Kleider machen Leute – so heißt es schon seit Jahrhunderten. Doch dabei geht die tatsächliche Wirkung von Kleidung, die bestimmte Stile und Textilien nach außen tragen, weit über offensichtliche soziale Signale hinaus. Da Mode und Kleidung so ein wichtiger Teil unseres Lebens sind und eine große Rolle im sozialen Zusammenleben spielen, ist es durchaus wichtig, die tatsächlichen Auswirkungen auf uns Menschen wissenschaftlich zu untersuchen. Show
Mehrere Studien haben Zusammenhänge zwischen dem Tragen bestimmter Kleidung und tiefgreifenden psychologischen Effekten festgestellt – sowohl auf den Träger selbst, als auch auf das Gegenüber. Kleidung und ihr EffektUnser individuelles Erscheinungsbild ist im Alltag hauptsächlich durch die Kleidung bestimmt. Durch Frisur, Haarfarbe, Gesichtsbehaarung und Makeup lässt sich zwar ebenfalls das Aussehen spürbar steuern, doch einen Großteil des von außen Sichtbaren machen die Klamotten aus. Schon in der Erzählung des Dichters Gottfried Keller, aus der der Ausspruch „Kleider machen Leute“ stammt, wird die Effektivität von Kleidung als (zumindest scheinbar) entscheidender Faktor in der Außenwirkung von Menschen thematisiert. Zweifelsohne lassen sich mit dem entsprechenden Outfit eindeutige Reaktionen auslösen und andere Personen unbewusst beeinflussen. Doch wodurch entstehen diese Wirkungen, mit welchen psychologischen Aspekten hängen sie zusammen und was bedeutet das für die Rolle von Mode im Alltag? Wir wissen natürlich, dass Kleidung oder vielmehr das bewusste Auswählen bestimmter Kleidungsstücke eine große Rolle in unserem Leben spielt, doch meistens spielt sich das hauptsächlich unterbewusst ab. Anzeige
Warum all diese zwischenmenschlichen Faktoren überhaupt durch eine bestimmte Kleiderwahl beeinflusst werden können, ist hingegen eine Frage, auf die es nur selten eine klare Antwort gibt. Was sicher ist, ist dass wir mit bestimmten Textilien, Kleidungsstilen, Outfits oder Kleidungsstücken etwas verbinden. Hierzu gibt es natürlich sehr viele verschiedene Studien, Erkenntnisse und Theorien. Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen beziehungsweise ergibt sich aus einer Kombination aller dieser Faktoren. Bewusste oder unterbewusste, mit Kleidung verbundene Proto- und StereotypenEin Faktor, der die Bedeutung von bestimmten Kleidungsstücken oder Stilen sicherlich beeinflusst, ist unsere Tendenz, diese mit kulturellen Phänomenen zu verbinden. Das kann sich in verschiedenen Ausprägungen zeigen:
Dazu kommt noch ein weiterer gesellschaftlicher Faktor, nämlich die Konventionen. In jeder Lebenssituation gibt es eine bestimmte Erwartungshaltung an die angemessene oder passende Kleidung. Je nachdem wie genau eine Person diese trifft, nehmen wir diese anders wahr. Wie genau diese Erwartungshaltung ausfällt ist sehr individuell und von vielen Faktoren abhängig, unter anderem:
Ganz besondere Aufmerksamkeit kommt den Dress Codes in unserer Gesellschaft zu. Am weitesten verbreitet in der Arbeitswelt, aber auch in bestimmten sozialen Kreisen wie etwa der auf Partys der High Society herrscht häufig eine recht strikte Kleiderordnung. Wer gegen diese verstößt, fällt stark auf und zieht somit viel negative Aufmerksamkeit auf sich. Ein Geschäftstermin im T‑Shirt, das mit zotigen Sprüchen bedruckt ist, ist ein klarer Fauxpas. Kleider machen Eindruck auf LeuteWarum es so viele verschiedene Erwartungshaltungen und dadurch Regeln für die Bekleidung gibt, ist im Grunde einfach beantwortet – sie sind häufig das erste und offensichtlichste, was Menschen bei ihrem Gegenüber wahrnehmen. Dieser Eindruck löst dann eine bestimmte Reaktion aus. Ein Beispiel dafür ist schon die gemeinhin bekannte Farbtheorie. Farben sind unterschiedlich auffällig und werden mit bestimmten Charakterzügen oder Emotionen assoziiert. So steht Gelb häufig für ein positives, helles Gemüt, während Rot aggressiver aber auch erotischer wirken kann. Unabhängig davon kann Kleidung auch als Statussymbol fungieren. Sehr teure Kleidung, die auch als solche erkennbar ist, signalisiert den Zugang zu exklusiven Luxusgütern und einen guten Geschmack. Abgetragene, zerschlissene oder offensichtlich nicht mehr modische Kleidung wird hingegen mit entsprechend negativen sozialökonomischen Aspekten zusammengedacht. Ein besonderer Augenmerk sollte auch auf bestimmte Kleidung mit einer definitiven Funktion fallen: Sportkleidung lässt Menschen gesünder wirken, Uniformen haben eine offizielle Aura. Dadurch werden Menschen alleine aufgrund dieses optischen Faktors eher respektiert, da mit der Kleidung auch die Bedeutung des jeweils ausgefüllten Amtes mitschwingt – sei es ein Soldat oder ein Feuerwehrmann. So hat die Kleidung unserer Mitmenschen in jeder Alltagssituation bereits einen Effekt auf uns, dem wir uns nicht verschließen können. Doch womit hängt das alles zusammen und was davon ist wissenschaftlich belegt? Kleider machen LeuteBesonders im Arbeitsleben, wo bestimmte implizite oder explizite Dresscodes herrschen, kommt der Kleidung eine sehr wichtige Rolle zu, die in weiten Teilen auch mit psychologischen Effekten zusammenhängt. Ein Anzug, der gut sitzt ist sehr wichtig für viele Menschen im professionellen Umfeld. Gerade der richtige Schnitt und ein der Körperform des Trägers angepasster Sitz tragen entscheidend zur Außenwahrnehmung des Kleidungsstücks bei und können selbst einfache Modelle besonders hochwertig und elegant wirken lassen. Dies kann wiederum ein wichtiger Faktor für das Selbstbewusstsein des Trägers sein. In Vorbereitung für ein Business-Meeting, Verkaufs-, Kunden- oder Vorstellungsgespräche oder ähnlichen Situationen kann die Auswahl der Kleidung bewusste, aber auch unterbewusste Effekte haben. Das kann sowohl den Träger selbst betreffen, aber natürlich auch das Gegenüber. 1. Effekte auf den Träger der KleidungDie Förderung des Selbstbewusstseins, die durch ein als gut empfundenes Erscheinungsbild entstehen kann, ist völlig natürlich und jeder kennt das Gefühl. Doch an dieser Stelle hören die Effekte noch nicht auf, sondern gehen weit tiefer. So wurden in mehreren Studien bereits messbare Unterschiede in der Leistungsfähigkeit der Probanden festgestellt, die mit der eigenen Bekleidung in Zusammenhang gebracht werden können:
2. Wirkung von Kleidung auf dritte PersonenZusätzlich hat Kleidung einen Effekt auf die Gefühlswelt und die Stimmung von Menschen. Die Wirkung von Kleidung auf unsere Emotionen ist ebenso wichtig, wie die auf die messbare Leistungsfähigkeit. Auch dazu gibt es wichtige Studien, die viele eindeutige Ergebnisse liefern konnten. Bei all diesen ist zu beachten, dass die Methodik, wie bei psychologischen Studien üblich, die Probanden über die Hintergründe der Studie im Dunkeln lässt. Es handelt sich also stets um unbewusste Einschätzungen, die ergänzend zu anderen Eindrücken entstehen. Studie 1: Empfundene Leistungsfähigkeit von Bewerbern Basierend auf einer im Journal of Applied Social Psychologie veröffentlichten Studie von Sandra M. Forsythe ist gerade in solchen Drucksituationen die Wirkung der jeweiligen Kleidung auch bereits belegt worden. Dabei wurden Arbeitsgeber untersucht, wie sie Bewerber abhängig von ihrer Kleidung beim Vorstellungsgespräch einordnen. Bei dieser Studie stand insbesondere die Kleidung von Frauen im Mittelpunkt. Die Bewerberinnen waren junge Frauen, deren Outfits von sehr klassisch weiblich über androgyn bis her traditionell männlich reichten. Dann sollten die Gesprächspartner – ohne über die Hintergründe Bescheid zu wissen – bestimmen, wie sie die Management-Fähigkeiten der Bewerberinnen einschätzten. Das Ergebnis: Unabhängig von den Aussagen wurden sie entsprechend ihrer Kleidung mal als mehr, mal als weniger geeignet für eine Führungsposition angesehen. Je maskuliner die Bekleidung, desto höher wurden Fähigkeiten wie Durchsetzungsvermögen oder angemessene Aggressivität bewertet – und dadurch letztlich auch ihre Eignung für die Stelle. Kurz um also: Mit maskulinerer Kleidung stieg auch die Wahrscheinlichkeit, eingestellt zu werden. Dabei ist zu beachten, dass die vier verschiedenen Outfits sich nicht in Qualität, Aktualität oder Angepasstheit unterschieden, sondern lediglich in Farben und Schnittform. Außerdem ging es explizit um Führungsqualitäten, die für einen Management-Job benötigt würden. Dass der Kleidungsstil einen Einfluss auf die Bewertung dieser Aspekte hatte, zeigt jedoch, wie spezifisch die Wirkung auf andere Menschen ausfallen kann. Studie 2: Vertrauenswürdigkeit von Ärzten Eine weitere Studie, die sich mit dem klassischen Problem der „Götter in Weiß“ beschäftigte, wurde an der University of Michigan durchgeführt. Ärzte traten Patienten gegenüber entweder in einem Anzug, einem OP-Kasack, einem weißen Ärztekittel oder einer Freizeithose auf. Daraufhin wurden die Patienten befragt und mussten den Arzt bezüglich seiner Vertrauenswürdigkeit und dem Gefühl gegenüber der Behandlung bewerten. Bei normalen Gesprächen bevorzugten die Befragten eindeutig den professionellen Anzug oder den weißen Kittel, während sie bei akuten Behandlungen etwas mehr zu den praktischer wirkenden Kasacks tendierten. Es gab dabei jedoch einige kleinere Unterschiede in der Bevorzugung bei den Befragten, die auch zeigen, dass individuelle Vorlieben einen ebenso großen Einfluss auf den Effekt der jeweiligen Bekleidung haben können. (Quelle: C. M. Petrilli et al., 2014) Studie 3: Vermutete akademische Leistung von Schülern Dass derartige Verknüpfungen auch ein gesellschaftliches Problem sein können, zeigt sich spätestens, wenn in Studien zum Effekt von Kleidung Szenen außerhalb des Berufslebens beleuchtet werden. So führten Dorothy U. Behling und Elizabeth A. Williams im Jahr 1991 bereits eine Studie durch, bei der die Intelligenz und schulische Leistung von Highschool-Schülern bewertet wurde. Wieder wurden Bilder von Schülern in vier verschiedenen Outfit-Stilen vorgelegt – ein Straßen-Look, ein lockeres eher avantgardistisches Outfit, ein formeller Anzug und ein typischer Freizeitlook mit Jeans. Anhand dieser sollten Lehrer ihren Eindruck bezüglich der Intelligenz angeben. Das ernüchternde Ergebnis: Die Einschätzung beider Faktoren war deutlich von der Bekleidung der Jugendlichen abhängig. Lehrer schätzten die Leistungsfähigkeit der formell und kreativ gekleideten Schüler etwas höher ein, als deren in Freizeitkleidung – und deutlich höher als die im „Hood“-Look mit zerschlissenen Jeans und nicht geschnürten Schuhen. Zwar wurde die Studie – mit ähnlichen Ergebnissen – auch umgekehrt durchgeführt, indem Lehrer in den verschiedenen Outfits bewertet wurden. Doch die wirklich problematischen Implikationen betrifft die Studie auf der Schülerseite. Wenn Kinder bereits ohne etwas dafür zu können und ohne triftigen Grund von ihren Lehrern als weniger leistungsfähig mit einer weniger aussichtsreichen Zukunft eingeschätzt werden, hat das möglicherweise ernste Folgen für den Schulalltag im Klassenzimmer. Schon durch die unterbewusste Einordnung kann dies die Einstellung der Lehrer gegenüber ihren Schülern verändern, was diesen wiederum akademische Nachteile bringen kann. Damit hätte die Bekleidung in Schlüsselzeiten der Jugend potentiell langanhaltende Folgen für das gesamte Leben. Durchaus ein gutes Argument für Schuluniformen. Quelle zur Studie: Clothing and Textiles Research Journal, Volume 9 Issue 4, 1991. Sage Journals. Psychologische Strategien in der Welt der ModeDass eine Wirkung von Kleidung auf das Unterbewusste vorhanden ist, ist sicherlich keine besonders neue Erkenntnis. Im Modemarketing kommt Psychologie schon lange zum Einsatz. So gibt es beispielsweise am anerkannten London College of Fashion schon länger einen Kurs zur angewandten Psychologie in der Mode. Das menschliche Verhalten im Bezug auf Mode und die Anwendung dieser Erkenntnisse steht dabei im Mittelpunkt der Kurse. Dabei geht es jedoch nicht nur um die Kleidung, also das Produkt der Modeindustrie selbst, sondern auch um Lösungsansätze für industrieinterne Probleme. Die Begründerin dieses Studienganges, die Psychologin Dr. Carolyn Mair, hat im Jahre 2018 ein Buch zur Psychologie in der Mode veröffentlicht, in der sie all dies diskutiert. „The Psychology of Fashion“ macht deutlich, wie interessant der Zusammenhang der psychologischen Effekte von Kleidung und den Handlungsmöglichkeiten der Modeindustrie ist. Am Beispiel der steigenden Anerkennung von Menschen in edlen Anzügen lässt sich dies verdeutlichen: Der Effekt ist echt und empirisch messbar, doch das Konzept, durch das er ausgelöst wird – also ein Maßanzug an sich – ist im Grund ein soziales Produkt, das uns von der Industrie als schick und erstrebenswert dargestellt wird. Wie sehr also die verschiedenen Wirkungen von Kleidung auf uns letztendlich durch Kampagnen und Strategien der Industrie gesteuert werden, ist eine hochinteressante Frage. Daher argumentiert Dr. Mair, dass die Unternehmen dementsprechend nicht nur im Hinblick auf die Nachhaltigkeit ein gewisses Maß an sozialer Verantwortung gegenüber den Menschen tragen. Warum erfolgreiche Menschen immer das Gleiche tragen?Erfolgreiche Menschen: Das tragen Steve Jobs & CO.
Um das zu vermeiden, versuchen manche Menschen tatsächlich, die Entscheidungsfindung zu minimieren, sogar das Aussuchen neuer Kleidung zu minimieren und jeden Tag das Gleiche oder ähnlich gestylte Kleidung zu tragen.
Warum trägt Steve Jobs immer das Gleiche?Egal wo er auftauchte, hatte er immer die gleiche Kleidung an. Steve Jobs hatte ein Outfit gewählt, dass er jeden Tag tragen konnte, egal, wohin er ging. Damit musste er nicht mehr entscheiden, was er an einem Tag anziehen sollte. Er musste nicht einmal entscheiden, was er an Kleidung kaufen sollte.
Was sagt die Kleidung über einen Menschen aus?Tatsächlich ist die Kleidung eines der wichtigsten sozialen Signale, das wir aussenden, denn was wir tragen, zeigt unsere Identität. Es verrät unseren Mitmenschen viel über die Art unserer Beschäftigung, über unsere Ambitionen, Emotionen und Ausgabegewohnheiten.
Welche Modemarke trägt Mark Zuckerberg?Klaus Buchroithner hat Replikas vom berühmten Mark Zuckerberg T-Shirt entwickelt. Mark Zuckerbergs T-Shirts stammen im Original vom italienischen Fashion-Designer Brunello Cucinelli und kosten ca. 300 bis 400 Dollar pro Stück.
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