Was tun wenn baby nicht zur ruhe kommt

Was tun wenn baby nicht zur ruhe kommt

Frühkindliche Entwicklung

Was tun wenn baby nicht zur ruhe kommt

24.05.18 (ams). Was machen wir nur falsch? Ist unser Baby nicht gesund? Und wie sollen wir das durchhalten? Wenn ihr Baby ständig schreit, machen Eltern sich nicht nur große Sorgen. Auch Selbstzweifel, Schuldgefühle und das ständige Gebrüll zehren an den Nerven. Anja Debrodt, Ärztin im AOK-Bundesverband, gibt Hinweise, was in dieser anstrengenden Lebenssituation hilfreich sein kann. Babys drücken ihre Bedürfnisse meist über Schreien aus - sei es, dass sie Hunger haben, gewickelt werden müssen oder müde sind. Einige Babys schreien allerdings besonders viel und lassen sich kaum beruhigen. Etwa jeder achte bis zehnte Säugling ist nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin ein sogenanntes Schreibaby. "Von einem Schreibaby spricht man, wenn das Kind mehr als drei Stunden täglich schreit an mehr als drei Tagen über mehr als drei Wochen“, erklärt Ärztin Debrodt. Das übermäßige Schreien beginnt oft nach der zweiten Lebenswoche und erreicht etwa in der sechsten Lebenswoche einen Höhepunkt. Dabei schreien die Kleinen besonders nachmittags und in den frühen Abendstunden - mit zusammengeballten Händchen, angezogenen Beinen und gerötetem Gesicht. Weil die Babys dabei auch immer einen harten Bauch haben, dachte man früher, dass das Schreien auf Blähungen zurückzuführen ist. Daher auch der inzwischen veraltete Begriff "Dreimonatskoliken". Tatsächlich können, wenn auch selten, Magen-Darm-Probleme die Auslöser für das Schreien sein, denn das Verdauungssystem ist noch nicht ausgereift. Doch meistens ist es umgekehrt: Der Bauch bläht sich auf, weil das Baby beim Schreien so viel Luft geschluckt hat.


Sendefertiger Radio-O-Ton mit Anja Debrodt, Ärztin im AOK-Bundesverband

Heute wird als Ursache für das exzessive Gebrüll eine Regulationsstörung angenommen. Das Kind hat größere Schwierigkeiten als andere, sich an den Rhythmus von Schlafen und Wachsein anzupassen. Es reagiert hochsensibel auf alle wahrgenommenen Reize und findet kaum in den Schlaf. Dadurch ist es chronisch übermüdet, in der Folge noch leichter irritierbar und schreit noch mehr. Für die Eltern ist das purer Stress. Sie versuchen alles, doch es hilft nichts. Sie fühlen sich ohnmächtig, der Situation hilflos ausgeliefert. Viele Mütter sind nach einiger Zeit tief erschöpft und gefährdet, eine Depression zu entwickeln. 

"Die Eltern müssen sich klarmachen, dass sie keine Schuld trifft", betont Ärztin Debrodt. "Das Baby ist mit dieser erhöhten Irritierbarkeit auf die Welt gekommen." Doch Verzweiflung und gar Wut können so groß werden, dass die Kontrolle verloren geht und Mutter oder Vater das Kind schütteln. Das kann jedoch ganz schnell schwere Folgen für das Baby haben. Es droht ein sogenanntes Schütteltrauma, weil es den Kopf noch nicht halten kann. Wird das Schreien für Mutter oder Vater unerträglich, ist es am besten, das Baby an einem sicheren Platz abzulegen, den Raum zu verlassen und tief durchzuatmen. Solche Situationen sind ein Signal dafür, dass es höchste Zeit wird, einen Kinderarzt aufzusuchen und sich beraten zu lassen. Der Arzt kann mögliche organische Ursachen abklären wie eine Milchunverträglichkeit, einen Leistenbruch, eine Fehlstellung der Wirbelsäule oder eine Mittelohrentzündung. Auch wenn das Kind nicht mehr an Gewicht zunimmt, nicht trinkt, viel spuckt und dabei Schmerzäußerungen zeigt oder vermehrt den Rücken überstreckt, sollten Eltern Hilfe beim Kinderarzt suchen. Das gilt auch, wenn sich das Schreien mit dem sechsten Lebensmonat noch nicht gegeben hat. Die wichtigste Regel für genervte Eltern lautet, auch wenn das sehr schwer umzusetzen ist: gelassen bleiben. Denn Stress und Unruhe übertragen sich auf das Kind und die Situation schaukelt sich immer weiter hoch. Das bedeutet auch, äußere Unruhe im Alltag möglichst zu vermeiden. Dazu gehören beispielsweise wenig Besuche, wenig Fernsehen, keine aufregenden Unternehmungen und ein fester Tagesablauf. Auch wenn es verständlich ist, dass Mama und Papa alles Mögliche ausprobieren, um das Kind zu beruhigen: "Die Eltern sollten nicht ständig von einer Beruhigungsmethode zur anderen wechseln, das bringt Hektik mit sich und Frust für beide Seiten", rät Debrodt. Ein Beruhigungsmittel hat sich in Studien tatsächlich als effektiv erwiesen: Das Kind mehr herumtragen - und zwar dann, wenn es ruhig ist. Gestresste Eltern sollten sich nicht scheuen, für Entlastung zu sorgen. Anlaufstellen können neben dem Kinderarzt Beratungsstellen speziell für Eltern und Kleinkinder sein oder sogenannte Schreiambulanzen. Inzwischen gibt es in allen Gemeinden auch sogenannte Frühe Hilfen, etwa eine Familienhebamme, die im ersten Lebensjahr des Babys die junge Familie unterstützen kann. Informationen hierzu gibt das örtliche Jugend- und Gesundheitsamt. Auch eine Selbsthilfegruppe und damit der Kontakt zu anderen betroffenen Eltern kann hilfreich sein. Wichtig ist es zudem, Freunde oder Familienangehörige um Unterstützung zu bitten, sodass ab und zu eine Auszeit möglich ist. Ein Trost für alle geplagten Eltern: Das Schreien hört mit dem ersten Reifungsschub auf - meistens bis zum vierten, spätestens bis zum sechsten Lebensmonat. Und aus den Schreibabys entwickeln sich in den allermeisten Fällen völlig gesunde Kinder.

Tipps für gestresste Eltern

  • Zuallererst: Gelassen bleiben, auch wenn es schwerfällt!
  • Einen ruhigen, geregelten Tagesablauf schaffen.
  • Unruhige, rasche Bewegungen, laute Musik und lärmende Spielgeräte vermeiden.
  • Ein warmes Bad, eine sanfte Massage kann beruhigen.
  • Das Baby während des Tages viel herumtragen, und zwar nicht erst, wenn es schreit.
  • Wenn es sich "eingeschrien“ hat, kann ein Umgebungswechsel oder ein kurzer Spaziergang an der frischen Luft möglicherweise das Kind etwas entspannen.
  • In den ersten Lebensmonaten möglichst sofort auf das Schreien des Kindes reagieren. Aber es nicht immer gleich beim ersten Schreien hochheben. Blickkontakt, Zureden oder sanftes Schaukeln reicht womöglich.
  • Für eine rauchfreie Umgebung sorgen. Säuglinge aus Haushalten, in denen geraucht wird, sind häufiger Schreibabys.
  • Keine Medikamente zur Beruhigung geben.
  • Und nicht zuletzt: Sich selber Freiräume schaffen, um sich zu erholen. Sich mit dem Partner abwechselnd um das Kind kümmern. Familie und Freunde einbeziehen, professionelle Hilfe suchen.  

Zum ams-Ratgeber 05/18

Warum findet mein Baby nicht zur Ruhe?

Wenn dein Baby nicht zur Ruhe kommt, kann es daran liegen, dass ihm der Alltag zu stressig ist. Babys sind schnell von zu vielen Eindrücken überfordert. Gut, wenn ein Baby in der Lage ist, einfach die Augen zuzumachen und einzuschlafen. Einige können das aber nicht und überreizen immer mehr.

Was tun wenn Baby sich nicht beruhigt?

Wärmewickel und Kirschkernkissen können die Verspannung lösen. Sprechen oder flüstern Sie ihm ins Ohr oder singen Sie ihm etwas vor – versuchen Sie, es abzulenken. Sie können auch einen Spaziergang oder eine Fahrt mit dem Auto unternehmen. Auch Ihr kleiner Finger oder ein Nuggi zum Saugen kann helfen.

Wie bringe ich mein Baby zur Ruhe?

Schon in den ersten Monaten lohnt es sich, feste Schlafrituale einzuführen. Zum Beispiel: Baden, Wickeln, Schmusen, dann Gute-Nacht-Lied und -Kuss zum Schluss. Mit immer gleichen Abläufen zur gleichen Zeit kommen Babys leichter zur Ruhe. Musik einsetzen.

Was tun wenn Baby sehr unruhig ist?

In vielen Fällen hilft es schon, beruhigend auf Ihr Baby einzureden und es umzulagern oder ein Weilchen hochzunehmen. Wenn sich Ihr Kind anders als sonst verhält, sollten Sie allerdings einen Arzt zu Rate ziehen.