Wo ist der unterschied zwischen anfang und ursprung

Wir stehen am Anfang – am Anfang eines neuen Jahres. Wie jedes Jahr stellen wir uns dieselben Fragen: Was wird sie bringen, die Zukunft? Werden sich unsere Hoffnungen, Erwartungen oder Befürchtungen bestätigen? Der Beginn eines neuen Jahres ist immer ein Augenblick des Innehaltens und Fragens. Jeder Anfang bringt meist auch einen Neubeginn.

Startschwierigkeiten

Nur dieser kann manchmal nicht leicht sein. An der Redensart "Aller Anfang ist schwer" ist einiges dran. Wenn man zum Beispiel mit einer neuen Arbeit anfängt, bereitet dies oft Schwierigkeiten. Oder, wenn man noch in den Anfängen steckt, braucht man mehr Zeit, Geduld und Kraft als jemand, der kein Anfänger mehr ist. Ähnlich ergeht es einem so genannten blutigen Anfänger.

Was das in der Praxis bedeuten kann, wird schmerzlich deutlich, wenn zum Beispiel das Nachbarskind beschlossen hat, Violine zu lernen und jeden Nachmittag tapfer zu üben beginnt.

Feiner Unterschied

Wobei wir beim feinen Unterschied zwischen "Beginn" und "Anfang" und "beginnen" und "anfangen" wären. "Anfang" bedeutet so etwas wie der Ursprung von allem, ohne dass schon direkt eine Handlung erfolgt. Man könnte es gleichsetzen mit "Entstehung".

Religiöses Verständnis

In der Bibel findet man die Sätze "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde" und "Am Anfang war das Wort". "Anfang" ist also nach christlichem Verständnis der göttliche Ursprung von Welt und Mensch.

Auch bei dem deutschen Philosophen Immanuel Kant finden wir eine ähnliche Auffassung: "Der Anfang ist ein Dasein, vor welchem eine Zeit vorhergeht, darin das Ding, welches anfängt noch nicht war".

Handfestes

Weniger philosophisch und gar nicht religiös ist die Wortbedeutung von "anfangen". Aus dem mittelhochdeutschen Verb "anvāhen" wurde im Althochdeutschen "anafāhan", was so viel wie "anfassen", "anpacken" bedeutete.

So wird "anfangen" dann auch benutzt. Mechanische Arbeit, die angepackt wird, fängt man an (und beginnt sie nicht) – zum Beispiel, wenn man einen Brief schreiben will. Die hilflose Frage "Wie soll ich das anfangen" wird inzwischen in verschiedenen Situationen und bei verschiedenen Tätigkeiten verwendet. Ursprünglich war aber gemeint, mit welchen Handgriffen und Werkzeugen kann ich diese Arbeit verrichten.

Mehr Verbindungen

Trotz der sehr geringen Bedeutungsunterschiede werden "Anfang" und "anfangen" im Deutschen häufiger gebraucht als "Beginn" und "beginnen". Es gibt mehr Wortverbindungen mit "Anfang" als mit "Beginn".

Beispiele sind Anfangsbuchstabe, Anfangsgehalt, Anfangserfolg. Im Eishockey heißt das erste Drittel der Spielzeit Anfangsdrittel. Und: Zu dem Wort "Anfang" gibt es im Gegensatz zu dem Wort "Beginn" auch ein Adverb – nämlich "anfänglich".

Eine Gemeinsamkeit

Nun, der unterschiedliche Gebrauch beider Wörter ist häufig eine Frage des Sprachstils. Im Zweifel muss das Wörterbuch zu Rate gezogen werden. Gemeinsam ist beiden Wörtern aber eins: der Schluss, das Ende. Egal, ob man mit etwas angefangen oder damit begonnen hat, es endet oder wird beschlossen – wie auch immer. So, Schluss jetzt!

Fragen zum Text

Ein blutiger Anfänger ist jemand, der …

1. jedes Mal blutet, wenn er etwas tut.

2. noch nicht viel Erfahrung hat.

3. Angst hat, etwas zu tun.

Anfang ist …

1. der Ursprung von etwas.

2. der Beginn von etwas.

3. das Ende von etwas.

Immanuel Kant war ein …

1. Philosoph.

2. Dichter.

3. Maler.

Arbeitsauftrag

Schreiben Sie eine kleine Geschichte zu einem selbst gewählten Thema. Verwenden Sie darin möglichst viele Wörter und Redensarten, in denen "Anfang" und "Beginn" vorkommt.

Die Geschichte der Philosophie als methodisches Denken hat ihre Anfänge vor zweieinhalb Jahrtausenden, als mythisches Denken aber viel früher.

Doch Anfang ist etwas anderes als Ursprung. Der Anfang ist historisch und bringt für die
Nachfolgenden eine wachsende Menge von Voraussetzungen durch die nun schon geleistete
Denkarbeit. Ursprung aber ist jederzeit die Quelle, aus der der Antrieb zum Philosophieren kommt. Durch ihn erst wird die je gegenwärtige Philosophie wesentlich, die frühere Philosophie verstanden.

Dieses Ursprüngliche ist vielfach. Aus dem Staunen folgt die Frage und die Erkenntnis, aus dem Zweifel am Erkannten die kritische Prüfung und die klare Gewissheit, aus der Erschütterung des Menschen und dem Bewusstsein seiner Verlorenheit die Frage nach sich selbst.

Vergegenwärtigen wir uns zunächst diese drei Motive.

Erstens: Plato sagte, der Ursprung der Philosophie sei das Erstaunen. Unser Auge hat uns des Anblicks der Sterne, der Sonne und des Himmelsgewölbes teilhaftig werden lassen. Dieser Anblick hat uns den Trieb zur Untersuchung des Alls gegeben. Daraus ist uns die Philosophie erwachsen, das größte Gut, das dem sterblichen Geschlecht von den Göttern verliehen ward. Und Aristoteles: Denn die Verwunderung ist es, was die Menschen zum Philosophieren trieb: Sie
wunderten sich zuerst über das ihnen aufstoßende Befremdliche, gingen dann allmählich weiter und
fragten nach den Wandlungen des Monds, der Sonne, der Gestirne und der Entstehung des Alls. Sich wundern drängt zur Erkenntnis. Im Wundern werde ich mir des Nichtwissens bewusst. Ich suche das Wissen, aber um des Wissens selber willen, nicht zu irgendeinem gemeinen Bedarf. Das Philosophieren ist wie ein Erwachen aus der Gebundenheit an die Lebensnotdurft. Das Erwachen vollzieht sich im zweckfreien Blick auf die Dinge, den Himmel und die Welt, in den Fragen: was das alles und woher das alles sei - Fragen, deren Antwort keinem Nutzen dienen soll, sondern an sich Befriedigung gewährt.

Zweitens: Habe ich Befriedigung meines Staunens und Bewunderns in der Erkenntnis des Seienden gefunden, so meldet sich bald der Zweifel. Zwar häufen sich die Erkenntnisse, aber bei kritischer Prüfung ist nichts gewiss. Die Sinneswahrnehmungen sind durch unsere
Sinnesorgane bedingt und täuschend, jedenfalls nicht übereinstimmend mit dem, was außer mir unabhängig vom Wahrgenommenen an sich ist. Unsere Denkformen sind die unseres menschlichen Verstandes. Sie verwickeln sich in unlösbare Widersprüche. Überall stehen Behauptungen gegen Behauptungen. Philosophierend ergreife ich den Zweifel, versuche ihn radikal durchzuführen, nun aber entweder mit der Lust an der Verneinung durch den Zweifel, der nichts mehr gelten lässt, aber auch seinerseits keinen Schritt voran tun kann - oder mit der Frage: wo denn Gewissheit sei, die allem Zweifel sich entziehe und bei
Redlichkeit jeder Kritik standhalte.

Der berühmte Satz des Descartes: Ich denke, also bin ich war ihm unbezweifelbar gewiss, wenn er an allem anderen zweifelte. Denn selbst die vollkommene Täuschung in meinem Erkennen, die ich vielleicht nicht durchschaue, kann mich nicht auch darüber täuschen, dass ich doch bin, wenn ich in meinem Denken getäuscht werde. Der Zweifel wird als methodischer Zweifel die Quelle kritischer Prüfung jeder Erkenntnis. Daher: ohne radikalen Zweifel kein wahrhaftiges Philosophieren. Aber entscheidend ist, wie und wo durch den Zweifel selbst der Boden der Gewissheit gewonnen wird.

Und nun drittens: Hingegeben an die Erkenntnis der Gegenstände in der Welt, im Vollzug des Zweifels als des Weges zur Gewissheit bin ich bei den Sachen, denke ich nicht an mich, nicht an meine Zwecke, mein Glück, mein Heil. Vielmehr bin ich selbstvergessen befriedigt im Vollzug jener Erkenntnisse.