Was passiert wenn die plazenta sich löst

Fast immer trifft es Frauen unvorbereitet, wenn es wegen einer Placenta accreta zum ersten Mal zu Komplikationen kommt, so wie bei einer jungen Mutter, die in einem Forum über ihre Erlebnisse am Tag der Geburt ihrer Tochter berichtet.

"Obwohl vorher eigentlich alles unkompliziert verlaufen war, wollte sich bei mir die Plazenta nach der Entbindung einfach nicht lösen - sie hing irgendwie fest. Ich blutete dann plötzlich total stark und musste schließlich schnell in den OP gebracht werden, wurde unter Vollnarkose ausgeschabt. Einen Liter Blut hatte ich verloren. Doch eine Bluttransfusion blieb mir zum Glück erspart."

Gebärmutterentfernung als lebensrettende Maßnahme

Nicht alle Betroffenen haben so viel Glück wie diese frischgebackene Mama. So berichteten britische Medien im Sommer von einer 38-Jährigen aus Oxford, die bei der Geburt ihres vierten Kindes fast gestorben wäre. Sie verlor aufgrund einer Placenta-accreta mehr als fünf Liter Blut, schrieb die Zeitung "Mirror".

Tritt eine solche Extremsituation ein, müssen die behandelnden Ärzte schnell reagieren. "Ist die Blutung heftig, und für die Mutter lebensgefährlich", so der erfahrene Gynäkologe Albring, "muss die Gebärmutter in vielen Fällen operativ vollständig entfernt werden." Diese Maßnahme rettete auch die vierfache Mutter aus Großbritannien. Sie überlebte - dank Not-OP und zahlreicher Blutkonserven.

Vernarbungen am Uterus begünstigen eine Placenta accreta

Glücklicherweise sind Patientenschicksale wie dieses selten. Bei den meisten Frauen kommt es nach der Geburt nämlich zu keinerlei Komplikationen bei der Ablösung des Mutterkuchens. Doch welche Umstände begünstigen ein Festhängen der Plazenta?

"Meistens gehen Verletzungen der Gebärmutter, wie Ausschabungen, Myom-Operationen oder frühere Kaiserschnitte voraus. Wenn die Plazenta dann auf dem Narbengewebe anwächst, kommt es zu diesen Veränderungen", erläutert der Experte für Geburtshilfe.

Häufigkeit von Plazentastörungen

Schätzungsweise kommt eine Placenta accreta oder andere Störungen der Plazentahaftung bei einer von 2500 Schwangerschaften vor.

Bei den schweren Formen dieses Phänomens wächst der Mutterkuchen tief in das Gewebe der Gebärmutter ein (Placenta increta) oder durchbricht die äußere Hülle der Gebärmutter (Placenta percreta) und wuchert in benachbarte Organe. Die Wahrscheinlichkeit für eine solche Störung liegt bei 1:20.000 oder darunter.

Mehr Kaiserschnitte, mehr Plazentaanomalien?

Kaiserschnitte und die dadurch verursachten Vernarbungen an der Gebärmutter stellen ein typisches Risiko für diese Anomalie dar. Mediziner bringen daher immer wieder die wachsende Häufigkeit von Placenta-accreta-Patientinnen mit der Zunahme von Kaiserschnitt-Geburten in deutschen Kliniken in Verbindung.

Wissenschaftlich sei diese These bislang allerdings nicht eindeutig nachgewiesen, kommentiert Albring, weil auch bei Frauen die einen Kaiserschnitt durchgemacht haben, solche Störungen extrem selten sind. Dennoch sei ein Zusammenhang insbesondere mit multiplen Kaiserschnitten nicht auszuschließen. "Da die meisten Frauen, die ein Kind bekommen, auch noch ein zweites oder drittes bekommen, steigt das Risiko für diese gefährlichen Komplikationen mit jedem operativen Eingriff an."

Keine klare Diagnostik durch Ultraschall

Während der Schwangerschaft verursacht eine Placenta accreta meist keine Symptome. Die werdenden Mütter merken also nichts davon. So ist eine frühzeitige Diagnose schwierig, zumal diese Auffälligkeit mit dem Ultraschall meistens nicht sichtbar gemacht werden kann. Mit dieser bildgebenden Methode lässt sich normalerweise lediglich die Lage der Plazenta erkennen.

Die Plazenta - Versorgungszentrale für das Baby

Die Plazenta (Mutterkuchen) besteht sowohl aus mütterlichem als auch aus kindlichem Gewebe. Sie bildet sich in den ersten Wochen einer Schwangerschaft, indem embryonales Gewebe - die sogenannten Trophoblasten - in die Gebärmutterschleimhaut einwächst. Bis zur Geburt stellt sie danach die Versorgung des Babys sowie den Abtransport seiner Stoffwechselprodukte sicher.

Daneben produziert sie für den Erhalt der Schwangerschaft wichtige Hormone, beeinflusst das Immunsystem der Mutter so, dass Abstoßungsreaktionen gegenüber dem Baby ausgeschlossen sind und schützt das Kind durch die Plazentaschranke vor vielen Schadstoffen und Krankheitskeimen. Im Verlauf der Schwangerschaft wächst auch die Plazenta mit. Zum Zeitpunkt der Geburt wiegt sie etwa 500 Gramm, ist zwei bis fünf Zentimeter dick und hat einen Durchmesser von etwa 20 Zentimetern.

Anders als alle anderen menschlichen Organe muss die Plazenta von Anfang an nicht nur ihr eigenes Wachstum steuern, sondern parallel dazu ihre Funktionsfähigkeit entsprechend den Bedürfnissen des Kindes steuern. Nach der Geburt löst sie sich normalerweise selbstständig von der Gebärmutterwand und wird als sogenannte Nachgeburt durch die Nachwehen ausgetrieben.

Die Blutgefäße, die den mütterlichen Körper mit der Plazenta verbinden, schließen sich - die Abheilungs- und Rückbildungsphase hat begonnen.

Was passiert wenn die plazenta sich löst

Wie entsteht eine Placenta accreta?

Bei einer Plazenta accreta ist die Entwicklung der Plazenta von Anfang an in einer wichtigen Dimension gestört: Sie wächst nicht nur in die Gebärmutterschleimhaut ein, sondern verbindet sich mit der Muskulatur des Uterus. Die Gebärmutter ist - wie alle Hohlorgane - aus drei Gewebeschichten aufgebaut: Ihre äußere Schicht - ein glatter, glänzender Überzug - heißt in der medizinischen Fachsprache Perimetrium oder Serosa, in der Mitte liegt die glatte Muskulatur des Myometriums, innen die Gebärmutterschleimhaut oder Endometrium.

Während der Schwangerschaft wird die Gebärmutterschleimhaut auch als Decidua oder Dezidua bezeichnet - falls eine Placenta accreta vorliegt, sprechen Ärzte auch davon, dass das Plazentagewebe die Decidua basalis durchdrungen hat:

  • In 75 Prozent aller Fälle liegt eine "klassische" Placenta accreta vor. Die gesamte Plazenta oder Teile von ihr sind durch die Decidua bis zum Myometrium vorgedrungen, sind jedoch nur in relativ geringem Ausmaß in das Muskelgewebe eingewachsen.
  • Bei einer Placenta increta - 20 Prozent aller Fälle - wächst das Plazentagewebe in größerem Ausmaß in das Myometrium hinein.
  • Eine Placenta percreta kommt bei fünf Prozent aller betroffenen Frauen vor. Das Gewebe der Plazenta hat dabei die äußere Hülle der Gebärmutter durchbrochen und wuchert in andere Organe, vor allem in die Blase.

Als Folge davon kann sich die Plazenta nicht eigenständig lösen, die Blutgefäße können sich nicht schließen. Durch eine Placenta accreta entsteht nach der Geburt stattdessen eine offene Wunde, die erhebliche Blutverluste nach sich ziehen kann.

Ursachen einer Placenta accreta

Ärzte bringen die wachsende Häufigkeit der Placenta accreta mit der Zunahme von Kaiserschnittgeburten in Verbindung. Auch andere operative Eingriffe an der Gebärmutter sowie Gebärmutteranomalien begünstigen ihre Entstehung. Jedoch kann diese Anomalie auch ohne solche Voraussetzungen entstehen.

Oft ist sie außerdem mit einer Placenta praevia verbunden. Dabei handelt es sich um einen tiefen Ansatz der Plazenta, zum Teil wird der Muttermund durch das Organ teilweise oder ganz verdeckt.

Symptome und vorgeburtliche Diagnostik

Während der Schwangerschaft verursacht eine Placenta accreta oft keinerlei Symptome. Vor allem im letzten Drittel kann es bei einigen Frauen zu vaginalen Blutungen kommen, die immer einer umgehenden ärztlichen Abklärung bedürfen - Ihr Frauenarzt wird in einem solchen Fall immer auch an die Möglichkeit einer Placenta accreta und/oder einer Placenta praevia denken und Sie entsprechend untersuchen. Entdeckt wird eine Placenta accreta meist im Rahmen der Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft.

Gefahren für das Baby oder eine Mangelversorgung des Kindes sind damit zunächst nicht verbunden. Falls es vor dem errechneten Geburtstermin zu sehr starken Blutungen kommt, können diese jedoch dazu führen, dass die Schwangerschaft vorzeitig beendet werden muss. In der Regel betrifft dies jedoch einen Zeitpunkt, zu dem das Baby bereits reif und damit sicher lebensfähig ist.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Falls das Vorliegen einer Placenta accreta bereits vor der Geburt bekannt ist, werden die Ärzte der Mutter fast immer einen Kaiserschnitt empfehlen, um Risiken für Mutter und Kind - durch starke Blutungen oder einen verzögerten Geburtsverlauf - zu minimieren. Wenn außerdem eine Placenta praevia vorliegt, ergibt sich die Notwendigkeit eines Kaiserschnittes oft aus beiden Diagnosen.

Zudem erfordert eine Placenta accreta auch bei einer natürlichen Geburt normalerweise einen Eingriff: Die Plazenta wird in diesem Fall manuell gelöst, oft ist auch eine Kürettage (Ausschabung der Gebärmutter) nötig. Bei einer nicht zu stark ausgeprägten Placenta accreta ist eine natürliche Geburt trotzdem grundsätzlich möglich, falls der Geburtskanal nicht durch eine Placenta praevia verschlossen ist. Bei einer Placenta increta oder percreta gibt es dagegen keine Alternative zu einem Kaiserschnitt.

Welche Folgen hat eine Placenta accreta für spätere Geburten?

Oft wird Frauen, die bereits eine Placenta accreta hatten, bei folgenden Schwangerschaften von vornherein zu einem Kaiserschnitt geraten - die Problematik muss sich jedoch in der nächsten Schwangerschaft nicht zwangsläufig wiederholen. Während der Ultraschalluntersuchungen wird der Arzt besonders genau auf das Vorliegen einer Placenta accreta oder anderer Plazentaanomalien (Placenta praevia) achten. Wenn alles "in Ordnung" ist, besteht keine Notwendigkeit für einen Kaiserschnitt.