birgit Recki, in: Schmücker/Müller-Salo, 214)

Ein anderer Punkt: Der Film bringt zahlreiche biographische Informationen, fast ausschließlich über die Jugend Blumenbergs und die späten Münsteraner Jahre. Zunächst sieht der Zuschauer eine Reihe ausgewählter Materialien wie etwa das Abiturzeugnis Blumenbergs oder Jugendbilder. Der Nationalsozialismus wird thematisiert und was er dem Protagonisten abverlangte: das Ertragen eines Jahrzehnts der Stigmatisierung, Anpassung im inneren Widerstand, schließlich Zwangsarbeit und das Entkommen aus einem Arbeitslager für „Halbjuden“, das Versteck unter Lebensgefahr auf einem Dachboden bei den Eltern seiner zukünftigen Frau.
Eine zweite Säule sind noch die auf die Münsteraner Spätphase bezüglichen Informationen, der Rückzug aus der Öffentlichkeit, die Bilderfeindlichkeit, dazu das Marbacher Archiv mit dem Nachlass, wozu verschiedene Zeitzeugen Beiträge liefern.
Der über Blumenbergs Vita wenig Informierte wird sich bereichert fühlen, ich kann mich leider nicht voll anschließen, denn es ist bereits viel mehr bekannt, was hier nicht zur Sprache kommt. Das herrschende Narrativ ist knapp: Blumenberg wurde in der Jugend verfolgt und in eine Höhle getrieben, in die er im Alter zurückkehrte. Die Höhle als Gefängnis wird zum selbstgewählten oder auch vom Lebensschicksal aufgezwungenen finalen Rückzugsraum.

Doch allzu vieles fehlt schon im Bereich der Fakten. Die illustre katholische Herkunft der väterlichen Familie, die Mitgliedschaft im katholischen Jugendbund „Neudeutschland“, der Entschluss des Abiturienten, Priester zu werden, das Studium der katholischen Theologie in Paderborn und Frankfurt, die sich mit der Scholastik beschäftigende Dissertation, das Zerwürfnis mit dem Vater und die Enterbung des Sohnes 1949, die noch bis um 1958 andauernde christliche Ausrichtung eines Teils des frühen Werks. Also bis zur Lebensmitte!
Blumenberg darf im Film nur ein schlichter Atheist sein. Die Familienanekdote, er habe einmal bei einer Mahlzeit zu seiner Frau geäußert, „da oben ist nichts, das kannst du mir glauben“, erinnert eher fatal an den großen Theologen Juri Gagarin, der „da oben“ auch niemanden fand bei der ersten Erdumkreisung.
Das wird der komplexen Sachlage nur in keiner Weise gerecht. Die Szene mag sich ja so abgespielt haben. Blumenberg hatte selbst schon nach dem Zerwürfnis mit dem Vater, also 1949, Rituale wie Tischgebet, im ehemaligen elterlichen streng katholischen Haushalt unabdingbar, für sich aufgegeben, möglicherweise aber nicht die evangelisch erzogene und christlich eingestellte Ursula Blumenberg. Es gibt andere Belege für Blumenbergs Einstellung, etwa im Brief vom 3.11.87: „Die kleine Diasporagemeinde, in der ich aufgewachsen bin (vier Prozent der Einwohnerschaft), hat unter Hitlers Henkern die Hälfte ihrer Priester verloren. Allein das macht es mir unmöglich, die Kirche zu verlassen, die ich liebe, obwohl ich nichts von dem glaube, was sie lehrt.“ (Lorenz Jäger, „Tagespost“ vom 20.2.19)
Blumenbergs späte Philosophie ist atheistisch mit starken Bezügen zu Nietzsche. Aber damit war man Theologie und Glaube nicht los. „Die produktive Virulenz des Gottesthemas“ (Philipp Stoellger im Film) bei Blumenberg ist ein wichtiges Erbe seines Denkens, kein biographischer Unfall. Blumenbergs Rechnung ging so: Wenn wir Jerusalem verlassen, kommen Auschwitz und der Archipel Gulag zu uns. Im System unseres Selbst- und Weltverständnisses kann man Stellen neu besetzen, aber nicht einfach streichen. Trost, das eigentliche Thema der Religionen, wird ohnehin, wie Geschichte und Vergleiche zeigen, durch Riten und Narrative vermittelt.
Zurück zur Vita. Bereits ab 1945 sehen wir eine rasche Universitätskarriere, bis gegen 1970 gibt es eine im Film wieder nicht vorhandene engagierte öffentliche Tätigkeit in zahllosen Vorträgen, Teilnahmen an Kongressen, Mitarbeit in Arbeitsgruppen, etwa der berühmten Gruppe „Poetik und Hermeneutik“, in der Mainzer Akademie der Wissenschaften, die Mitherausgabe der Reihe „Theorie“ bei Suhrkamp usw. usf. und und und… Das alles passt auch nicht, denn dann wäre die „Unsichtbarkeit“ relativiert.
Ausgespart werden auch die Probleme, die Blumenberg ab der zweiten Hälfte der sechziger Jahre mit dem Gedankengut der „68er“ hatte, in deren Denk- und Handlungsmustern er ein Wiedererwachen des nationalsozialistischen Ungeists spürte - in den Größenordnungen sicher übertrieben, aber für ihn real. Das passt wieder nicht, denn dann müsste man den Konservativismus Blumenbergs thematisieren, den man wohl für noch immer nicht gut verkäuflich hält.
Auch kaum einen Hinweis findet man auf die in den letzten zehn Jahren seines Lebens wieder anzutreffenden theologischen Reminiszenzen, also die „Matthäuspassion“ und zahlreiche kleinere Artikel, in denen Blumenberg freilich die Theologumena als Narrative behandelt.
So wird insgesamt nicht nur das gesamte mittlere Lebensdrittel, es werden auch wichtige Konstituentien des ersten und letzten Drittels ausgeblendet. Es passt dies alles nicht ins übersimplifizierte Bild. Zwar könnte der Film diese Inhalte des von Perfektionismus, Zeitangst und Arbeitswut geprägten Lebens eines Hochbegabten nicht schildern. Aber eine Kontinuität des Lebensvollzugs hätte sich schon herstellen und berichtend darstellen lassen. Was nun greifbar wird, ist kaum mehr als der Torso einer Biographie. Vielmehr scheint hier eine rigide Konstruktion vorzuliegen, die selbst unthematisiert bleibt. So ist dieser Film, der entmythologisieren möchte, selbst nicht frei von Mythen.
Zur Ergänzung will ich etwas zur Einstellung, die ich den ZuschauerInnen wünschen würde, sagen: Bleiben Sie geistig locker, werden Sie nicht zum „Blumenbergianer“. Wenn der Film etwa gleich zu Beginn den Helden im Pathos der Vollmacht verkünden lässt: „Philosophie lernt man dadurch, dass man zusieht, wie es gemacht wird, das ist in vielen anderen Fächern ganz genauso. Deshalb sind Seminare für die Philosophie so sehr und besonders ungeeignet, weil sie Versammlungen von Leuten sind, die gemeinsam nicht wissen, wie es gemacht wird“ - worauf ein allgemeiner Lacher folgt, Blumenberg hatte wieder einmal die Pointe „geliefert“ - wenn Sie das hören, verwechseln Sie Nachdenklichkeit nicht mit Denkbequemlichkeit.
Dieser Blumenberg-Satz ist natürlich unzureichend. Teilnehmende Beobachtung ist in vielen Lernvorgängen in aller Regel die erste und eine wichtige Stufe, aber nicht einmal das uralte Handwerk des Schmiedens lernt einer, der dem Meisterschmied einfach zusieht. Der würde höchstens ein Großsprecher: Boa, ich könnte das auch. Aber leider durfte ich nie den Hammer auch nur in die Hand nehmen.
Nachdenklichkeit entsteht hier erst, wenn man statt gläubiger Nachfolge (mitlachen darf man schon), die Fragen bedenkt: Warum sagt er das, und was will er damit sagen? Etwa: Blumenberg will die Zuhörerschaft testen. Es gibt in seinem Werk tatsächlich Sätze und Strukturen, die als „Weckruf“ gedacht sind - Was nehmen die mir alles ab? Blumenberg war ein unvergleichlicher Ironiker, er sah das als Übungsgelände für den Verstand.
Etwa auch: Blumenberg, in Münster gegenüber den sich ihm immer mehr entziehenden Fachkollegen in splendid isolation - hier im Hörsaal 8 des Fürstbischöflichen Barockschlosses allerdings umgeben von seiner vertrauten Leibgarde - verschafft sich seitenhiebkundig einmal verbale Luft gegenüber dem erfolgreichsten Gegner. Dem Intimkonkurrenten Habermas wurde von Kritikern schon lange nachgesagt, seine bis heute gerühmte Diskursethik sei eigentlich die Beschreibung des Diskussionsablaufs in einem guten Oberseminar - und dazu tauge sie auch nur, nicht zur Beschreibung wirklicher Kommunikation in einer konfliktbeladenen realen Welt. Die gekonnt boshafte Wendung, dass sie „gemeinsam nicht wissen, wie es gemacht wird“, deutet dann die Situation eines gedanklichen Austauschs ohne Leitung an, und das wird Habermas zwar nicht voll gerecht, beschreibt aber schon etwas von der in einem solchen Diskurs angestrebten Sprechsituation, einer Ausschaltung aller Privilegien etwa.
„Philosophie lernt man dadurch, dass man zusieht, wie es gemacht wird“ - der Satz ist unzureichend, wenn er bedeuten sollte, es gebe nur diese eine einzige Methode, „ein Philosoph zu werden“ - Lernvorgänge sind immer vielgestaltig, und dieses Schema passt nicht einmal auf Blumenberg selbst.

Die Leistungen Bettina Blumenbergs, die als Grande Dame, Rechteverwalterin und Nachlassmentorin durch den und über dem Film schwebt, ihre Verdienste um den Nachlass und um das Werk sind bekannt und setzen die des Bruders und Herausgebers Tobias Blumenberg aus den ersten Jahren nach den Tod des Vaters fort. Eindrucksvoll in diesem Film sind mehrere Episoden, in derem Mittelpunkt sie steht.
Die Szene mit dem Nachkommen des Blumenberg-Retters Heinrich Dräger, dem sie in Stellvertretung dafür dankt, ihr und den Geschwistern die Existenz ermöglicht zu haben, und der sich, wortlos, seinerseits mit einem Handkuss bedankt. Das ist großes Lebenstheater.
Ebenso die Szene in der Akademie der Künste in München, in dem sie als Mittelpunkt einer kleinen Runde zu Füßen eines riesigen Raffael-Bildes über „Die Schule von Athen“ sitzt, und zwar an der Stelle, die im Bild von den Philosophenfürsten Platon und Aristoteles eingenommen wird. Hier lanciert sie ein Gespräch über einen Text, der Sichtbarkeit als Lebenstrauma des Vaters thematisiert.
Auch ist die Schlussszene zu nennen, die das Altenberger Haus Blumenbergs, zugleich sein Sterbehaus, zeigt. Zu seinem Tode erfahren wir, dass es ein „inszenierter Tod“ war (was freilich soll sich der unbelehrte Zuschauer darunter vorstellen?) und die Altershöhle in Altenberge zugleich eine Höhle der gesamten Familie.
Dabei kann man durchaus wissen, wie der Philosoph gestorben ist. Julia Amslinger hat in ihrer herausragenden Studie „Eine neue Form von Akademie“ (zu „Poetik und Hermeneutik“) schon 2017 aus dem Nachlass Jauß das Notat eines Telefongesprächs mitgeteilt, das Ursula Blumenberg einige Zeit nach dem Tod des Ehemannes mit dem alten Weggefährten Hans Robert Jauß geführt hat und in dem sie den letzten Tag berichtet. Die Umstände lassen keinen Zweifel daran, dass Blumenberg einen selbstbestimmten Tod wählte - und das meint ja auch das mysteriöse „inszeniert“ - am 54. Jahrestag des Untergangs der Heimatstadt Lübeck im Bombenhagel der Royal Air Force, den 28. März 1942. Warum daraus ein Geheimnis machen, leben wir doch nicht mehr in der Zeit Werthers: „Kein Geistlicher hat ihn begleitet.“ Warum in einem Film, der sich der Sichtbarmachung verschreiben wollte? Weil es zu privat, zu intim ist? Aber das sollte es hier gar nicht sein. Dass sich im Tod ein Leben entscheidet, richtet, enthüllt, ist ein Theologumenon, das der Nichtgläubige nicht mehr teilen wird noch kann. Dass Blumenberg einen freien Tod etwa einem langen Siechtum, wie es der für ihn maßstäbliche Kant erleiden musste, vorzog, stand ihm zu und der Philosophie gut an, die von der Theologie, wie üblich unbedankt, auch dieses Erbe übernehmen musste: sterben zu lernen.
Auf die ihm eigene Weise freilich. Zur Selbststilisierung findet man mancherlei Hinweise im Werk. Offenbar hielt der Philosoph sie für ein zu erwartendes Phänomen im Verhaltensrepertoire eines Wesens, das so auf Sichtbarkeit angelegt sein sollte wie der Mensch. „Lebenkönnen und Sich-eine-Rolle-definieren sind identisch.“ (Wirklichkeiten, 117) Im Nachlasstext „Der Schmied im Sitzen und andere Denkerposen“ (Verführbarkeit, 147 ff.) wird der junge Kant, der in einem Brief den im Titel angedeuteten metaphorischen Schnitzer begeht, darauf hingewiesen: „Mißglückte Metaphern kann man sich nur im Frühstadium der Selbststilisierung leisten.“ Der Text spricht dann selbstironisch über die Situation des etwa siebzigjährigen Blumenberg: „Die zähe Arbeit an der Selbststilisierung ist unvollendet und die Gefahr nicht von der Hand zu weisen, daß er als ein Wallenstein des bedruckten Papiers in die Geschichte der akademischen Provinz eingehen wird. Es wird Zeit, der Sache ihre endgültige Färbung zu geben.“
Blumenbergs späte Selbstmythologisierung, seine betonte Unsichtbarkeit, sein Einsiedlerleben in Altenberge war eine Antwort - eine durchaus kreative und Selbsterhaltung wie Werkvollendung über viele Jahre ermöglichende Antwort - allerdings auch auf die Passionen und das Scheitern mancher seiner Lebens- und Werkintentionen. Das Faszinosum seines Denkens und Schreibens ist ebenso in seinen Büchern enthalten, auch wenn das die Adepten der persönlichen Einweihung nur ungern wahrhaben wollen.
Die „Größe“ eines philosophischen Werks, darüber dürfte bei allen Differenzen der Philosophiegeschichtsschreibung Einigkeit herstellbar sein, besteht nur sekundär im Charisma seines Schöpfers, primär aber darin, dass es den schmalen Provinzen menschlichen Wissens im weiten Ödland der evolutionär uns zugemessenen Unwissenheiten Grenzerweiterungen ermöglicht, auch Sumpfgelände markiert.
Davon wird mir im Film trotz aller Anstrengungen und Anregungen noch zu wenig sichtbar. Auch die bestimmenden Kräfte dieses Lebens harren weiterhin der Erhellung. Doch es gibt ja das Werk. Auf dieses hinzuführen kam man dem Projekt als Verdienst uneingeschränkt zurechnen.

Was stellt die Schule von Athen dar?

Die "Schule von Athen" ist eines der beiden Hauptbilder in der Stanza della Segnatura im Vatikan. Es veranschaulicht das Thema der Philosophie. Die Darstellung ist in der Antike angesiedelt, worauf nicht nur die imposante Architektur, sondern auch die Gewänder der Personen hinweisen.

Wann entstand die Schule von Athen?

Die Schule von Athen (italienisch La scuola di Atene) ist ein Fresko des Malers Raffael, das dieser von 1510 bis 1511 in der Stanza della Segnatura des Vatikans (ursprünglich der Saal für die Unterschriftsleistung in den Privaträumen des Papstes) für Papst Julius II. anfertigte.

Wer schuf das Werk die Schule von Athen?

Schule von Athen: Die komplette Beratung noch einmal sehen Die 'Schule von Athen', das Gemälde, das Rafaelo Santi 1509 bis 1510 für den Vatikan schuf, gilt als sein Hauptwerk. Und als der Inbegriff der Hochrenaissance-Kunst.

Wo ist Raffaels Schule von Athen?

Stanzen des RaffaelDie Schule von Athen / Standortnull